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Asyl für Ägypter - politische Verfolgung

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Das Verwaltungsgericht Aachen hat der Klage eines ägyptischen Staatsangehörigen auf Zuerkennung der Asyl- und Flüchtlingseigenschaft stattgegeben (VG Aachen, Gerichtsbescheid vom 30. August 2021, 3 K 2816/19 A). 


Der Kläger machte geltend sich seit 2011 politisch betätigt zu haben, indem er an Demonstrationen teilgenommen habe und regierungs- und gesellschaftskritische Inhalte auf Social Media veröffentlicht hat. Er sei aufgrund seines Engagements auch zu einer Veranstaltung nach Deutschland mit dem Thema "Warum kann die arabische Jugend nicht so sein wie sie möchte" des Senders Deutsche Welle eingeladen worden. Nach seiner Rückkehr nach Ägypten habe die nationale Sicherheit am 18. Juli 2018 seine Wohnung durchsucht. Er sei nicht zu Hause gewesen. Er sei dann untergetaucht und habe sich bei Freunden versteckt. Nachdem seine Familie die Ausreise organisiert habe sei er ausgereist. 


Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte den Asylantrag vollumfänglich ab. Begründet wurde die Ablehnung damit, dass der Kläger vom ägyptischen Staat nicht wegen regierungskritischer Publikationen verfolgt werde. Die vom Kläger seit 2013 veröffentlichten Inhalte auf verschiedensten Plattformen seien noch heute ungehindert abrufbar. Hätte die ägyptische Regierung tatsächlich gewollt diese Inhalte nicht mehr verfügbar sind, so hätte sie alle seine Accounts gesperrt oder blockiert. Es sei auch nicht klar was überhaupt gegen den Kläger vorliegen solle. Er hätte einen Rechtsanwalt beauftragen können und diesen den Sachverhalt ausermitteln lassen können. Eine Verhaftung im Falle einer Rückkehr sei deshalb nicht zu erwarten. Der Kläger habe mit seinen Publikationen im Internet zudem monatlich 1000 Euro verdient und wurde auch von seiner Mutter unterstützt. Deshalb sei davon auszugehen, dass er bei einer Rückkehr sein Existenzminimum sichern könne. 

Das Gericht folgte der Auffassung des Bundesamts nicht. 

Der Kläger hätte ein Anspruch auf Zuerkennung sowohl des Asyl- als auch des Flüchtlingsstatus, da er politisch verfolgt werde.  Furcht vor Verfolgung könne auch dann vorliegen, wenn nur ein mathematischer Wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50 % vorliegt. In einem solchen Fall reiche zwar die nur theoretische Möglichkeit politischer Verfolgung nicht aus. Ein vernünftig denkender Mensch würde sie außer Betracht lassen. Ergeben jedoch die Gesamtumstände des Falles die reale Möglichkeit (real risk)  einer Verfolgung wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen. Auch wenn nur eine geringe Wahrscheinlichkeit der Verfolgung bestehe macht es aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen bei der Überlegung, ob er in seinen Heimatstaat zurückkehren kann, einen erheblichen Unterschied ob er z.b. lediglich eine Gefängnisstrafe von einem Monat oder aber die Todesstrafe riskiert. 

Dies sei bei dem Kläger der Fall, denn er ist Künstler bzw. Rapper. 

Die Lage in Ägypten unter Staatspräsident El-Sisi sei von einem hohen Maß von staatlicher Repression geprägt. Für die Entfaltung bürgerlicher Freiheiten sei dort kein Raum. Jede Form von Kritik an der Regierung werde mit Terrorismusverwürfen geahndet. Dies sei auch bei der Zivilgesellschaft in Form von Social Media Beiträgen der Fall. Da der Kläger sich mehrfach regierungskritisch geäußert habe und dies auch heute noch tue sei es ihm nicht zuzumuten nach Ägypten zurückzureisen. 

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