Umsatzsteuerliche Steuerfallen bei der Übertragung eines Geschäftsbetriebs im Ganzen: Doch keine Umsatzsteuerbefreiung?!

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1. Einführung

Der Verkauf eines Unternehmens ist ein komplexer Vorgang, der sowohl rechtliche als auch steuerliche Aspekte berührt. Insbesondere im Bereich der Umsatzsteuer können sich bei der Übertragung eines Geschäftsbetriebs im Ganzen zahlreiche Fallstricke ergeben. Diese können sowohl für den Verkäufer als auch für den Käufer erhebliche finanzielle Konsequenzen haben. 

Daher ist es von entscheidender Bedeutung, sich im Vorfeld über die umsatzsteuerlichen Regelungen und möglichen Steuerfallen zu informieren. Insbesondere Konstellationen, in welchen eine vermeintliche Umsatzsteuerfreiheit nach § 1 Abs. 1a UStG (doch) nicht gegeben ist.

Doch zunächst Schritt für Schritt:


2. Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung einer Unternehmensübertragung im Ganzen

Nach § 1 Abs. 1a UStG sind die Umsätze aus einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht umsatzsteuerbar. 

Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen liegt vor, sofern ein Unternehmen oder ein gesonderter Betrieb im Ganzen übereignet wird oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. 

Es ist nicht erforderlich, dass der Erwerber das Unternehmen in unveränderter Form fortführt, sondern es liegt auch dann eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung vor, wenn der Unternehmer das Unternehmen in veränderter Form fortführt.


3. Konstellationen, bei denen keine (angenommene) Betriebsveräußerung im ganzen vorliegt

Es gibt verschiedene Konstellationen, in denen keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt. 

Eine davon ist, wenn der Erwerber die übernommene Geschäftstätigkeit sofort abwickelt (vgl. EuGH-Urteil vom 27.11.2003, C-497/01, Zita Modes). 

Ebenso wenn bereits ein eingestellter Geschäftsbetrieb im Ganzen übertragen wird.

Eine weitere Konstellation ist, wenn die Übertragung eines Einzelunternehmens auf eine Person erfolgt, die kein Unternehmer ist und das Unternehmen auch selbst nicht fortführen will, sondern es in eine GmbH einbringen will. In diesem Fall liegt ebenfalls keine Geschäftsveräußerung im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG vor, da nicht der Erwerber, sondern die GmbH das Unternehmen fortführt.

Werden einzelne (wesentliche) Gegenstände des Unternehmens nicht mitübertragen, kann eine Geschäftsveräußerung im Ganzen - und somit eine Umsatzsteuerbefreiung - ebenfalls ausscheiden.

Es gibt noch diverse weitere Konstellationen, welche die vermeintliche Umsatzsteuerbefreiung (unerkannt) aufheben können.


4. Rechtsfolgen bei nicht erkannter ausgelöster Umsatzsteuer und irrtümlich angenommener Umsatzsteuer-befreiung

Wenn eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt, aber der leistende Unternehmer für diesen Vorgang die Umsatzsteuer im Kaufvertrag oder in einer Rechnung gesondert ausgewiesen hat, so schuldet er diese Steuer nach § 14c Abs. 1 UStG (unrichtiger Steuerausweis). Dies gilt auch dann, wenn die materiellen Voraussetzungen für eine Umsatzbesteuerung nach § 1 Abs. 1a UStG vorliegen.

Wenn die Umsatzsteuerbefreiung nach § 1 Abs. 1a UStG irrtümlich in Anspruch genommen wird, obwohl die Voraussetzungen nicht vorliegen, kann dies erhebliche ungewollte Rechtsfolgen nach sich ziehen. Dazu gehören u. a.:

  • Nachforderungen von Umsatzsteuer durch das Finanzamt.
  • Säumniszuschläge und mögliche Strafzinsen.
  • strafrechtliche Konsequenzen bei vorsätzlicher Steuerverkürzung.

Es ist daher von großer Bedeutung, den Sachverhalt genau zu prüfen und sich gegebenenfalls steuerrechtlichen Rat einzuholen.


5. Fazit

Die umsatzsteuerlichen Aspekte bei der Übertragung eines Geschäftsbetriebs im Ganzen sind komplex und erfordern eine sorgfältige Prüfung und Planung. Es ist wichtig, die spezifischen Anforderungen und Ausnahmen des § 1 Abs. 1a UStG zu verstehen und zu berücksichtigen, um unerwartete Steuerbelastungen zu vermeiden. Ebenso müssen Ausnahmekonstellationen bekannt sein und erkannt werden.

Bei Unsicherheiten sollte immer - zur Vermeidung wirtschaftlicher und rechtlicher Nachteile - professioneller steuerlicher Rat durch einen Fachanwalt für Steuerrecht oder einen Steuerberater eingeholt werden.




Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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Foto(s): Dr. Holger Traub

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