Türkei: Vertragsverbot in Fremdwährungen eingeführt – Fragen und Antworten

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13.09.2018. Nach jahrelanger wirtschaftlicher Stabilitätsperiode in der Türkei begann die türkische Lira vor allem seit dem Jahr 2017 schnell an Wert zu verlieren. Der Kursverfall gegenüber den Fremdwährungen bzw. die Abwertung von Geld wurde nach August 2018 weiter verschärft. Daraufhin traf die Regierung einige neue Regelungen, die das kommerzielle Leben in der Türkei stark beeinflussen würden.

Erstens wurde ein Präsidentschaftsbeschluss (bzw. ein Präsidialdekret) erlassen und veröffentlicht. Demnach sollten die Beträge aus den Exporten innerhalb von bis zu 6 Monaten in die Türkei eingebracht werden und ein Teil davon musste in türkische Lira umgewandelt werden.

Gleich anschließend an diesem Beschluss wurde ein weiterer Präsidentschaftsbeschluss Nr. 85 vom 13.09.2018 bestehend aus zwei Artikeln veröffentlicht und dadurch wurde der Abschluss der Mietverträge in Fremdwährung verboten, indem eine Ergänzung zu dem Beschluss Nr. 32 über den Schutz der türkischen Währung durchgeführt wurde.

Das am 13.09.2018 eingeführte umfassende Vertragsverbot in ausländischen Währungen wurde aus bestimmten Gründen in der Presse als “Verbot für die Mietverträge in Fremdwährung” präsentiert. Es wurde bagatellisiert. Das ist sehr falsch. In der Tat wurde für fast alle Verträge, die einen wichtigen Platz im Geschäftsleben einnehmen, ein Preisbestimmungsverbot in Devisen verhängt. Hierunter fallen Kaufverträge, Arbeitsverträge, Dienstleistungsverträge, alle Arten von Mobilien- und Immobilienleasingverträgen.

In diesem Review werden wir die aktuellen Fragen und Antworten zum Vertragsverbot in Fremdwährung erläutern. 

1. Für welchen Personenkreis wurde das Verbot zum Abschluss der Verträge in einer Fremdwährung eingeführt?

Dieses Verbot wurde mit Ausnahme der durch das Ministerium für Finanz und Fiskus (Maliye ve Hazine Bakanlığı) bestimmten Umstände nur für die Verträge eingeführt, welche die in der Türkei ansässigen Personen untereinander abschließen.

Dementsprechend wird in Fällen, in denen eine der Parteien nicht in der Türkei ansässig ist, auch weiterhin die Freiheit zum Abschluss von Verträgen in Devisen fortsetzen. Mit anderen Worten, es ist frei, die Preise bzw. Beträge in allen Arten von Verträgen mit den im Ausland ansässigen Personen und Unternehmen in Devisen zu bestimmen. Aus anderem Aspekt können alle ausländische Firmen Geschäfte mit türkischen Firmen in Fremdwährung bzw. in USD oder EUR weiterhin unverändert abschließen können.

Darüber hinaus wurde das Ministerium für Finanz und Staatskasse ermächtigt, auch für die Verträge, welche die in der Türkei ansässigen Personen und Unternehmen untereinander abschließen, einige Ausnahmen zu bestimmen. Dementsprechend wird es frei sein, die Preise bzw. Beträge in den Verträgen, die in naher Zukunft vom Ministerium festgelegt werden, weiterhin in Devisen zu bestimmen.

Im konkreten Fall müssen wir den Begriff „die in der Türkei ansässige Person” (bzw. das in der Türkei ansässige Unternehmen) erklären, um zu verstehen, wer oder welche Personen in den Umfang dieser Vorschrift einbezogen werden.

Nach dem Gesetz über den Schutz der türkischen Währung gelten die natürlichen und juristischen Personen mit dem Sitz in der Türkei (einschließlich der türkischen Bürger, die im Ausland als Arbeitnehmer, Selbständige oder unabhängige Unternehmer tätig werden) als die in der Türkei ansässige Person. Die natürlichen und juristischen Personen, die mit der Absicht, ansässig zu werden, in einem Kalenderjahr dauerhaft mehr als 6 Monate in der Türkei wohnen bzw. Sitz haben, die in der Türkei eine Filiale bzw. Zweigniederlassung eröffnet haben oder sich an ein Unternehmen beteiligt haben oder ein Unternehmen / eine Gesellschaft gegründet haben, wurden im Jahr 2007 aus der Definition “die in der Türkei ansässigen Personen” ausgeschlossen. 

2. Für welche Verträge wurde das Verbot zum Abschluss der Verträge in einer Fremdwährung eingeführt?

Mit der neuen Regelung wurde die Bestimmung der Preise bzw. der Beträge in Fremdwährung für folgende Verträge verboten.

  • Kauf- und Verkaufsverträge über bewegliche Sachen und Immobilien
  • Alle Arten von Verträgen zur Mietung und Vermietung von beweglichen Sachen und Immobilien
  • Finanzielle Vermietung- und Leasingverträge
  • Arbeitsverträge
  • Dienstleistungsverträge
  • Werkverträge

Es ist ausdrücklich genannt worden, genau in welchen Verträgen die Preise bzw. die Beträge in ausländischer Währung nicht festgelegt werden dürfen (Numerus clausus). Demnach können wir zu dem Schluss kommen, dass man in den Verträgen außer den hier aufgeführten Verträgen den Preis frei in ausländischen Währungen festlegen kann. Jedoch müssen wir auch das Verbot, das durch die vorherige Regelung vom 02.05.2018 eingeführt wurde, mitberücksichtigen, nach welcher Kreditverträge in ausländischer Währung für Personen ohne Deviseneinkünfte verboten wurde. Demnach sollten wir erwähnen, dass die Kredit- und Darlehensverträge in Fremdwährung bereits im Mai 2018 verboten wurde. Daher müssen wir auch die Kredit- und Darlehensverträge zu der oben genannten Liste hinzufügen. Unter diesen Umständen bleiben wohl nur sehr wenige Verträge wie Lizenzverträge usw. außerhalb des Umfangs des Verbots zum Abschluss der Verträge in ausländischer Währung.

Unter Berücksichtigung der oben erwähnten Verträge wird sich zeigen, dass die Preise bzw. Löhne im Geschäftsleben, insbesondere beim Kauf und Verkauf von Waren und Dienstleistungen aller Art nicht in Devisen bestimmt werden dürfen. Auch hier die Kosten und Preise für die finanzielle Mietung/Vermietung und für das Leasing von beweglichen Sachen und Immobilien aller Art sind in der türkischen Lira zu zahlen. In diesem Zusammenhang müssen die Mietpreise für Geschäfte, Wohnungen, Fahrzeuge, Bürogeräte usw. ab jetzt nur mit Türkischer Lira bezahlt werden. Die Gehälter von Führungskräften dürfen nicht mehr in Fremdwährung bestimmt werden, was bei vielen Tochtergesellschaften deutscher Firmen in der Türkei üblich war. Die Kosten und Gebühren in allen Arten von selbstständigen Arbeiten im Rahmen von Dienstverträgen, wie zum Beispiel in den Bereichen wie Architektur, Engineering, Buchhaltung/Finanzberatung, Beratung und Vermittlung müssen nunmehr nur durch die türkische Währung bestimmt werden.

Durch das Verbot, das für die Werkverträge eingeführt wurde, können alle Arten von Verträgen, die zur Fertigung eines Werks nötig sind, insbesondere Bauprojekte, Verträge für die Entwicklung einer Maschine, eines Fahrzeugs, eines Produkts, können nicht mehr in Devisen abgeschlossen werden.

Wie hier zu sehen ist, ist es sehr irreführend, dass das erwähnte Vertragsverbot, das eine sehr große Bandbreite des Lebens betrifft, nur “als Verbot zum Abschluss von Mietverträgen in ausländischen Währungen” bagatellisiert wird. Es dient nämlich nicht dazu, eine gesunde Wahrnehmungs- und Diskussionsatmosphäre zu schaffen. 

3. Wann tritt das Verbot zum Abschluss der Verträge in einer Fremdwährung in Kraft?

Der Präsidentschaftsbeschluss wurde am 13.09.2018 im Amtsblatt veröffentlicht und ist seitdem in Kraft getreten. Somit unterliegen alle neuen Verträge der oben genannten Art ab dem 13.09.2018 dem Verbot, im Vertrag den Preis in ausländischer Währung zu bestimmen. 

4. Wird das Verbot zum Abschluss der Verträge in einer Fremdwährung auch für die in der Vergangenheit geschlossenen Verträge gelten?

Der Präsidentschaftsbeschluss bzw. das Präsidialdekret hat auch eine ausdrückliche Bestimmung für die Verträge getroffen, die vor dem 13.09.2018 geschlossen worden sind. Alten Verträgen ist somit kein Bestandsrecht eingeräumt worden. 

5. Bis wann werden die Preise bzw. Beträge in den schon vorher geschlossenen Verträgen in türkische Währung umgerechnet?

Es ist doch eine Pflicht, dass die Preise in den alten Verträgen, die noch in Kraft sind, innerhalb von 30 Tagen in türkische Lira umgewandelt werden. Mit den zusätzlichen Vereinbarungen, die bis zum 12.10.2018 also bis zum letzten Tag zu treffen sind, sollten die Preise (Beträge) in den bestehenden Verträgen in türkische Währung umgerechnet werden. 

6. Zu welchem Wechselkurs sollten die Preise in den bestehenden alten Verträgen in türkische Währung umgerechnet werden?

Der Präsidentschaftsbeschluss hat keinen Wechselkurs ausdrücklich bestimmt, wonach die Umrechnung in die türkische Lira erfolgen sollte. Der umstrittenste Aspekt des Beschlusses ist die Verpflichtung, diese Beträge innerhalb von 30 Tagen in türkische Währung umzurechnen. Hier wurde jedoch kein bestimmter Wechselkurs und keine automatische Umrechnung festgelegt.

Diese Situation führt zu Meinungsunterschiede über die Höhe des Wechselkurses zwischen den Vertragsparteien, weil es nicht klar ist, nach welchem Wechselkurs die Umrechnung in türkische Lira erfolgen soll. In diesem Zusammenhang wird erwartet, dass eventuell bestimmte Kriterien durch die Regelung (Vorschrift) des Ministeriums auf dem Markt festgelegt werden.

In der gegenwärtigen Situation kann der Wechselkurs zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Vertrags, der Wechselkurs zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Präsidentschaftsbeschlusses, der Wechselkurs am Tag, an dem die Parteien eine Vereinbarung treffen, oder der Durchschnitt einer bestimmten Periode als eine Alternative für die Parteien gesehen werden. Da diese Sache den Parteien überlassen wurde, kann auch ein Wechselkurs außer diesen auf der Grundlage der gegenseitigen Zustimmung festgelegt werden, beispielsweise auf der Grundlage der Erwartungen für das kommende Jahr.

Wir sollten kurz darauf hinweisen, dass es für die vom Ministerium ausgenommenen Verträge keine Verpflichtung geben wird, die Preise in türkische Währung zu konvertieren.

Aus den vorläufigen Informationen, die das Ministerium (Ministerium für Finanz und Fiskus) am 17.09.2019 bekannt gemacht hat, wurde zudem der Eindruck erweckt, dass die Unternehmen, die für die Fortsetzung ihrer Geschäfte Fremdwährungsverbindlichkeiten und / oder Deviseneingänge haben, von dem neu eingeführten Verbot zum Abschluss der Verträge in Fremdwährung ausgenommen werden. Wenn dies geschieht, wird dieses Verbot für einen wesentlichen Teil des Marktes aufgehoben und die betreffenden Probleme für einen wichtigen Teil der Marktteilnehmer gelöst werden.

In der aktuellen Situation ist nicht klar, was passieren wird, wenn die Parteien sich darüber nicht einigen können, nach welchem Wechselkurs in türkische Währung umgerechnet wird. In diesem Fall kann der Rechtsstreit der Gegenstand eines Rechtsstreits vor den Gerichten sein. Es ist dann anzunehmen, dass die eine Vertragspartei berechtigt wird, den Vertrag aus dem gerechtfertigten Grund zu kündigen, wenn er die Umrechnung nach dem angeforderten Wechselkurs nicht akzeptieren würde. Dies kann jedoch dazu führen, dass manche Verträge in diesem Prozess gekündigt werden können. 

7. Kann man das Verbot zum Abschluss der Verträge in Fremdwährung durch Indexierung umgehen?

Das Präsidialdekret bzw. der Präsidentschaftsbeschluss untersagte ausdrücklich auch den Abschluss von in Devisen indexierten Verträgen neben den Devisen.  Aus diesem Grund besteht keine Möglichkeit, das Wechselkursrisiko zu eliminieren, indem ein Vertrag in der türkischen Lira aber in Devisen indexiert abgeschlossen wird. Es ist jedoch vorgesehen, dass eine Indexierung nur in Fremdwährungen nicht möglich ist. Unter diesem Gesichtspunkt sollte es möglich sein, beispielsweise in Gold oder in ähnliche Werte zu indexieren. Es ist jedoch derzeit nicht abzuschätzen, inwieweit dies in der Praxis akzeptiert werden könnte. 

8. Was kann gegen die künftigen Verluste aufgrund von Inflation und Währungsrisiken in den mit der Türkischen Lira abzuschließenden Verträgen getan werden?

Die Bestimmung des Preises bzw. des Betrages in türkischer Währung verursacht zu Unannehmlichkeiten für die Parteien aufgrund der hohen Inflation und des Wechselkursrisikos in langfristigen Verträgen. Um den Wert in den in türkischer Währung abgeschlossenen Verträgen gegen Inflation zu schützen, werden in der Praxis die jährlichen TEFE (Verbraucherpreisindex) und TÜFE (Herstellerpreisindex) -Sätze in der Regel zugrunde gelegt. Wir können erwarten, dass diese Methode auch für die Verträge angewendet wird, die in türkische Währung umzurechnen sind. Es wäre jedoch auch sinnvoll, dass die Parteien geeignete Bestimmungen in die Verträge aufnehmen, welche Preisaktualisierungen in kurzen Abständen ermöglichen. Obwohl die Verträge langfristig abgeschlossen werden, können die Preisaktualisierungen, die in kürzeren Abständen vorgenommen werden, einen Schutz für die Parteien gewähren, solange die Marktinstabilität anhält. 

9. Welche Fälle sollten durch die Regelung des Ministeriums ausgeschlossen werden?

Das Ministerium für Finanz- und Fiskus hat vor kurzem eine Presseerklärung darüber veröffentlicht. In dieser Erklärung wurde berichtet, dass diesbezügliche Ausnahmen unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der relevanten öffentlichen Einrichtungen und anderer Interessengruppen in der kürzesten Zeit definiert werden, ohne die wirtschaftliche Tätigkeit zu gefährden. In der gleichen Presseerklärung wurde betont, dass das eingeführte Verbot nur für die Verträge, welche unter den in der Türkei ansässigen Personen abgeschlossen werden. Es wurde auch mitgeteilt, dass einige vom Ministerium für angemessen erachtete Fälle in Bezug auf neue oder bestehende Verträge ausgenommen werden können. Es wurde erläutert, dass die Kosten oder Verbindlichkeiten in Fremdwährung bei der Festlegung des Umfangs der Ausnahmefälle von dem Ministerium besonders berücksichtigt werden.

Zum Beispiel wurde bereits jetzt erklärt, dass die Verträge davon ausgeschlossen werden, welche von den in der Türkei ansässigen Personen, die nach Artikel 17 und Artikel 17/A des Beschlusses Nr. 32 über den Schutz des Werts der türkischen Währung ohne jede Einschränkung Fremdwährung verwenden können und somit sich unter Verbindlichkeiten in Fremdwährung stellen können, abgeschlossen sind. Darüber hinaus können wir erwarten, dass eine ähnliche Reihe anderer Ausnahmen anerkannt wird. 

10. Müssen die verbleibenden Restzahlungen im Zusammenhang mit alten Verträgen und die erhaltenen Anzahlungen auch in türkische Währung umgerechnet werden?

Das Präsidialdekret enthält keine ausdrückliche Regelung in dieser Angelegenheit. Dass das Verbot zum Abschluss der Verträge in Fremdwährung ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens nicht nur für die zukünftigen Verträge, sondern auch für die in der Vergangenheit abgeschlossenen Verträge gilt, lässt aber logisch erwarten, dass die zu leistenden Zahlungen der Restbeträge und die in der Vergangenheit geleisteten Anzahlungen mit der Umrechnung der Vertragspreise auch in türkische Währung umgerechnet werden. Erst dann kann eine andere Anwendung möglich sein, wenn von dem Ministerium Ausnahmen in dieser Angelegenheit eingebracht werden. 

11. Welche Sanktionen sind im Falle eines Regelverstoßes zu befürchten?

Gemäß dem Artikel 3.1 des Gesetzes Nr. 1567 über den Schutz des Wertes der türkischen Währung “wird die Person, die gegen die Verpflichtungen aus dem allgemeinen und dem regulatorischen Verfahren, welches der Präsident nach den Bestimmungen des erwähnten Gesetzes geregelt hat, verstößt, wird mit einer Geldstrafe als Ordnungsstrafe von 3.000 Türkische Lira bis 25.000 Türkische Lira bestraft.” (1 EUR = 7.38 TRY am 19.09.2018)

Der Staatsanwalt ist berechtigt, über die Ordnungsstrafe zu entscheiden. Dementsprechend kann, abhängig von der Schwere jedes Verstoßes, eine Ordnungsstrafe verhängt werden. Die Personen, die im Falle einer konkreten Straftat einer Bestrafung ausgesetzt sind, können jedoch beim Verwaltungsgericht dagegen klagen. In Fällen, in denen die Unregelmäßigkeit eindeutig feststeht, kann das gerichtliche Verfahren jedoch nur einen Vorteil im Hinblick auf die Höhe der Verwaltungsstrafe bieten. Es ist möglicherweise nicht möglich, die Strafe vollständig rückgängig zu machen.

Dr. Fatih Dogan

LL.M-Freiburg

Partner | Rechtsanwalt

Stand: 19.09.2018



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