Wirksamkeitsvoraussetzungen des Drei-Zeugen-Testaments

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Die formalen Tücken der Testamentserrichtung

Die Errichtung eines Testaments ist an strenge Formvorschriften gebunden. Grundsätzlich gilt, dass ein privatschriftliches Testament vom Erblasser vollständig handgeschrieben, datiert und unterschrieben werden muss. Alternativ kann auch ein notariell beurkundetes Testament errichtet werden.

Darüber hinaus bietet das Bürgerliche Gesetzbuch in Ausnahmefällen die Möglichkeit der Errichtung eines sogenannten Nottestaments, etwa als Bürgermeistertestament oder Drei-Zeugen-Testament. Dass es sich hierbei jedoch um absolute Ausnahmefälle handelt, bestätigte in einer jüngeren Entscheidung das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 22.06.2022 – Aktenzeichen 6 W 7/21).

Schwerkranke Erblasserin unterzeichnet Testament im Krankenhaus

Die Erblasserin hatte mit ihrem vorverstorbenen Ehemann ein gemeinsames handschriftliches Testament errichtet. Kurz vor ihrem Tod wurde sie in ein Krankenhaus eingeliefert, wo sie bis zu ihrem Tod in Behandlung war. Im Krankenhaus wurde ein maschinengeschriebenes Testament erstellt, welches für die Erblasserin vorgeschrieben wurde. Die Erblasserin setzte dabei zwei Personen als Miterben zu je ½ ein. Das Dokument wurde sowohl von der Erblasserin als auch von drei Zeugen sowie von einem der (potenziellen) Miterben unterzeichnet.

Handschriftlichkeit oder notarielle Beurkundung notwendig?

Die im Testament eingesetzten Erben beantragten einen entsprechenden Erbschein. Sie argumentierten damit, dass es sich um ein sogenanntes Nottestament gehandelt habe, so dass weder Handschriftlichkeit noch eine notarielle Beurkundung notwendig gewesen seien. Die Erblasserin sei nicht mehr in der Lage gewesen, das Testament per Hand persönlich zu schreiben. Auch die Hinzuziehung eines Notars sei weder bei der unmittelbaren Errichtung als auch im Anschluss zeitlich nicht mehr möglich gewesen.

Erbscheinantrag zurückgewiesen: Keine Voraussetzungen für Nottestament

Das Nachlassgericht wies den Erbscheinantrag zurück, da die Voraussetzungen des Nottestaments nicht vorgelegen hätten, da im Zeitpunkt der Errichtung keine objektive oder subjektiv angenommene nahe Todesgefahr bestanden habe und zudem auch kein Nachweis dafür erbracht worden sei, dass ein notarielles Testament nicht noch hätte errichtet werden können.

Urteil: Nottestament ist Ausnahmevorschrift – sehr enger Anwendungsbereich

Hiergegen wendeten sich die Antragsteller. Das Beschwerdegericht wies jedoch das Rechtsmittel zurück und lehnte den Erbscheinantrag endgültig ab. Die Richter stellen klar, dass die formellen Voraussetzungen der Errichtung eines Nottestaments sehr eng auszulegen seien, da es sich um eine Ausnahmevorschrift handle.

Dabei sei es unschädlich, dass die im Testament vorgesehene Miterbin, die von der Zeugenmitwirkung gemäß § 2250 Absatz 3 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch ausgeschlossen ist, bei der Errichtung persönlich mitgewirkt hat, indem sie das Schriftstück selbst verfasst, den Ausdruck hergestellt, eine Zeugin herbeigeschafft, und das Testament schließlich auch selbst verlesen und unterschrieben hat. Dies sei deswegen unschädlich, da darüber hinaus drei weitere Zeugen mitgewirkt haben.

Keine objektive oder subjektive Todesgefahr für Nottestament gegeben

Die Richter verneinten jedoch sowohl eine objektive Todesgefahr als auch eine subjektive Überzeugung der Zeugen, dass die Erblasserin sich in so naher Todesgefahr befunden habe, dass voraussichtlich weder die Errichtung eines Testaments vor einem Notar (§ 2232 Bürgerliches Gesetzbuch) noch vor einem Bürgermeister (§ 2249 Bürgerliches Gesetzbuch) möglich gewesen wäre.

Zwar war die Erblasserin tatsächlich unheilbar schwer erkrankt und konnte sich daher nicht selbst in die Räumlichkeiten eines Notars begeben, jedoch ist eine notarielle Beurkundung auch im Krankenhaus möglich. Wenn ein Erblasser lediglich körperlich zu schwach ist, um ein eigenhändiges Testament zu errichten, sind die Voraussetzungen eines Nottestaments nicht erfüllt.

Bürgermeistertestament auch durch Orts- oder Bezirksbürgermeister

Das Gericht stellte auch klar, dass auch die Errichtung vor einem Bürgermeister vorrangig sei, wobei es jedoch in Berlin nicht auf den regierenden Bürgermeister der Stadt Berlin ankäme, sondern auf den jeweiligen Orts- bzw. Bezirksbürgermeister. Die Antragsteller hatten hierzu jedoch gar nicht vorgetragen, so dass das Gericht davon ausging, dass gar nicht erst der Versuch unternommen worden sei, vor einem Ortsbürgermeister das Testament zu errichten.

Notariell beurkundetes Testament vorrangig

Entscheidend war darüber hinaus, dass ein notarielles Testament ebenfalls vorrangig ist. Im fraglichen Fall hatten die Antragsteller zwar in der Tat versucht, einen Notar zu erreichen jedoch erst 10 Tage nach der Errichtung des (unwirksamen) Nottestaments. In größeren Städten mit mehreren Notaren wird aber allgemein angenommen werden können, dass an einem Werktag zu den üblichen Bürozeiten ein Notar ohne Weiteres jedenfalls am nächsten, wenn nicht gar am Nachmittag des gleichen Werktags erreichbar sein dürfte und hätte beigezogen werden können. Im Ergebnis lehnte das Gericht daher aus verschiedenen Gründen die Wirksamkeit des Testaments ab und wies den Erbscheinantrag zurück.

Es zeigt sich immer wieder, dass bei der Testamentserrichtung größte Sorgfalt alternativlos ist. Nichts ist ärgerlicher als eine sauber geplante Nachfolgeregelung, die mangels wirksamer Formvorschriften unwirksam ist. Gerade bei der Errichtung von Nottestamenten sind die gesetzlichen Wirksamkeitsgrenzen äußert eng.

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