Wirecard AG stellt Insolvenzantrag – haften die Vorstände?

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Die Wirecard AG hat am 25.06.2020 gemeldet, dass sie beim zuständigen Amtsgericht München Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung gestellt hat.

Damit ist fraglich, ob Aktionäre, denen durch den jüngsten Kurssturz der Wirecard Aktie ein Schaden entstanden ist, Ansprüche gegen die Wirecard AG durchsetzen können.

In den Focus möglicher Haftungsansprüche geraten nunmehr die abgelösten Vorstände der Wirecard AG.

Haftung der Vorstände

Bei Verfehlungen des Vorstands sieht das deutsche Recht in erster Linie Ansprüche der Gesellschaft selbst gegen die Vorstände vor. Allerdings kommen unter Umständen auch Schadensersatzansprüche von Aktionären in Betracht, insbesondere bei fehlerhafter Darstellung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens und bei falschen Ad-hoc-Mitteilungen.

Bereits zu Zeiten des Neuen Markts hatte sich der Bundesgerichtshof mit Klagen von Aktionären gegen Vorstände beschäftigt. Als Musterfälle gelten insofern EM.TV und Informatec. In den damaligen Urteilen hat der Bundesgerichtshof bekräftigt, dass Schadensersatzansprüche nach § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung in Betracht kommen, wenn die Vorstände falsche Ad-hoc-Mitteilungen dem Anlegerpublikum bekannt gegeben haben. Auch die unrichtige Darstellung der wirtschaftlichen Verhältnisses des Unternehmens kann demnach Schadensersatzansprüche begründen.

Allerdings muss jeder Aktionär für seinen Einzelfall darlegen und ggf. beweisen, dass seine Anlageentscheidung auf der fehlerhaften Mitteilung beruht. Insofern sind die Möglichkeiten, seine Ansprüche gemeinschaftlich mit anderen Geschädigten durchzusetzen, beschränkt.

Haftung der Aufsichtsräte

Wesentlicher Teil der Überwachungspflicht des Aufsichtsrats ist es, Rechtsverstöße durch den Vorstand zu verhindern. Erfährt der Aufsichtsrat im Rahmen seiner Überwachungspflicht von rechtswidrigem Verhalten des Vorstands, dann ist er verpflichtet dagegen einzuschreiten. Unternimmt der Aufsichtsrat jedoch trotz Kenntnis nichts, dann wird er ggf. selbst zum Täter, auch wenn er eine Straftat nur zulässt.

Zahlt die D&O-Versicherung?

Manager schließen in der Regel eine Berufshaftpflichtversicherung ab (D&O = Directors and officers), die für Schäden aufkommt, die durch Pflichtverletzungen der Unternehmensführer entstanden sind. Die Versicherungsverträge sehen allerdings in der Regel vor, dass die Versicherungsgesellschaft keine bei Vorsatz oder wissentlicher Pflichtverletzung keine Zahlungen leisten muss.

Zur Durchsetzung möglicher Ansprüche gegen die Vorstände und Aufsichtsräte der Wirecard AG wird es unseres Erachtens maßgeblich auf die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft ankommen. Die Kanzlei Borst & Andjelkovic hat ebenfalls Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft München I gestellt und Akteneinsicht beantragt.

Dragisa Andjelkovic

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht



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