Überwachung am Arbeitsplatz, weil ich krank war!

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Die Überwachung von Arbeitnehmern am Arbeitsplatz ist eine heikle Angelegenheit. Sie ist zudem nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.

Sie haben Ihrem Arbeitgeber keinen Anlass gegeben, Sie zu überwachen? Sie haben also weder gestohlen oder „krankgefeiert“? Überwachungsmaßnahmen am oder außerhalb des Arbeitsplatzes, wie zum Beispiel der Einsatz eines Detektivs, sind für Ihren Chef genauso heikel, wie z. B. das Anbringen einer Überwachungskamera. Solche Maßnahmen greifen massiv in Ihr Persönlichkeitsrecht ein und verletzen Sie darin schwer. Dann könnte Ihr Arbeitgeber Ihnen eine Entschädigung (Schmerzensgeld) schulden. 

Wann hat mein Arbeitgeber ggf. triftige Anhaltspunkte dafür, dass ich „krankfeiere“?

Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) gibt dazu näher Auskunft: 

Sachverhalt:

Ein Arbeitgeber wurde misstrauisch, weil über einen Zeitraum von zwei Monaten von zwei Ärzten zu zwei Krankheitsbildern ein Arbeitnehmer 6 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorlegte. Er ließ die krankgeschriebene Mitarbeiterin an vier Tagen von einem Detektiv beschatteninklusive Videoaufnahmen.

Die ausspionierte Mitarbeiterin klagte. Sie wollte 10.500 Euro Schmerzensgeld, Sie habe „erhebliche psychische Beeinträchtigungen erlitten, welche eine ärztliche Behandlung bedürfen“.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied (BAG Urteil – Az.: 8 AZR 1007/13): In diesem speziellen Fall war die Beschattung der krankgeschriebenen Beschäftigten nicht rechtens. Der Verdacht müsse auf konkreten Tatsachen beruhen. In dem vorliegenden Fall gab es keine Anhaltspunkte für den Arbeitgeber, dass die Krankmeldungen der Mitarbeiterin falsch waren. Die Mitarbeiterin bekam eine Entschädigung in Höhe von 1000 €. (Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG)

Was machen Arbeitgeber des Öfteren bei dem Verdacht des Krankfeierns?

Es kommt nicht selten vor, dass Arbeitgeber dann Detektive einsetzen. Andere Überwachungsmaßnahmen würden nämlich ggf. keine Ergebnisse erzielen. Die Kosten für den Detektiv kann der Arbeitgeber sich von seinem Angestellten wiederholen (Schadensersatz).

Die Frage stellt sich immer wieder für Arbeitnehmer hinsichtlich des Themas „krankfeiern“: Was darf ich, wenn ich krankgeschrieben bin? Und vor allem: Was darf ich nicht? Die Antwort ist beunruhigend: Man darf vieles – aber eben nicht alles. 

Was ist z. B. während einer Krankschreibung so gut wie immer erlaubt?

Versorgungsgänge (einkaufen, Post etc.) und Arztbesuche können ohne Einschränkung erledigt werden.

Welche Aktivitäten führen oft zu Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber und sind oft wirklich problematisch?

  • Kinobesuch
  • Musicalbesuch
  • Konzertbesuch
  • Restaurantbesuch
  • Jahrmarkt / Kirmes
  • Urlaub
  • Autofahren
  • Sport treiben
  • Schwimmbad aufsuchen
  • Spazieren gehen

Diese Aktivitäten können unter gewissen Umständen während einer Krankschreibung in Ordnung sein und kein „krankfeiern“ begründen. Jedoch ist immer eine Einzelfallprüfung erforderlich, da die Krankheit bei der Beurteilung eine entscheidende Rolle spielt.

Ständige Überwachung der Mitarbeiter ist jedoch verboten!

Eine ständige Überwachung durch den Arbeitgeber ist grundsätzlich untersagt. Denn diese Art der Überwachung verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers unangemessen. Will ein Arbeitgeber dennoch eine derartige Überwachung durchführen, dann ist das nur in engen Grenzen möglich. Außerdem benötigt er in der Regel die Zustimmung des Betriebsrats, wenn dieser vorhanden ist. Was erlaubt ist, hängt nicht zuletzt davon ab, ob ein Mensch oder eine Kamera Arbeitnehmer überwacht und wo das geschieht.

Die Rechtsprechung setzt der Überwachung von Arbeitnehmern hohe Hürden. Die Richter des BAG (BAG – Urteil, Az.: 8 AZR 1007/13) entschieden, dass nur bei einem auf Tatsachen beruhenden, konkreten Verdacht einer schweren Pflichtverletzung z. B. Detektive eingesetzt werden dürfen. „Derartige Pflichtverletzungen können etwa das Vortäuschen einer Krankheit oder Diebstähle sein.“ Dabei ist es jedoch unerheblich, ob der betreffende Mitarbeiter wirklich „krankfeiert“ oder etwas gestohlen hat. Der konkrete Verdacht, der auf Tatsachen beruht, genügt!

Fazit

Das Bundesarbeitsgericht hat der Überwachung von Mitarbeitern durch Detektive oder Überwachungskameras enge Grenzen gesetzt. Nur bei einem konkreten, auf Tatsachen beruhenden Verdacht einer schweren Pflichtverletzung dürften Arbeitgeber Ermittler auf ihre Beschäftigten ansetzen. Schwere Pflichtverletzungen liegen etwa dann vor, wenn ein Mitarbeiter eine Krankheit vortäuscht oder einen Diebstahl im Betrieb begeht. Ist die Überwachung unzulässig, hat der Mitarbeiter einen Anspruch auf Schmerzensgeld (vgl. BAG – Urteil, Aktenzeichen 8 AZR 1007/13).

Rechtsanwältin Christin Böse


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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