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Bereicherungsrecht: Was Sie zurückverlangen können

  • 19 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Nahezu alles kann in fremde Hände gelangen. Geschieht das ungewollt, etwa infolge Diebstahls, möchte man es zurückhaben. Dasselbe gilt für einen aufs falsche Konto überwiesenen Geldbetrag. Und selbst bewusste Vermögensübertragungen möchte so mancher gerne rückgängig machen, wie etwa eine Schenkung. Lösungen für diese und weitere Fällen bietet das sogenannte Bereicherungsrecht.

Was ist das Bereicherungsrecht?

Die Regeln des Bereicherungsrechts finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ab dem § 812 BGB. Dessen wichtigste Aussage lautet:

“Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet.”

Das Recht zur Rückforderung nach Bereicherungsrecht wird Bereicherungsanspruch genannt. Jemand muss danach etwas herausgeben, wenn bestimmte Voraussetzungen dafür vorliegen. Praktisch am häufigsten kommt es zu Bereicherungsansprüchen, weil jemand etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat. Beispielsweise fehlt der rechtliche Grund, wenn sich herausstellt, dass ein Kaufvertrag unwirksam ist. Auf seiner Grundlage hatten Verkäufer und Käufer zuvor jeweils bereits die Ware und das Geld ausgetauscht. Das Bereicherungsrecht regelt nun, ob und wie die Ware wieder zum Verkäufer und das Geld wieder zum Käufer zurückgelangen.

Neben dem fehlenden Rechtsgrund kennt das Bereicherungsrecht weitere Gründe, die zur Rückforderung berechtigen. So kann jemand eine Leistung zurückfordern, wenn der damit bezweckte Erfolg ausbleibt. Zurückgefordert werden kann auch eine Leistung, die irrtümlich auf eine einredebehaftete Forderung erfolgte. Der Leistende hätte also eigentlich einen Einwand gegen die Leistung geltend machen können, irrte aber über dessen Bestehen. Das ist zum Beispiel bei einer durch arglistige Täuschung erlangten Forderung der Fall. Darüber hinaus regelt das Bereicherungsrecht auch Fälle, in denen das Zurückgeforderte weiterverkauft oder -verschenkt wurde. Viele Vorschriften in anderen Zusammenhängen verweisen zudem auf das Bereicherungsrecht, wenn es um Rückforderungen geht. So etwa § 528 BGB bei der Rückforderung von Schenkungen und § 951 BGB bei der untrennbaren Verbindung von Sachen verschiedener Eigentümer.

Das Bereicherungsrecht schließt die Rückforderung in bestimmten Fällen auch aus. Weitreichendster Ausschlussgrund ist ein Verstoß gegen gesetzliche Verbote oder die guten Sitten.

Was ist mit „etwas“ im Bereicherungsrecht gemeint?

Der § 812 BGB bezeichnet das Zurückzugebende schlicht mit dem Wort „etwas“. Juristen nennen dieses „etwas“ Bereicherungsgegenstand. Dieses "etwas" kann jeder geldwerte Vorteil sein. Da nahezu alles einen Geldwert besitzt, sind die möglichen Bereicherungsgegenstände vielfältig, wie die folgende Übersicht zeigt:

  • Rechte aller Art: z. B. Eigentum an einer Sache (wozu auch Bargeld zählt), Pfandrecht, Wohnrecht, Nießbrauch, Kontogutschrift
  • Vorteilhafte Rechtsstellungen: z. B. Besitz, Grundbucheintragung
  • Befreiung von Lasten: z. B. Befreiung von Schulden, Befreiung von gesetzlicher Unterhaltspflicht
  • Gebrauchs-/Nutzungsvorteile: z. B. erhaltene Arbeitsleistung, Gebrauch eine Autos, mietfreies Wohnen

Insbesondere Gebrauchsvorteile, wie etwa die Nutzung eines Autos, lassen sich nicht zurückgeben. Deshalb sieht das Bereicherungsrecht vor, dass ihr Wert zu ersetzen ist.

Wie muss man etwas erlangen?

Der eingangs genannte § 812 BGB unterscheidet danach, ob etwas durch Leistung oder in sonstiger Weise von einem anderen erlangt wurde. Juristen sprechen deshalb von der Leistungskondiktion und von der Nichtleistungskondiktion.

Etwas durch Leistung erlangen

Das Bereicherungsrecht versteht unter Leistung jede bewusste, zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Mit Vermögen ist jeder vermögenswerte Vorteil gemeint. Dieser Vorteil ist vielfältig, wie die bereits genannten Beispiele zeigen. Als Leistung gilt zudem die vertragliche Anerkennung, dass ein Schuldverhältnis besteht oder nicht besteht. Ein Beispiel für Letzteres ist der Erlass von Schulden.

Dieser Vermögensvorteil muss auch bewusst erfolgen. Der Leistende muss wissen, dass er das Vermögen des anderen mehrt. Das Vermögen mehrt nicht bewusst, wer beispielsweise versehentlich Geld auf das falsche Konto überweist.

Zudem muss es sich um eine zweckgerichtete Vermögensmehrung handeln. Mit zweckgerichtet ist das Ziel gemeint, zu dem die Vermögensmehrung erfolgt. Beispielsweise zahlt der Käufer eines Autos den Kaufpreis an den Verkäufer, um es vom Verkäufer zu erhalten. Dabei muss der Zweck von der Rechtsordnung erlaubt sein. Schwarzarbeit, Handel mit Betäubungsmittel und anderer verbotene Handlungen sind nicht bereicherungsrechtlich geschützt.

Im Zusammenhang mit einer Leistung regelt das Bereicherungsrecht folgende Fälle, auf die der Ratgeber eingeht:

  • Der Rechtsgrund fehlt von Anfang an, § 812 Abs. 1 S. 1 1. Fall BGB
  • Der Rechtsgrund für die Leistung fällt später weg, § 812 Abs. 1 S. 2 1. Fall BGB
  • Der mit der Leistung bezweckte Erfolg bleibt aus, § 812 Abs. 1 S. 2 2. Fall BGB
  • Der Bereicherungsgläubiger hat auf eine einredebehaftete Forderung geleistet, § 813 BGB
  • Der Leistungszweck wird von der Rechtsordnung missbilligt, § 817 BGB

Etwas in sonstiger Weise erlangen

Das Erlangen des Vermögensvorteils in sonstiger Weise umfasst Vermögensmehrungen, die nicht durch eine bewusste Leistung erfolgten. Den Bereicherungsanspruch geltend machen kann, auf dessen Kosten das erfolgte. Damit gemeint ist, dass in dessen Rechte eingegriffen wurde. Typische Vorgänge sind:

  • eigenes Handeln des Bereicherten, z. B. Wegnahme, Diebstahl, unbefugte Nutzung eines Namens für Werbezwecke
  • Handlungen anderer, z. B. Handwerker renovieren falsches Haus
  • Naturereignisse, z. B. Sturm bläst fremde Sachen aufs eigene Grundstück

Darüber hinaus regelt das Bereicherungsrecht folgende Bereicherungsansprüche im Zusammenhang mit einer nicht durch Leistung erfolgten Bereicherung:

  • durch wirksame entgeltliche und unentgeltliche Verfügung eines Nichtberechtigten, § 816 Abs. 1 BGB
  • durch wirksame Leistung an einen Nichtberechtigten, § 816 Abs. 2 BGB
  • durch unentgeltliche Weitergabe der Bereicherung durch dinglich Berechtigten, aber bereicherungsrechtlich Haftenden, § 822 BGB

Der Ratgeber erläutert diese Bereicherungsansprüche im weiteren Verlauf.

Wann wird etwas ohne Rechtsgrund erlangt?

Ob durch Leistung erlangt oder auf sonstige Weise: Damit jemand einen Bereicherungsanspruch nach § 812 BGB hat, muss der Rechtsgrund für die Vermögensverschiebung fehlen. Damit gemeint ist, dass es für diese keine Rechtsgrundlage gab oder sie später weggefallen ist.

Rechtsgrundlagen können verschieden sein. Häufigste Rechtsgrundlage für die Übertragung eines Gegenstands von einer Person auf eine andere Person ist ein Vertrag. Zum Beispiel bildet ein Kaufvertrag die Rechtsgrundlage für Käufer und Verkäufer, aufgrund der ihre Übereignung des Kaufpreises und der Kaufsache erfolgt.

Auch gesetzliche Regeln können einen Rechtsgrund bilden wie die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag oder das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis. Diese begründen für bestimmte Situationen ebenfalls  Rechtsverhältnisse mit besonderen Regeln. Aus Sicht des Bereicherungsrecht bilden sie deshalb ebenfalls Rechtsgrundlagen.

Die Rechtsgrundlage kann von Anfang an fehlen oder auch erst später wegfallen. Beide Fälle sind vom Bereicherungsrecht erfasst. Beispielsfälle für von Anfang an fehlende Rechtsgrundlagen sind unter anderem:

  • ein Vertrag, der gegen gesetzliche Verbote verstößt, da dieser nach § 134 BGB unwirksam ist
  • eine nicht geschäftsfähige Person wollte etwas kaufen, kann aber keinen wirksamen Kaufvertrag schließen, weil ihre dafür notwendige Willenserklärung unwirksam ist aufgrund § 105 BGB

Ein Beispiel für den späteren Wegfall einer Rechtsgrundlage ist der Eintritt einer auflösenden Bedingung, der Abschluss eines Aufhebungsvertrags oder die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses.

Ein typischer Fall des Bereicherungsrechts ist ein 11-jähriges Kind, das aufgrund seiner Minderjährigkeit noch nicht voll geschäftsfähig ist wegen § 106 BGB. Um rechtswirksam Geschäfte abzuschließen, benötigt es deshalb in den meisten Fällen die Zustimmung seiner gesetzlichen Vertreter, also in der Regel die seiner Eltern. Das minderjährige Kind hat sich ohne Erlaubnis seiner Eltern die von ihm gewünschte Spielkonsole gekauft. Der Verkäufer übergibt sie ihm und nimmt das Geld des Kindes. Als seine Eltern davon erfahren, genehmigen sie den Kauf jedoch nicht. Damit gilt der zwischen Kind und Verkäufer geschlossene Kaufvertrag als von Anfang an unwirksam. Für die Leistungen fehlt der Rechtsgrund. Es ist Bereicherungsrecht anwendbar. Das Kind hat einen Bereicherungsanspruch gegenüber dem Verkäufer und kann sein Geld zurückverlangen. Der Verkäufer kann die Rückgabe der ebenfalls ohne Rechtsgrund geleisteten Spielkonsole vom Kind verlangen. Die Regeln des Bereicherungsrechts begründen dafür ein spezielles Schuldverhältnis zwischen den Beteiligten.

Ein Beispielsfall für den späteren Wegfall der Rechtsgrundlage ist der Widerruf einer Schenkung wegen groben Undanks. Diesen ermöglicht § 530 BGB z. B. bei einer schweren Beleidigung oder Misshandlung des Schenkers durch den Beschenkten. Durch den Widerruf entfällt der Rechtsgrund. Die Rückgabe des Geschenkten vollzieht sich dann nach Bereicherungsrecht.

Lässt sich eine zwecklose Leistung zurückfordern?

Das Bereicherungsrecht ermöglicht die Rückforderung einer Leistung, weil der mit ihr bezweckte Erfolg ausbleibt. Die Beteiligten müssen sich aber über den Zweck einig gewesen sein. Erforderlich ist zudem ein endgültiges Ausbleiben des Erfolgs.

Darum ging es im Fall eines Mannes, der seinen Bruder beim Hauserwerb finanziell unterstützt hatte wegen des Versprechens, später zum Miteigentümer zu werden. Der Bruder lehnte das jedoch ab, obwohl ihm der Zweck der Zuwendungen seines Bruders bewusst war (BGH, Az.: IV ZR 309/12).

Welche Einwände gelten nicht gegen eine Rückforderung?

Wer eine Einrede gegen eine Forderung geltend macht, kann deren Leistung verweigern. Davon gilt bei einem Bereicherungsanspruch jedoch eine Ausnahme durch § 813 BGB. Die Rückforderung einer Leistung kann dadurch trotz dauernder Einrede möglich sein. Vor dem Verzicht auf eine Rückforderung, weil sich der Gegner auf eine Einrede beruft, sollte deshalb ein Anwalt den Sachverhalt überprüfen.

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Dauernde Einreden finden sich insbesondere in den §§ 242, 768, 821, 853, 1166, 1973, 1975, 1990, 2083 und 2345 BGB. Diese stehen unter anderem im Zusammenhang mit Bürgschaften, Arglist, Nachlassschulden, Erbanfechtung und treuwidrigem Verhalten.

Auch die Verjährung ist eine dauernde Einrede. Diese ist von § 813 S. 2 BGB jedoch ausdrücklich ausgenommen und verhindert eine Rückforderung. Eine Ausnahme besteht jedoch, wenn die Leistung auf eine verjährte Forderung nicht freiwillig erfolgte, wie z. B. im Wege der Zwangsvollstreckung. Dann kann auch hier eine Rückforderung möglich sein.

Was ist aufgrund Bereicherungsrecht zurückzugeben?

Das Bereicherungsrecht regelt, ob und wie bereits erfolgte Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen sind. Dabei soll sich das Vermögen des Bereicherten aber nicht mehr vermindern als um den tatsächlichen Wert seiner Bereicherung. Wer etwas rechtsgrundlos erhalten hat, muss grundsätzlich nur das "etwas" herausgeben, das er erlangt hat. Mehr herauszugeben ist nur in besonderen Fällen. Umgekehrt kann die Herausgabe sogar ausgeschlossen sein, wenn das "etwas" im Vermögen des Bereicherten nicht mehr vorhanden ist.

Der Bereicherungsgegenstand muss grundsätzlich an den herausgegeben werden, durch dessen Leistung oder auf dessen Kosten er erlangt wurde. Vereinfacht ausgedrückt ist der vorherige Zustand wiederherzustellen.

Wurde zum Beispiel das Eigentum an einer Sache erlangt, muss der Bereicherte diese an den ursprünglichen Eigentümer zurückübereignen. Das heißt, er muss ihm wieder die rechtliche Herrschaft daran verschaffen. Besitzt der Bereicherte die Sache, hat er sie also in seiner Gewalt, muss er diese zurückgeben.

Wurden sogenannte Gebrauchsvorteile erlangt, wie etwa durch die Nutzung eines Autos, ist deren Herausgabe jedoch nicht möglich. Das Bereicherungsrecht verpflichtet dann zum Ersatz ihres Werts. Für die Vorteile durch die Autonutzung werden pro 1000 Kilometer Nutzung 0,67 % der Anschaffungskosten angerechnet. Im Falle der Fehlüberweisung auf ein Konto sind die für den Betrag anfallenden Zinserträge zu ersetzen.

Mit einem Gegenstand kann vor seiner Herausgabe auch viel passieren. Er kann beispielsweise zerstört, gestohlen, weiterverkauft oder verschenkt werden. Ist an die Stelle des Bereicherungsgegenstands ein anderer Gegenstand getreten, ist dieses sogenannte Surrogat ebenfalls herauszugeben.

Wurde eine erlangte Sache beispielsweise zerstört, die der Bereicherte jedoch versichert hatte, dann ist eine dafür erhaltene Leistung der Versicherung herauszugeben. Hat ein Dritter die eigentlich herauszugebende Sache schuldhaft zerstört, gilt das entsprechend für den erlangten Schadensersatz beziehungsweise Schadensersatzanspruch. Bei einem Pfandrecht, das ebenfalls Bereicherungsgegenstand sein kann, ist bei einer zwischenzeitlichen Verwertung der erzielte Erlös herauszugeben.

Den Bereicherten kann also weiterhin eine Herausgabepflicht treffen. Er ist aber nicht zum Wiederherstellen oder Wiederbeschaffen verpflichtet.

Wichtig zu wissen: Wurde die übereignete Sache oder das übertragene Recht vom Empfänger verkauft, muss er nicht den dadurch erzielten Kaufpreis herausgeben. Er muss aber nach § 818 Abs. 2 BGB deren Wert ersetzen. Maßgeblich ist dabei der Verkehrswert des Gegenstands, der regelmäßig seinem Marktwert entspricht.

Dasselbe gilt bei einem Tausch des Bereicherungsgegenstands gegen einen anderen Gegenstand. In diesem Fall muss der Bereicherte ebenfalls nur Wertersatz leisten. Den erhaltenen Tauschgegenstand muss er nicht herausgeben.

Hat der Bereicherte mit erlangtem Geld etwas gekauft, muss er ebenfalls nur Wertersatz leisten, also den Geldbetrag zurückgeben. Den damit gekauften Gegenstand muss er jedoch nicht herausgeben. Das gilt auch für mit dem Kauf erlangte Vorteile. Hat jemand beispielsweise ein Lotterielos erworben, ist ein damit erzielter Lotteriegewinn nicht herauszugeben.

Der Grund dafür liegt im Zweck des Bereicherungsrechts: Es soll nur die ungerechtfertigte Vermögensverschiebung korrigieren. Es reicht deshalb auch nur soweit, wie das Vermögen noch beim Bereicherten vorhanden ist. Schadensersatzansprüche und andere Pflichten sind im Bereicherungsrecht deshalb nicht vorgesehen.

Was gilt, wenn der Empfänger den Gegenstand verkauft hat?

Ein wichtiger Unterschied: Wer nur den Besitz – nicht aber das Eigentum – an einer Sache erlangt hat und sie dann wirksam an einen Dritten verkauft, für den gilt statt § 818 BGB der § 816 BGB. Dieser beinhaltet einen eigenen Bereicherungsanspruch. Danach muss der Bereicherte den erlangten Kaufpreis herausgeben statt Wertersatz leisten. Grund für diesen Unterschied ist der stärkere Schutz des Bereicherungsrechts für denjenigen, der das Eigentum erworben hat. Dieses gibt ein Recht mit einer Sache nach Belieben zu verfahren, während der Besitz nur die tatsächliche Gewalt über eine Sache meint.

Wieso kann eine verkaufte Sache nicht einfach vom Käufer zurückverlangt werden, obwohl der Verkäufer gar nicht Eigentümer war? Aufgrund gesetzlicher Regeln kann ein Erwerber aber auch dann Eigentümer einer Sache werden, obwohl der Veräußerer kein Eigentum daran hatte. Der Erwerber musste dabei aber davon ausgehen dürfen, dass der Veräußerer Eigentümer war. Dies wird als gutgläubig bezeichnet. Verliert der ursprüngliche Eigentümer dadurch sein Eigentum kann er vom Veräußerer herausverlangen, was dieser erlangt hat. In der Regel ist das der Kaufpreis.

Selbst wenn der Erwerber gutgläubig war, ist der Eigentumserwerb nach diesen Vorschriften ausgeschlossen, wenn die Sache zuvor

  • dem Eigentümer gestohlen worden war,
  • dem Eigentümer verloren ging oder
  • dem Eigentümer sonst unfreiwillig abhanden gekommen ist.

Dann muss der Erwerber sie auf Verlangen des Eigentümers herausgeben oder bei Verlust Wertersatz leisten.

Was bedeutet das für den ursprünglichen Eigentümer? Er kann statt der Herausgabe der Sache vom Erwerber das Geschäft auch genehmigen, sodass der Erwerber Eigentümer wird. Dadurch kann er statt des Wertersatzes den erzielten Kaufpreis verlangen. So profitiert er davon, wenn der Bereicherte einen guten Preis erzielt hat, der über dem Marktwert der Sache liegt. Dieser kann zwar Aufwendungen verlangen, die er selbst hatte, um die Sache zu erwerben. Zum Beispiel kann er die Sache zuvor selbst gekauft haben, ohne zu wissen, dass diese gestohlen worden war. Dabei sind ihm z. B. Versandkosten entstanden. Zu diesem Aufwand zählt aber nicht der von ihm selbst für die Sache gezahlte Kaufpreis.

Hat der Empfänger die Sache dagegen einem Dritten unentgeltlich überlassen, muss dieser sie herausgeben. Wurde sie verschenkt, kann der ursprüngliche Eigentümer sie also vom Beschenkten herausverlangen. Möglich ist das auch bei einem Verkauf stark unter Wert. Seinen Kaufpreis muss der Bereicherte dabei von dem zurückverlangen, der ihm die Sache verkauft hat. Von dem Rückfordernden kann er diesen nicht verlangen.

Hat der Empfänger den erzielten Kaufpreis jedoch bereits ausgegeben, kann der ursprüngliche Eigentümer jedoch leer ausgehen, wie der nächste Abschnitt zeigt. Denn das Bereicherungsrecht soll, wie bereits genannt, zu keiner Vermögensminderung des Bereicherten führen.

Wann muss der Empfänger weniger oder gar nichts zurückgegeben?

Der Wegfall der Rückgabepflicht ist möglich nach § 818 Abs. 3 BGB. Dieser regelt den Wegfall der Bereicherung, der auch als Entreicherung bezeichnet wird. Diese Entreicherung kann sich auch auf das erstrecken, was der Bereicherte anstelle des Bereicherungsgegenstands erlangt hat – zum Beispiel auf den nach einem Verkauf bereits ausgegebenen Kaufpreis.

Hinter der Regelung steht der Gedanke, dass das Bereicherungsrecht den Empfänger besonders schützt, wenn er auf die Wirksamkeit des Geschäfts vertrauen durfte. Dafür sind die Umstände entscheidend. Das gilt auch bei Handeln eines Vertreters oder bei Minderjährigkeit des Bereicherten. Von einer Rückforderung Betroffene sollten diese deshalb nicht ungeprüft erfüllen. Besondere Vorsicht ist angebracht, wenn der Bereicherungsgegenstand weggegeben wurde, verbraucht wurde oder untergegangen ist.

Die Herausgabepflicht entfällt unter folgenden Voraussetzungen:

  • dem Empfänger des Vermögensvorteils war nicht bewusst, dass er diesen zurückgeben muss
  • der Empfänger hat ihn für etwas verwendet, was er sich sonst nie geleistet hätte, z. B. das Geld für eine teure Reise ausgegeben
  • nach der Verwendung ist der Vermögensvorteil und auch kein Ersatz mehr vorhanden, er ist also ersatzlos weg
  • und der Empfänger kann das im Streitfall beweisen

Entreicherung am Beispiel einer Lohnüberzahlung

Ein Arbeitnehmer hat von seinem Arbeitgeber versehentlich zu viel Lohn überwiesen erhalten. Da der Lohn regelmäßig arbeitsvertraglich fest vereinbart ist, fehlt der Rechtsgrund für die Lohnüberzahlung. Der Arbeitnehmer war das nicht bewusst. Von dem Geld leistet er sich einen Urlaub, den er sich üblicherweise nicht geleistet hätte. Juristen bezeichnen dies als Luxusaufwendungen. Bei diesen wird der Wegfall der Bereicherung nach § 818 Abs. 3 BGB pauschal bejaht.

Im Streitfall muss der Bereicherte die Entreicherung beweisen. Laut Rechtsprechung bedarf es bei einer Überzahlung von nicht mehr als 10 Prozent des Nettolohns es keiner besonderen Erklärungen, um eine Entreicherung anzunehmen (Bundesarbeitsgericht, Az.: 5 AZR 497/99).

Hat der Empfänger das Geld dagegen für Anschaffungen oder zur Tilgung seiner Schulden verwendet, gilt er nicht als entreichert. Dementsprechend muss er den Bereicherungsgegenstand herausgeben. Ist das nicht mehr möglich, muss er Wertersatz leisten.

Überträgt der Empfänger den Bereicherungsgegenstand berechtigt – aber unentgeltlich – an einen Dritten, kann der ursprüngliche Inhaber ihn herausverlangen. Verschenkt der Arbeitnehmer beispielsweise den zu viel gezahlten Lohn an einen bislang unbeteiligten Dritten, kann der Arbeitgeber ihn weiterhin vom Beschenkten fordern. Möglich macht das § 822 BGB.

Bemerken Beschäftigte, dass ihnen ungewollt zu viel Gehalt gezahlt wurde, sollten sie ihren Arbeitgeber darauf hinweisen. Das vermeidet nicht nur Ärger im Arbeitsverhältnis. Wem das Nichtbehaltendürfen bewusst war, der haftet zudem verschärft.

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Wann besteht trotz Entreicherung eine Rückgabepflicht?

Auf die zuvor dargestellte Entreicherung kann sich nicht mehr berufen, wem wegen der Bereicherung eine Klage oder ein Mahnbescheid zugestellt wurde wegen § 818 Abs. 4 BGB. Weniger Schutz genießt auch ein Bereicherter, der von der Rückgabe des Bereicherungsgegenstands ausgehen musste. Ab dem Moment seiner Kenntnis wird er nämlich durch § 819 BGB zur Herausgabe verpflichtet. Grob fahrlässige Unkenntnis der Herausgabepflicht reicht grundsätzlich nicht aus. Entscheidend für die Kenntnis ist, dass ein durchschnittlich erfahrener Laie objektiv hätte erkennen müssen, dass er kein Recht zum Behalten hatte. Als Kenntnis gilt auch das bewusste Verdrängen des Nichtbehaltendürfens. Bei Minderjährigen wird hier auf die Kenntnis ihrer gesetzlichen Vertreter, in der Regel also ihrer Eltern, abgestellt.

So entschied ein Gericht gegen einen Mann, der nach einer Fehlüberweisung von 170.000 Euro auf sein Konto einen erheblichen Teil davon verprasst und verloren hatte. Gegenüber der Bank, die das Geld zurückverlangte, berief er sich auf Entreicherung. Als Bereicherter muss er diese aber beweisen und scheiterte. Dass er von keiner Rückzahlung der 170.000 Euro ausgehen musste, hielt das Gericht für unglaubwürdig (Landgericht Hannover, Az.: 4 O 248/19).

Ebenfalls keinen Schutz vor einer Rückforderung genießt, wer kannte oder kennen musste, dass das Geschäft anfechtbar ist. Anfechtbar sind insbesondere Geschäfte im Zusammenhang mit arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung. Ebenfalls keinen Schutz genießt, wer wusste, dass die Annahme einer Leistung gegen die guten Sitten oder ein gesetzliches Verbot verstieß.

War der mit einer Leistung verfolgte Erfolgseintritt aus Sicht aller Beteiligten ungewiss und tritt der Erfolg dann nicht ein, ist der Bereicherte ab diesem Zeitpunkt ebenfalls geringer geschützt vor einer Rückforderung. Dieselbe Folge ergibt sich, wenn bei Abschluss des Geschäfts absehbar war, dass der Rechtsgrund möglicherweise entfällt und es dann dazu kommt.

In welchen Fällen ist ein Bereicherungsanspruch ausgeschlossen?

Der Anspruch nach Bereicherungsrecht kann ausgeschlossen sein durch die Paragrafen 814, 815 und 817 BGB. Diese betreffen nur Fälle, in denen zuvor eine Leistung erfolgte. Wer die Herausgabe des Bereicherungsgegenstands von einem anderen verlangt, muss also zuvor etwas bewusst und zweckgerichtet zugewendet haben.

Keine Rückforderung bei Leistung ohne Verpflichtung

§ 814 BGB schließt die Rückforderung aus, wenn der Leistende wusste, dass er nicht zur Leistung verpflichtet war und dennoch leistet. Schließlich hätte er das und damit die Rückforderung vermeiden können.

Dieses Verhalten will das Bereicherungsrecht nicht schützen und versagt deshalb den Bereicherungsanspruch. Eine Rückforderung ist jedoch möglich, wenn die Leistung zuvor unter Vorbehalt, nicht freiwillig oder im Vertrauen auf eine erst künftig entstehende Verpflichtung erfolgte.

Keine Rückforderung bei sittlicher Pflicht oder Rücksichtnahme

Der Leistende kann aufgrund § 814 BGB keine Rückforderung verlangen, wenn seine Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach. Einer sittlichen Pflicht entsprechen kann z. B. die Unterhaltsgewährung gegenüber einer bedürftigen Person, zu der eine besondere persönliche Bindung besteht. Das können beispielsweise im Haushalt lebende Stiefkinder sein. Was den guten Sitten entspricht, bestimmt jedoch stets die gerade vorherrschende Sichtweise in der Gesellschaft und kann sich entsprechend ändern.

Keine Rückforderung bei Kenntnis unmöglichen Erfolgseintritts

§ 815 BGB schließt die Rückforderung aus, wenn der Leistende wusste, dass der mit der Leistung bezweckte Erfolg nicht eintreten konnte. Grund für diese Regel ist, dass eine Herausgabepflicht besteht, wenn der mit einer Leistung bezweckte Erfolg nicht eintritt.

Wer jedoch leistet und von dem unmöglichen Erfolgseintritt wusste, der soll nicht davon profitieren. Dasselbe gilt, wenn der Leistende, den Erfolgseintritt treuwidrig verhindern will.

Keine Rückforderung bei Kenntnis verbotener oder sittenwidriger Leistungen

Am häufigsten verhindert die Herausgabe der § 817 S. 2 BGB. Dieser trifft Leistungsempfänger und Leistenden. Wussten sie, dass ein Geschäft verboten oder sittenwidrig war, ist eine Rückforderung ausgeschlossen.

Ein typischer Anwendungsfall ist Schwarzarbeit. Diese ist durch das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit gesetzlich verboten und entsprechende Vereinbarungen sind deshalb unwirksam. Damit fehlt der Rechtsgrund. Dennoch scheiden Bereicherungsansprüche wegen des gesetzlichen Verbots (Bundesgerichtshof, Az.: VII ZR 216/14).

Gegen die guten Sitten verstößt beispielsweise ein Wucherdarlehen. Zurückzuzahlen ist zwar der Darlehensbetrag, da dieser ohnehin zurückzuzahlen wäre, nicht aber wegen § 817 BGB die Zinsen.

Eingeschränkte Rückforderung bei unwirksamen Gesellschaftsvertrag

Eine besondere Ausnahme gilt bei unwirksamen Gesellschaftsverträgen. Obwohl der Rechtsgrund für im Zusammenhang mit der Gesellschaft erfolgten Leistungen fehlt, erfolgt keine Rückabwicklung nach dem Bereicherungsrecht. Grund ist der dafür notwendige Aufwand, der umso immenser ist, je länger die Gesellschaft bereits Geschäfte getätigt hat.

Hat die Gesellschaft bereits rechtliche Handlungen gegenüber Dritten vorgenommen, gilt folglich kein Bereicherungsrecht. Der unwirksame Gesellschaftsvertrag wird für die Vergangenheit als wirksam behandelt. Ausnahmsweise wird doch Bereicherungsrecht angewendet, wenn Minderjährige an der Gesellschaft beteiligt sind oder diese einen illegalen Zweck verfolgte.

Ausnahmen gelten auch bei unwirksamen Arbeitsvertrag

Stellt sich ein Arbeitsvertrag als unwirksam heraus, fehlt die Rechtsgrundlage für das Arbeitsverhältnis. Infolgedessen müsste hier ebenfalls Bereicherungsrecht zur Anwendung kommen. Wurde die Arbeit jedoch bereits ausgeübt, wäre die Rückabwicklung problematisch für beide Seiten. Ein Mitarbeiter könnte gegenüber einer Lohnrückforderung Entreicherung einwenden. Schwierig wäre auch der für die Arbeitsleistung zu ermittelnde Wertersatz.

Nach den Grundsätzen des fehlerhaften Arbeitsverhältnis gilt deshalb eine Ausnahme vom Bereicherungsrecht. Der Arbeitsvertrag wird für die Vergangenheit so behandelt, als ob er wirksam war. Ausnahmen hiervon gelten wiederum insbesondere, wenn sie zulasten Minderjähriger gehen oder der Arbeitsvertrag durch arglistige Täuschung zustandekommen ist. Letzteres kann der Fall sein, wenn ein Bewerber über seine Qualifikationen getäuscht hat.

Wann verjähren Bereicherungsansprüche?

Bereicherungsansprüche unterliegen der gesetzlichen Regelverjährung. Der Zeitraum dieser Verjährung beträgt drei Jahre ausgehend vom Ende des Jahres, in dem der Bereicherungsanspruch entstanden ist und der Inhaber Kenntnis davon erlangt wurde beziehungsweise hätte erlangt werden müssen. Ein Bereicherungsanspruch aus dem Jahr 2023 verjährt danach mit Ablauf des Jahres 2026. Bereicherte können die Rückgabe dann mit Verweis auf die Verjährung verweigern.

Ansprüche verjähren im Einzelfall jedoch unterschiedlich. Damit die Verjährung beginnt, muss der Anspruchsinhaber die Leistung und die Tatsachen kennen oder hätte erkennen müssen, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrunds ergibt. Die Rechtslage muss er jedoch nicht kennen. Verschiedene Ereignisse können den Ablauf der Verjährung hemmen und so die Verjährungsfrist hinausschieben. Andererseits können insbesondere vertragliche Vereinbarungen der Geltendmachung eines Bereicherungsanspruchs vor Verjährungsablauf entgegenstehen. Entsprechende Ausschlussklauseln finden sich zum Beispiel in Arbeitsverträgen.

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(GUE)

Foto(s): ©Adobe Stock/Africa Studio

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