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Verteidigung bei Unfallflucht

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Gegen den Vorwurf, eine Unfallflucht (korrekt: unerlaubtes Entfernen vom Unfallort) begangen zu haben, gibt es zahlreiche Möglichkeiten, die im Folgenden kurz dargestellt werden soll. Es handelt sich dabei um Einwände, die mehr oder weniger zwingend sind, aber jeder für sich geeignet ist, eine Bestrafung zu vermeiden oder zu mildern:

  • Ich bin gar nicht gefahren. Bei der sehr häufigen Unfalflucht nach Parkremplern ist der Fahrer oft gar nicht identifizierbar, sei es weil gar nicht gesehen wurde, wer hinter dem Steuer saß, sei es weil sich ein Zeuge später nicht erinnert oder nicht gut genug sehen konnte. Eine selbstbelastende Aussage des Beschuldigte oder seiner Angehörigen kann unverwertbar sein, wenn die Polizei zuvor nicht über das Aussage- bzw. Zeugnisverweigerungsrecht aufgeklärt hat.
  • Es hat gar kein Unfall stattgefunden. Ein Unfall setzt nämlich voraus, dass ein Schaden entstanden ist. Ein Anstoß oder eine konkrete Gefährdung reicht also noch nicht aus. Kann ein möglicher Neuschaden also nicht von einem unreparierten Vorschaden abgegrenzt werden, so ist ein Schaden und somit ein Unfallgeschehen nicht erwiesen.
  • Es hat zwar einen Unfall gegeben, das habe ich aber nicht bemerkt. Diesem Einwand begegnen die Staatsanwaltschaft oder das Gericht regelmäßig mit einem (teuren) Wahrnehmbarkeitsgutachten. Dieses ergibt sehr oft, dass über das so genannte vestibuläre System im Ohr die negative Beschleunigung (=Bremsverzögerung) bei einem Schaden dieses Ausmaßes zu bemerken war. Der Einwand ist aber erfolgversprechend, bei sehr schwachen Streifkontakten oder wenn der Beschuldigte mit einem Laster unterwegs war. Mit dem Einwand einen Schaden am anderen Auto nach dem Aussteigen einfach nicht gesehen zu haben, kommt man nach meinen Erfahrungen in der Praxis nicht durch, hängt aber von der Erkennbarkeit des Schadens ab.
  • Ich habe mich doch gar nicht entfernt, sondern wollte nur korrekt parken. Hier ist Vorsicht geboten, weil ein Entfernen im Sinne der Unfallflucht schon dann vorliegt, wenn das eigene Fahrzeug und man selbst dem Unfallgeschehen nicht mehr ohne weiteres zugeordnet werden können. Wer aber zum Unfallort zurückkehrt und sich als Beteiligter zu erkennen gibt, kann jedoch damit rechnen, mit etwas Glück unbestraft zu bleiben.
  • Ich habe den Unfall zwar bemerkt, bin aber davon ausgegangen, dass der Geschädigte damit einverstanden war, als ich mich entfernte. Ein wirksamer Verzicht auf Personalien, Versicherungsdaten etc. lassen eine Unfallflucht entfallen. Allerdings reicht es hierfür nicht, wenn der Geschädigte es verdutzt duldet, wenn der Verursacher wegfährt. Es bedarf vielmehr einer eindeutigen Erklärung des Geschädigten. Diese kann z.B. ein Minderjähriger mangels Geschäftsfähigkeit nicht abgeben.
  • Ich habe mich zwar entfernt, aber erst nach dem ich lange genug an der Unfallstelle gewartet habe. Je nach Lage der Dinge wird das nicht zu widerlegen sein, so dass diese Entfernung noch keine Unfallflucht darstellt. Die Wartezeit entfällt übrigens nicht dadurch, da man einen Zettel am beschädigten Fahrzeug hinterlässt. Strafbar macht sich aber auch, wer die Feststellung seiner Beteiligung nicht unverzüglich nachholt, § 142 II StGB, das heißt z.B. von zu Hause aus umgehend die Polizei verständigt.
  • Ich habe mich zwar nach dem unerlaubten Entfernen vom Unfallort auch nicht umgehend später bei der Polizei gemeldet, wenn es sich um einen Parkrempler mit nur unerheblichem Schaden handelt. Dann bleibe ich straffrei oder werde nur milder bestraft, wenn ich die Meldung binnen 24 Stunden nach dem Unfall nachhole, § 142 IV StGB.
  • Der Schaden liegt unterhalb der Erheblichkeitsgrenze von ca. 1300 €. Dann tritt an die Stelle der Entziehung der Fahrerlaubnis ein bis zu 3-monatiges Fahrverbot. Es kann sich also lohnen, die Schadenskalkulation des Geschädigten zu überprüfen, insbesondere im Hinblick auf einen wirtschaftlichen Totalschaden und Vorschäden.

Aus diesem kurzen Überblick ist schon zu erkennen, dass sich durch das Berufen auf bestimmte Umstände durchaus eine Bestrafung wegen Unfallflucht mit all seinen Folgen (Geldstrafe, Punkte, Führerscheinentziehung, Verlust des Versicherungsschutzes) vermeiden lässt. Welche Einlassung jedoch im konkreten Fall sinnvoll ist, kann immer nur nach erfolgter Akteneinsicht beurteilt werden.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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