Vorfälligkeitsentschädigung/Vorfälligkeitsentgeld

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Bei vorzeitig beendeten, grundpfandrechtlich besicherten Darlehensverhältnissen während der Festzinsperiode wird seitens des Kreditinstitutes regelmäßig auch eine sog. Vorfälligkeitsentschädigung/ein sog. Vorfälligkeitsentgelt geltend gemacht, dessen Betrag mitunter wirtschaftlich erheblich ins Gewicht fällt.

Nicht selten werden die Begriffe Vorfälligkeitsentschädigung und Vorfälligkeitsentgelt synonym verwandt, was unzutreffend ist.

Ein Vorfälligkeitsentgelt ist dann gegeben, wenn weder seitens des Kreditinstitutes eine Kündigung erfolgt ist, noch der Kreditnehmer einen Anspruch auf vorzeitige Beendigung des Vertragsverhältnisses hat. Sollte in einem solchen Fall das Kreditinstitut sich ausnahmsweise mit der vorzeitigen Beendigung des Kreditverhältnisses, welches eine Zinsbindung aufweist, einverstanden erklären, ist es berechtigt, ein Vorfälligkeitsentgelt zu verlangen, welches bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) den Betrag der Vorfälligkeitsentschädigung übersteigen kann.

Eine Vorfälligkeitsentschädigung wird grundsätzlich dann verlangt, wenn das Kreditinstitut oder der Kreditnehmer berechtigter Weise (aufgrund eines Kündigungsrechts) vorzeitig (außerordentlich) das Kreditverhältnis, welches eine Zinsbindung aufweist, innerhalb der Festzinsperiode kündigt.

Strittig war bisher die Frage, ob jedwede Kündigung innerhalb der Festzinsperiode zur Geltendmachung der Vorfälligkeitsentschädigung berechtigt, und ob dieses nur für Darlehensverträge zwischen Kreditinstituten undVerbrauchern (§ 13 BGB) oder auch für Darlehensverträge zwischen Kreditinstituten und Unternehmern (§ 14 BGB) gilt.

Es stellt sich in diesem Rahmen allerdings die Frage, in welchem Kreditverhältnis (Verbraucherdarlehensvertrag oder nicht Verbraucherdarlehensvertrag) und bei welchen Kündigungen des Kreditverhältnisses eine Berechtigung zur Erhebung einer Vorfälligkeitsentschädigung besteht.

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 19.01.2016 – XI ZR 103/15 sowie in seinem Urteil vom 22.11.2016 – XI ZR 187/14 entschieden, dass bei grundpfandrechtlich besicherten Darlehensverträgen zwischen einem Kreditinstitut und einem Verbraucher wegen der besonderen Regelung des § 497 BGB für Verträge, die in dem Zeitraum 1. Januar bis 31. Juli 2002 und 1. November 2002 bis 10. Juni 2002 geschlossen wurden, wegen der gesetzlichen Spezialregelung (§ 497 Abs.1 BGB) ein Anspruch des Kreditinstituts auf Geltendmachung einer Vorfälligkeitsentschädigung ausgeschlossen ist, da aus dieser Norm sich eine Sperrwirkung gegen die Geltendmachung einer Vorfälligkeitsentschädigung ergibt.

Nach der Gesetzgebungsbegründung zu dieser Norm sollte „der Verzugszins nach Schadenersatzgesichtspunkten zu ermitteln und ein Rückgriff auf den Vertragszins grundsätzlich ausgeschlossen“ sein (BT-Drucks. 11/5462, S.26 zu § 10 des Regierungsentwurfes, der im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu § 11 VerbrKrG wurde).

Dies führt allerdings u. a. zu der Konsequenz, dass ein vertragstreuer Kreditnehmer gegenüber einem seinen Ratenzahlungsverpflichtungen nicht nachkommenden Kreditnehmer benachteiligt wird, da letzterer im Fall der Kündigung keine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen muss, ersterer allerdings im Falle der Vereinbarung einer Aufhebung des Darlehensvertrages eine Vorfälligkeitsentschädigung bzw. sogar ein Vorfälligkeitsentgelt zu zahlen hätte. Der BGH stellt jedoch fest, dass der Gesetzgeber für den Bereich der Verbraucherdarlehensgeschäfte eine Besserstellung des vertragsbrüchigen gegenüber dem vertragstreuen Schuldner in Kauf nimmt.

In einer weiteren aktuellen Entscheidung vom 20.02.2018 – XI ZR 445/17 hat der BGH ausdrücklich klargestellt, dass die Sperrwirkung des § 497 Abs.1 BGB nicht für grundpfandrechtlich besicherte Darlehen gilt, welche nicht zwischen einem Kreditinstitut und einem Verbraucher geschlossen werden.

In dem ausgeurteilten Fall wurde wegen des Umfanges, der Komplexität und der Anzahl der mit der Verwaltung der kreditfinanzierten Immobilien verbundenen Vorgänge eine gewerbliche Tätigkeit und keine reine Verwaltung eigenen Vermögens angenommen. Dementsprechend und mangels Verbrauchereigenschaft konnte der § 497 Abs.1 BGB dort keine Sperrwirkung entfalten.

Im Übrigen hat der BGH in dieser Entscheidung festgestellt, dass die Verletzung der vertraglichen Verpflichtung zur Zahlung der Darlehensrate eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs.1 Abs.3 i.V.m. § 281 BGB darstellt und auf dieser Grundlage bei Darlehensverträgen, welche nicht zwischen einem Verbraucher und einem Kreditinstitut geschlossen werden, das Kreditinstitut auch bei Kündigung wegen Ratenverzuges im Laufe der Festzinsperiode eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen kann.

Bisher vom BGH nicht explizit entschieden ist die Konstellation der außerordentlichen Kündigung des Kreditverhältnisses durch das Kreditinstitut gegenüber dem Kreditnehmer aus wichtigem Grund. Letztlich wird auch in diesem Zusammenhang eine künftige BGH-Entscheidung voraussichtlich Klarheit und Rechtsfrieden bringen. Bis dahin werden allerdings, im Hinblick auf die mitunter erheblichen Beträge der Vorfälligkeitsentschädigung, weiterhin vorgerichtliche und gerichtliche Auseinandersetzungen unvermeidbar sein, um die eigenen Interessen zu wahren.

Wir beraten Sie gerne in diesem Zusammenhang.



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