Stress in der Erbengemeinschaft - Mit wem man erbt, kann man sich nicht aussuchen

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Mit wem man erbt, kann man sich nicht aussuchen. Zuallererst muss man sich bewusst machen, dass eine Erbengemeinschaft immer eine Zufallsgemeinschaft ist. 

Wenn dann unter den Erben nicht nur die Emotionen aufeinandertreffen, sondern auch noch die finanziellen Interessen auseinandergehen, laufen Erbengemeinschaften häufig sehenden Auges auf eine anstrengende Auseinandersetzung zu, in der von den Beteiligten nicht selten die letzten Jahrzehnte emotional aufgearbeitet werden. 

Häufige Konstellation in Erbengemeinschaften ist z. B. die, dass die zweite Ehefrau bzw. der zweite Ehemann verstirbt und Kinder aus der ersten Ehe übrig bleiben. Wenn in einem solchen Fall zu Lebzeiten kein Testament durch den Erblasser erstellt wurde, bildet sich automatisch  eine Erbengemeinschaft aus dem überlebenden Ehegatten und den Kindern aus erster Ehe. Konflikte entstehen besonders oft dann, wenn einer der Erben weiß, dass ein anderer Erbe schon zu Lebzeiten des Erblassers etwas bekommen hat. 

Hier müssen wichtige Überlegungen angestellt werden, um solche Erbengemeinschaften mit ihren unterschiedlichen Interessen auseinanderzusetzen. Folgende Situationen müssen u. a.  berücksichtigt werden. 

  • Der überlebende Ehegatte möchte die Immobilie weiter nutzen. Wie wird das bei der Aufteilung des Erbes angerechnet?

  • Der überlebende Ehegatte hat eine Vollmacht und verfügte bereits über das Nachlasskonto. Hier stellt sich die Frage, war dies berechtigt oder unberechtigt und wie wird dies bei der Aufteilung des Erbes berücksichtigt?

  • Welches Kind hat zu Lebzeiten des Erblassers bereits Schenkungen bekommen?

  • Welches Kind hat den Erblasser zu Lebzeiten in welchem Umfang gepflegt, welches Kind hat z. B. nicht gepflegt? 

Aus Sicht des Gesetzgebers wird vorgegeben, dass die Erbengemeinschaft sich überhaupt erst dann auseinandersetzen und somit trennen kann, wenn all diese entsprechenden Fragen geklärt sind. Man spricht dann von der sogenannten Teilungsreife einer Erbengemeinschaft. Das bedeutet, dass alle den Nachlass betreffenden Fragen geklärt sein müssen, bevor schließlich darüber nachgedacht werden kann, welcher Erbe welchen Teil des Nachlasses bekommt. 

Hier kommen dann weitere Überlegungen ins Spiel, die vorab einer Klärung bedürfen wie z. B.:

  • Wie setzt sich der Nachlass zusammen?

  • Gibt es Konten mit Vermögen im Ausland?

  • Sind alle Schulden aus dem Nachlass bezahlt? 

Bei Schenkungen zu Lebzeiten gilt z. B. nicht die bekannte 10-Jahresfrist, vielmehr werden in diesen Fällen alle Vorempfänge der Miterben bis rückwirkend Ausbildungsende eingerechnet.
Wenn ein Kind also zu Lebzeiten des Erblassers schon Schenkungen von diesem erhalten hat, kann es sein, dass es nach dem Tod vom Erbe dementsprechend weniger erhält.

Bis es schließlich zur Teilungsreife kommt, können Monate oder Jahre vergehen. In der Zwischenzeit muss der Nachlass verwaltet werden. Zur Verwaltung des Nachlasses innerhalb von Erbengemeinschaften dienen dabei zwei Instrumente. Zum einen die sogenannten Verwaltungsmaßnahmen, sowie als Gegenstück dazu, Verfügungsmaßnahmen. Beide Arten von Maßnahmen unterscheiden sich grundlegend in der Weise, wie sie beschlossen werden können. Verwaltungsmaßnahmen z. B. lassen sich nach dem Mehrheitsprinzip innerhalb von Erbengemeinschaften durchsetzen. Verfügungen hingegen benötigen die Zustimmung aller Miterben.

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Sprungmarken im Video:

0:00 Einleitung 0:34 Streit in der Erbengemeinschaft 0:55 Wie entstehen Konflikte in Erbengemeinschaften? 1:17 Häufige Konstellation: Zweiter Ehepartner verstirbt. 1:42 Konfliktpunkt 1: Überlebender Ehegatte möchte Immobilie weiter nutzen 1:49 Konfliktpunkt 2: Überlebende Ehegatte verfügte über Konto 2:05 Konfliktpunkt 3: Es sind bereits zu Lebzeiten des Erblassers Schenkungen an Kinder erfolgt 2:16 Konfliktpunkt 4: Welches Kind hat den Verstorbenen zu Lebzeiten gepflegt? 2:29 Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften 3:13 Teilungsreife als Voraussetzung für Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften 3:45 Voraussetzungen für Auseinandersetzung 3:48 Prüfung: Was umfasst der Nachlass? 4:01 Prüfung: Gibt es Konten im Ausland? 4:04 Prüfung: Wer hat wie viel gepflegt? 4:14 Prüfung: Sind Schulden aus dem Nachlass beglichen? 4:26 Prüfung: Welche Schenkungen im Vorfeld an Kinder müssen berücksichtigt werden? 5:33 Dauer bis zur Teilungsreife 5:40 Wie bleibt der Nachlass handlungsfähig bis zur Erreichung der Teilungsreife? 5:45 Unterscheidung Verwaltungsmaßnahmen und Verfügungsmaßnahmen 5:59 Was sind Verwaltungsmaßnahmen in Erbengemeinschaften? 6:10 Tipp zu Beschlüssen in Erbengemeinschaften 6:32 Was sind Verfügungen in Erbengemeinschaften?

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