Beseitigungsanspruch gegen Überbau auf Wegerecht

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Der Inhaber eines Wegerechtes, welches ihm im Wege einer Grunddienstbarkeit gegenüber dem dienenden Grundstück eingeräumt ist, kann die Beseitigung einer auf der für das Wegerecht genutzten Fläche entstandenen Bebauung auch dann verlangen, wenn die bauliche Nutzbarkeit etwa zu Wohnzwecken beschränkt worden oder ganz weggefallen ist.


In diesem Sinne hat der BGH mit Urteil vom 18.7.2008 – V ZR 171/07 einen Fall entschieden, in dem der Eigentümer des mit der Grunddienstbarkeit verpflichteten Grundstückes dieses nach dem Erwerb im Wege der Zwangsversteigerung mit einem Erweiterungsbau für ein Kino versehen und hierbei die Fläche für das Wegerecht überbaut hatte, welches allerdings nach dem Auszug des letzten Mieters im Jahre 1984 ebenso wie das herrschende Hausgrundstück selbst nicht mehr genutzt wurde.


Zunächst sei die Grunddienstbarkeit nicht schon allein wegen Wegfalls des Vorteils für das herrschende Grundstück i.S.d. § 1019 S.1 BGB erloschen. Denn ohne das Wegerecht hätte das Grundstück keine Verbindung zur öffentlichen Straße mehr und wäre damit ein so genanntes „gefangenes Grundstück“. Dies gelte unabhängig von einer etwaigen öffentlich-rechtlichen Nutzungsbeschränkung, da eine Grunddienstbarkeit dem Berechtigten eine selbständig auf dem Privatrecht beruhende Rechtsstellung einräume. Entsprechend der Regelung des Überbaues auf fremdem Grundeigentum, § 912 Abs. 1 BGB, sei der Berechtigte auch nicht etwa aus § 1004 Abs. 2 BGB zur Duldung verpflichtet. Denn der Verpflichtete selbst sei bei der Ersteigerung des Grundstückes im Termin darauf hingewiesen worden, dass das in Abteilung II des Grundbuches eingetragene Wegerecht bestehen bleibe. Dessen Nichtbeachtung sei zumindest grob fahrlässig. Allerdings könne die Geltendmachung der Beseitigung im vorliegenden Fall gemäß § 275 Abs. 2 BGB unverhältnismäßig sein: dies beurteile sich danach, ob eine Beseitigung in Abwägung der Vorteile einer Durchsetzung des Anspruches aus dem Wegerecht mit den dafür erforderlichen Aufwendungen für den zumindest teilweisen Abriss des Neubaus dem Grundstückseigentümer zumutbar sei. Über die entsprechende Einrede vermochte der BGH noch nicht abschließend zu befinden, weil die hierfür erforderlichen Tatsachenfeststellungen noch nicht getroffen worden waren. Hierbei könne jedoch auch unter Berücksichtigung eines erheblichen Verschuldens des Überbauenden letztendlich die Abwägung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu seinen Gunsten ausfallen, wenn beispielsweise der Berechtigte mit dem Beseitigungsverlangen in vorwerfbarer Verletzung seiner Schadensminderungspflicht solange zuwarte, bis die Aufwendungen des Grundstückseigentümers für den Abriss erst ein wesentliches Missverhältnis zu den Vorteilen des Anspruches aus der Grunddienstbarkeit erreicht hätten.


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