2,00 € als Grund für körperlichen Angriff? Das Aussageverweigerungsrecht

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Das Schweigerecht


In Deutschland hat jeder Beschuldigte ein Aussageverweigerungsrecht. Normiert ist dieses im § 136 Abs. 1 S. 2 Strafprozessordnung (StPO): „Er ist darauf hinzuweisen, dass es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen.“ 


Bereits bei der polizeilichen Anhörung kann er auf sein Recht zu schweigen gem. § 163a Abs. 4 S. 2 StPO Gebrauch machen. Der Beschuldigte hat während des gesamten Strafverfahrens das Recht zu schweigen, ohne dass er dadurch einen Nachteil zu befürchten hat. Zurückzuführen sind diese Vorschriften auf den allgemeinen Grundsatz im Strafverfahren Nemo tenetur se ipsum accusare, wonach niemand gezwungen werden darf, sich selbst zu belasten.


Streit um 2,00 €


Mit dem Schweigerecht hat sich auch der Bundesgerichtshof (5 StR 52/23) in seinem Beschluss vom 27. April 2023 beschäftigt. Die Geschädigte im vorliegenden Fall sprach den Angeklagten auf die 2,00 € an, die er ihr schulde. Daraufhin sprühte er ihr mit Pfefferspray ins Gesicht und schlug ihr mit der Metallschnalle eines Gürtels auf Kopf und Oberkörper, um sie zum Forderungsverzicht zu bewegen. Dadurch erlitt die Geschädigte eine Platzwunde am Hinterkopf und Schwellungen an den Händen. 


Nach über drei Monaten in Untersuchungshaft gab der Angeklagte an, dass er der Geschädigten kein Geld schulde, sie ihm vielmehr seinen Rucksack weggenommen habe. Bei seinem Versuch den Rucksack zurückzuholen, habe sie ihn geschubst und geschlagen, woraufhin er sie zur Abwehr mit dem Gürtel schlug. Das Landgericht Berlin sieht seine Aussagen jedoch als unglaubhaft an, da er diese, wenn sie der Wahrheit entsprechen würden, bereits zu einem früheren Zeitpunkt getätigt hätte. Daher verurteilte es den Angeklagten wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten.


Entscheidung des Bundesgerichtshofes


Der Bundesgerichtshof ist jedoch der Auffassung, dass die Erwägung gegen den Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit verstößt. Der Zeitpunkt, zu dem der Angeklagte erstmals eine entlastende Einlassung vorbringt, kann dem Angeklagten demnach nicht zur  Last gelegt werden. Wenn ein Angeklagter von seinem Schweigerecht Gebrauch macht,   darf es diesem nicht zu seinem Nachteil gewertet werden, führt der BGH weiterhin aus. Daher dürfen auch nicht aus einer anfänglichen Aussageverweigerung nachteilige Schlüsse gezogen werden.


Hilfe durch Fachanwalt für Strafrecht


Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwalt Dietrich erstellt. Rechtsanwalt Dietrich tritt bereits seit vielen Jahren deutschlandweit als Strafverteidiger auf. Wenn Ihnen vorgeworfen wird, sich strafbar gemacht zu haben, können Sie unter den angegebenen Kontaktdaten einen Besprechungstermin mit Rechtsanwalt Dietrich vereinbaren. Alternativ können Sie Rechtsanwalt Dietrich auch eine E-Mail schreiben.


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