Verkehrsunfall – Was tun?

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Sehr viele Menschen denken immer noch, bei einem Verkehrsunfall die Regulierung den Versicherungen überlassen zu können. Diese Annahme spart den Versicherungen jedes Jahr Millionen Euro ein, die an sich den Geschädigten zustehen. Die Kontrollüberlegung ist einfach: Wenn Sie Ihr Auto verkaufen, sagen Sie dann dem Verkäufer, dass er den Kaufpreis freihändig bestimmen darf? Genau dies geschieht aber, wenn Sie alles den Versicherungen überlassen. Denn auch bei Gutachtern sollte man an einen alten Spruch denken: „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.“

Bei einem Verkehrsunfall sollten Sie deshalb auf jeden Fall und als erstes einen Rechtsanwalt konsultieren, der sich mit Unfallsachen auskennt. Die Kosten muss praktisch immer die Gegenseite tragen.

Dabei geht es nicht nur um die Bestimmung der Schadenhöhe. Und es geht auch nicht darum, sich bei einem Schaden zu „bereichern“, eine Annahme, die ohnehin abwegig ist. Wenn Ihr Fahrzeug einen Schaden erleidet, müssen Sie ihn (in der Regel) bei einem Weiterverkauf angeben, wodurch Sie in aller Regel weniger bekommen. Die „Wertminderung“, die Sie nach einem Unfall von der Versicherung erhalten, gleicht diesen Betrag nicht aus. Dabei gibt es auch noch Versicherungen, die so tun, als ob Sie die Wertminderung nur erhalten, wenn Sie eine Reparaturrechnung vorlegen, eine bewusste Täuschung. Es gibt zahllose Beispiele dafür, dass Versicherungen nicht einmal das zahlen, wozu sie nach der Rechtsprechung verpflichtet sind.

Es geht aber auch um die Haftungsquoten. Die Annahme, die Polizei könne das Verschulden oder gar die Haftungsverteilung bestimmen, ist grundfalsch. Die Polizei liegt mit ihren Bewertungen häufig falsch. Jeder Rechtsanwalt, der sich regelmäßig mit Unfallsachen befasst, wird Ihnen bestätigen, dass es immer wieder vorkommt, dass die Bewertungen der Polizei für die Regulierung unbrauchbar sind. Ein Beispiel aus meiner Praxis: Eine junge Frau fährt auf eine Einmündung von links zu, an der der Grundsatz „rechts vor links“ gilt. Sie fährt auf der linken Fahrbahnseite, weil rechts Fahrzeuge geparkt sind. Von links kommt ein Fahrschullehrer, der ihre Vorfahrt missachtet, sodass es zum Unfall kommt. Der Fahrschullehrer erklärt der Polizei, er habe gestanden und sei gerammt worden, er sei nicht schuld. Die Polizei fragt die junge Frau, ob dies stimmt, und sie sagt wahrheitsgemäß, sie könne nicht sagen, ob er gestanden habe, als es „gekracht“ habe, er habe ihr aber die Vorfahrt genommen. Die Polizei redet auf die junge Frau ein und gibt ihr eine Verwarnung. Der Vater kontaktierte mich am nächsten Tag. Gott sei Dank hatte er an der Unfallstelle Fotos gemacht. Die Versicherung der Gegenseite hat natürlich alle Ansprüche abgelehnt, sodass wir klagen mussten. Nun, die Gegenseite hat den Prozess „mit Pauken und Trompeten“ verloren und wir konnten sogar beweisen, dass der Fahrlehrer gelogen hat, weil er im Kollisionszeitpunkt noch gefahren ist. Aber: Selbst, wenn wir das nicht bewiesen hätten, hätten wir gewonnen, denn die Frage, ob der Gegner im Kollisionszeitpunkt steht, ist unwichtig. Der Wartepflichtige muss ein Verschulden des Berechtigten beweisen und nicht umgekehrt. Die Polizei hat sich hier vom Geschwätz eines Fahrschullehrers einwickeln lassen und solche Dinge geschehen regelmäßig. Die Polizei kennt die zivilrechtlichen Beweisregeln nicht!

Wichtig ist es insbesondere auch bei Straf- oder Bußgeldverfahren, sich frühzeitig vertreten zu lassen. Je später Sie zum Anwalt gehen, desto teurer wird es in der Regel. Je früher der Rechtsanwalt tätig ist, desto eher kann er versuchen, aus besonderen Gründen eine Strafe oder einen Bußgeldbescheid zu vermeiden, selbst wenn Sie den Unfall verschuldet haben.

Und selbst wenn Sie sich unsicher sind: Fragen Sie einen Verkehrsrechtler. Die Kosten einer Beratung – die Sie mit ihm vereinbaren können – liegen fast immer bei einem Bruchteil des Risikos, das Sie eingehen, wenn Sie sich alleine zu helfen versuchen. Übrigens rate ich nicht zu „kostenlosen Beratungen“. Wer Sie kostenlos berät, bekommt nur dann Geld, wenn er Ihnen rät, weiter zu machen. Das kann Zweifel an der Objektivität der Beratung wecken oder nicht?



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