Unentschuldigte Fehltage in der Probezeit: Kündigungsgrund?

  • 3 Minuten Lesezeit

Fehlen Arbeitnehmer*innen bereits in der Probezeit unentschuldigt, kann der Arbeitgeber dann sofort außerordentlich kündigen? Was gilt bei einem einzelnen unentschuldigten Fehltag? Darf der Arbeitgeber sofort außerordentlich kündigen oder nur bei wiederholten Vorfällen? Gibt es in der Probezeit eine Kündigungsfrist? Und muss der Arbeitgeber in einer solchen Situation erst abmahnen, bevor er eine Kündigung aussprechen kann?

Mit diesen Fragen setzt sich das Landesarbeitsgericht (LAG) Kiel in seinem Urteil vom 03.06.2020, Az.: 1 Sa 72/20 auseinander und zeigt auf, welche Voraussetzungen bei einer Kündigung wegen unentschuldigten Fehltagen vorliegen müssen und welche Kündigungsfristen während der Probezeit gelten.

LAG Fall: Fehltag in Probezeit

Im Fall vor dem LAG Kiel ging es um die Kündigung einer Arbeitnehmerin in der Probezeit. Sie war als Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte in einer Kanzlei angestellt. Im Arbeitsvertrag war eine sechsmonatige Probezeit mit (verkürzter) einwöchiger Kündigungsfrist vereinbart.

Bereits am 5. Arbeitstag kündigte der Arbeitgeber seiner neuen Arbeitnehmerin mit einwöchiger Kündigungsfrist. Diese fehlte daraufhin für drei Tage. Für zwei dieser Tage reichte sie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach, ein Tag blieb ein unentschuldigter Fehltag. Dieses Verhalten nahm der Arbeitgeber als Anlass für eine zweite Kündigung, diesmal fristlos.

Dagegen klagte die Arbeitnehmerin. Sie trug vor, dass die fristlose Kündigung unwirksam sei. Ein einziger unentschuldigter Fehltag reiche nicht aus, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Der Arbeitgeber hätte sie vorher abmahnen müssen. Das Arbeitsverhältnis sei ihrer Ansicht nach allein aufgrund der ersten Kündigung beendet — allerdings zu einem späteren Zeitpunkt. Die Verkürzung der Kündigungsfrist in der Probezeit im Arbeitsvertrag sei ungültig.

Keine Abmahnung ausgesprochen

Das LAG Kiel gab der Arbeitnehmerin Recht: Die fristlose Kündigung sei unwirksam und die arbeitsvertragliche Verkürzung der Kündigungsfrist in der Probezeit unzulässig.

Die fristlose Kündigung war nach Ansicht des LAG unverhältnismäßig. Vor einer Kündigung muss der Arbeitgeber alle sog. milderen Mittel ausschöpfen, um den Arbeitnehmer von weiterem Fehlverhalten abzuhalten. Dazu gehört die insbesondere die Abmahnung.

Ein unentschuldigter Fehltag in dieser konkreten Situation sei keine so schwerwiegende Pflichtverletzung, dass eine Abmahnung entbehrlich gewesen wäre. Das wäre beispielsweise bei einer beharrlichen Arbeitsverweigerung der Fall. Bei nur einem einzigen unentschuldigten Fehltag wäre anzunehmen, dass die Arbeitnehmerin bei Abmahnung unter Androhung einer Kündigung nicht weiterhin unentschuldigt gefehlt hätte. Eine Abmahnung wäre hier vor einer Kündigung notwendig gewesen – da keine Abmahnung ausgesprochen worden war, war die fristlose Kündigung wegen des einen unentschuldigten Fehltags in der Probezeit unwirksam.

Ordentliche Kündigung mit zweiwöchiger Frist wirksam

Im Übrigen gingen die Richter davon aus, dass der Arbeitsvertrag durch die erste Kündigung beendet worden war, allerdings mit einer Frist von zwei Wochen, nicht mit einer Frist von einer Woche.

Denn die arbeitsvertragliche Vereinbarung, nach der das Arbeitsverhältnis in der Probezeit mit einer Kündigungsfrist von einer Woche kündbar sein soll, ist unwirksam. Eine solche Vereinbarung verstößt gegen § 622 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der bei einer vereinbarten sechsmonatigen Probezeit eine Kündigungsfrist von zwei Wochen vorsieht. Nach § 622 Abs. 4 S. 1 BGB ist eine Verkürzung dieser Kündigungsfrist nur durch Tarifvertrag möglich. Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber können einzelvertraglich keine kürzere Kündigungsfrist in der Probezeit vereinbaren.

Fazit: Einzelner Fehltag berechtigt nicht zur fristlosen Kündigung

Die Entscheidung des LAG zeigt, dass eine fristlose Kündigung nur wirksam ist, wenn sie verhältnismäßig ist — auch in der Probezeit. Fehlt man als Arbeitnehmer*in an nur einem einzigen Arbeitstag, rechtfertigt das regelmäßig keine fristlose Kündigung, aber durchaus eine Abmahnung, die dann regelmäßig mit der Androhung einer Kündigung im Wiederholungsfall verbunden ist.

Und: Eine Verkürzung der Kündigungsfrist für eine ordentliche Kündigung während der Probezeit auf weniger als zwei Wochen ist im Arbeitsvertrag nicht möglich! 

Sie haben eine fristlose Kündigung wegen unentschuldigtem Fehlen am Arbeitsplatz bekommen? Ich prüfe gerne, ob diese Kündigung wirksam ist und vertrete Sie bei Bedarf vor dem Arbeitsgericht! Sprechen Sie mich gerne an, telefonisch in Augsburg unter 0821 / 50 85 26 60 oder über das anwalt.de-Kontaktformular.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Fachanwalt für Arbeitsrecht Markus Schleifer

Beiträge zum Thema