Was ist ein Pflichtverteidiger?

  • 2 Minuten Lesezeit

„Wenn Sie sich keinen Verteidiger leisten können, wird Ihnen einer gestellt“ – so oder ähnlich kennt jeder den Satz von Polizisten in amerikanischen Filmen, wenn sie eine Person festnehmen. In Deutschland gelten für die Pflichtverteidigung andere Voraussetzungen.

Die Strafprozessordnung gibt in § 140 vor, in welchen Fällen eine notwendige Verteidigung vorliegt und ein Rechtsanwalt bei dem Verfahren mitwirken muss. In diesen Fällen muss durch das Gericht oder die Staatsanwaltschaft ein Rechtsanwalt zum Pflichtverteidiger bestellen. Das Gesetz geht davon aus, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann.

Dies ist der Fall, wenn

  • die Verhandlung vor dem Oberlandesgericht oder dem Landgericht stattfindet
  • dem Beschuldigten ein Verbrechen vorgeworfen wird
  • ein Berufsverbot droht
  • Untersuchungshaft oder einstweilige Unterbringung vollstreckt wird
  • sich der Beschuldigte, auf Grund richterlicher Anordnung in einer Anstalt befindet
  • zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten seine Unterbringung in Frage kommt
  • ein Sicherungsverfahren durchgeführt wird
  • der bisherige Verteidiger von der Mitwirkung ausgeschlossen ist
  • dem Verletzten der Tat (Nebenkläger) ein Rechtsanwalt beigeordnet ist

Außerdem kann das Gericht einen Pflichtverteidiger bestellen, wenn wegen der Schwere der Tat oder einer schwierige Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann.

Eine schwierige Sach- oder Rechtslage kann beispielsweise vorliegen, wenn zahlreiche Zeugen zur Aufklärung des Sachverhaltes durch das Gericht geladen werden. Der Beschuldigte wird sich nicht verteidigen können, wenn er Sprach- oder Verständigungsprobleme hat.

Nach der Reform der Strafprozessordnung 2017 ist außerdem bei jeder richterlichen Vernehmung des Beschuldigten ein Pflichtverteidiger hinzuziehen.

Bestellung

Liegt ein Fall einer notwendigen Verteidigung vor, so kann der Beschuldigte selbst dem Gericht einen Rechtsanwalt benennen, der zum Pflichtverteidiger bestellt werden soll. Tut dies der Beschuldigte nicht, so bestellt das Gericht einen Rechtsanwalt.

Diese Bestellung wird durch das Gericht „von Amts wegen“ durchgeführt. Der Beschuldigte braucht keinen Antrag zu stellen. Wobei der Wunsch des Beschuldigten hierbei zu beachten ist.

Kosten

Liegt eine Pflichtverteidigung vor, so rechnet der Pflichtverteidiger seine Gebühren mit der Staatskasse ab. Die Gebühren, die er in Rechnung stellen kann, sind gesetzlich festgeschrieben. Wird der Beschuldigte in dem Verfahren schließlich durch das Gericht verurteilt und werden ihm die Kosten des Verfahrens übertragen, so wird der Staat die Kosten für den Pflichtverteidiger bei dem Beschuldigten zurückfordern. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Mathias Päßler

Beiträge zum Thema