Wenn Anwälte und Notare lügen und betrügen

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Recht häufig kommen Klienten in meine Kanzlei, die einen Vertragsabschluss bereuen. Natürlich, grundsätzlich ist es besser, vorher nachzudenken (oder nachzufühlen) und die Unterschrift ggf. zu verweigern. Manchmal fällt das aber schwer, besonders, wenn man gedrängt wird. Und ist das Schriftstück bereits aufgesetzt, fehlt die Kraft, noch nein zu sagen. Also Pech gehabt? Nicht immer.

Gernot K.* beispielsweise unterzeichnete einen Makler-Vertrag über den Verkauf seiner Wohnung. Teil des Schriftstücks war folgende Vereinbarung: Bei einem Erlös über 100.000 Euro erhält der Makler 20 Prozent der darüber hinausgehenden Summe. K. war depressiv, ihm drohte die Insolvenz, eine konkrete Auskunft, welch immense Wertsteigerung seine Wohnung seit dem Kauf für 95.000 Euro erfahren hatte, holte er nicht ein. Bereits kurz nach Unterzeichnung präsentierte der Makler eine Käuferin, die 195.000 Euro bot, was dem Vermittler stolze 19.000 Euro einbringen sollte, zusätzlich zur vereinbarten Courtage in Höhe von fünf Prozent (damit also 28.750 Euro insgesamt). Erst jetzt führte K. ein ehrliches Gespräch mit seiner Mutter, die seine Insolvenz per Darlehen abwendete, K. wollte somit vom Makler-Vertrag zurücktreten. „(…) rechtlich leider nicht möglich“, ließ dieser durch seinen Anwalt verlauten. Glatt gelogen: Die Zusatzvergütung, und nicht wenige Makler schlagen unwissende Kunden zu einer solchen breit, nahm dem Vertrag seine Gültigkeit. Zur Überschreibung der Wohnung beim Notar kam es Gott sei Dank nicht.

Doch selbst notarielle Urkunden müssen nicht zwangsläufig verbindlich sein. Auch hierfür ein Beispiel: Yannick S. wuchs bei seiner Mutter auf, die Eltern leben in Scheidung. Er brach die Schule ab, zog zum Vater und begann in dessen Zahnarztpraxis eine Ausbildung. Als der gewiefte Geschäftsmann sich einen neuen Sportwagen, einen Nissan GTR X zum Preis von 100.000 Euro, kaufen wollte, war Yannick begeistert! Gemeinsam gingen sie zum Händler. Und fuhren kurz nach Yannicks achtzehntem Geburtstag mit dem Wagen zum Notar, bei dem eine umfangreiche Beurkundung wartete: Sollte Yannick seine Ausbildung mit „sehr gut“ abschließen, hieß es darin, ist das Auto seins – nach Vollendung des 25. Lebensjahres und bei gleichzeitigem Verzicht auf das gesamte, gesetzliche Erbe. Der Vater schob seinem Sohn tatsächlich eine, als Geburtstagsgeschenk getarnte, notarielle Erbverzichtserklärung unter. Was für eine Dreistigkeit! Schon bei Unterzeichnung fühlte Yannick sich betrogen. Wieder zuhause packte er dann seine Sachen, zog zurück zur Mutter und mit deren Hilfe vor Gericht. Das Urteil: Die umfassende notarielle Urkunde über Erb- und Pflichtteilsverzicht war sittenwidrig, sie besaß keine Gültigkeit. Natürlich verliert ein Wagen innerhalb von sieben Jahren deutlich an Wert, auch die Bedingung, der Sohn müsse mit der Bestnote abschließen, um überhaupt etwas zu erben, war wahrlich kein Geschäft auf Gegenseitigkeit. Seit der Aktion ist der Vater für Yannick wohl erst einmal gestorben.

Wer eine Vertragsunterzeichnung bereut, sollte sich nicht lange mit Selbstvorwürfen aufhalten. Gehen Sie sofort zu einem Anwalt, dem Sie vertrauen. Nicht immer, aber oft gibt es Möglichkeiten, aus Verträgen und Notariellen Urkunden wieder herauszukommen. Eine Prüfung lohnt sich!

Ihr Rechtsanwalt Gerhard Rahn

(*alle Namen geändert. Nachweis: OLG Hamm, AZ 10 U 36/15)


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