Arbeitsvertrag vom Arbeitsgericht im Kündigungsschutzprozess aufgelöst – das geht!

  • 3 Minuten Lesezeit

Dass ein Arbeitsverhältnis bzw. ein Arbeitsvertrag durch eine (fristlose) Kündigung beendet werden kann, ist den meisten Arbeitnehmer*innen bewusst.

Dass das Arbeitsgericht ein Arbeitsverhältnis aber auch auflösen kann – und das auch in einem laufenden Kündigungsschutzverfahren –, wissen die wenigsten. Und das gilt sogar dann, wenn sich im Verfahren herausstellt, dass die Kündigung, um die es im Prozess geht, unwirksam war.

So in einem Fall vor der Landesarbeitsgericht (LAG) Köln (LAG Köln, Urteil v. 21. 09.2020, Az.: 3 Sa 599/19).

§ 9 Abs. 1 KSchG: Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil des Gerichts  

Die rechtliche Grundlage für die Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses durch das Arbeitsgericht findet sich im Kündigungsschutzgesetz (KSchG). So lautet § 9 KSchG:

(1) Stellt das Gericht fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

Insofern kann das Arbeitsgericht im Kündigungsschutzprozess ein Arbeitsverhältnis immer dann auflösen, wenn ein hinreichender Auflösungsgrund vorliegt – auch wenn die streitgegenständliche Kündigung unwirksam ist. Das ist der Fall, wenn

  1. dem Arbeitnehmer eine weitere Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber nicht zuzumuten ist oder
  2. es sich für den Arbeitgeber nicht abzeichnet, dass eine „den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer“ noch möglich sein wird.

Arbeitgeber beantragt Auflösung des Arbeitsverhältnisses 

Im Fall vor dem LAG Köln war die Frage, ob der Arbeitgeber erfolgreich Antrag auf Auflösung eines Arbeitsverhältnisses stellen konnte.

Zunächst hatten sich ein Arbeitgeber und ein Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung und einer hilfsweisen ordentlichen Kündigung gestritten.

Grund für die Arbeitgeberkündigungen war gewesen, dass der gekündigte Arbeitnehmer eigenmächtig Urlaub genommen hatte. Die Zustimmung des Arbeitgebers zu seinem Urlaubsantrag hatte der Mann nicht abgewartet – daraufhin wurde ihm fristlos und hilfsweise ordentlich gekündigt. Zu Unrecht, urteilte das Arbeitsgericht Köln, es hielt die Kündigung jeweils für unwirksam, das Arbeitsverhältnis bestünde deshalb fort.

Damit war der Arbeitgeber nicht einverstanden und zog vor das Landesarbeitsgericht in Berufung. Im Rahmen dieses Verfahrens stellte der Arbeitgeber u.a. einen Auflösungsantrag nach § 9 KSchG.

Der Arbeitnehmer habe im Kündigungsschutzverfahren teilweise nichtzutreffende Aussagen darüber gemacht, wie der Ablauf im Zusammenhang mit Urlaubsanträgen im Unternehmen sei. Selbst wenn die Kündigung nicht wirksam sei, könne man mit dem Arbeitnehmer nach diesen Vorfällen nicht mehr vertrauensvoll zusammenarbeiten.

Grund für Vertragsauflösung durch Gericht: Verhalten im Kündigungsschutzverfahren

Wie das Arbeitsgericht kam auch das Landesarbeitsgericht zum Schluss, dass die Kündigungen des Arbeitgebers unwirksam waren – es fehlte am Kündigungsgrund.

Allerdings war es der Auffassung, dass der Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses begründet war, und löste das Arbeitsverhältnis auf Grundlage von § 9 KSchG durch Urteil auf. Denn im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens offensichtlich falsche Dinge in Bezug auf das Arbeitsverhältnis zu behaupten, sei nicht statthaft. Das gelte selbst dann, wenn diese Behauptungen unerheblich für den Ausgang des Prozesses seien. Allein dass es zu diesem Vorfall gekommen sei, zeige deutlich, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit künftig nicht mehr möglich sei.

Zwar würde der Arbeitnehmer erhöhten Bestandsschutz genießen, was sein Arbeitsverhältnis angeht. Da er als leitender Angestellter im Unternehmen jedoch eine „besondere Vertrauensposition“ innehabe, sei es dem Arbeitgeber nach diesem Vorfall schlichtweg nicht mehr zuzumuten, den Mitarbeiter zu beschäftigen.

Nicht in falscher Sicherheit wähnen  

Dieses Urteil zeigt deutlich: als Arbeitnehmer*in sollte man sich nicht zu sehr in Sicherheit wähnen, wenn ein Kündigungsschutzverfahren an sich positiv verläuft und die Kündigung vom Gericht als unwirksam eingestuft wird.

Denn benimmt man sich im laufenden Verfahren „daneben“, kann ein solches Verhalten dazu führen, dass der Arbeitgeber erfolgreich einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil bei Gericht stellt.

Sie haben Fragen zum Thema? Kontaktieren Sie mich gerne in Augsburg unter 0821 / 50 85 26 60 oder mithilfe des anwalt.de-Kontaktformulars. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Fachanwalt für Arbeitsrecht Markus Schleifer

Beiträge zum Thema