Chaotische Kassenführung als Kündigungsgrund?

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Arbeitgeber können ein Arbeitsverhältnis unter bestimmten Voraussetzungen kündigen. Dabei muss aber immer der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt sein.

Unter welchen Umständen eine Kündigung unverhältnismäßig und deswegen unwirksam sein kann, hat das Landesarbeitsgericht Köln entschieden (LAG Köln, Urteil v. 30.01.2020, Az.: 6 Sa 467/19).

Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten

Wenn ein Arbeitnehmer gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstößt, kann das zur – verhaltensbedingten – Kündigung durch den Arbeitgeber führen. Nicht immer reicht aber ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers aus, um eine Kündigung zu rechtfertigen.

Nach § 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist eine Kündigung wegen eines Fehlverhaltens unwirksam, wenn sie nicht sozial gerechtfertigt ist – also unverhältnismäßig in Bezug auf das konkrete Fehlverhalten.

Unsaubere Buchführung und Fehlbestände: Kündigung

Im Fall vor dem Landesarbeitsgericht war der 56-jährige Arbeitnehmer seit 2011 – zunächst ehrenamtlich, seit 2014 festangestellt – für einen gemeinnützigen Verein als „Leiter des Sozialbereichs“ tätig. Vereinbart war eine Wochenarbeitszeit von 30 Stunden pro Woche. Eine gute Stunde wöchentlich entfiel auf „die jährliche Erstellung und ggf. Aktualisierung eines eigenen Budgetplans, laufende Buchführung und Überwachung der Einnahmen und Ausgaben“. So war es in Unterpunkt 10 seiner Teilaufgaben festgelegt.

Nun hatte der Arbeitnehmer einen Realschulabschluss und darüber hinaus keine weitere kaufmännische Vor- oder Ausbildung. Dementsprechend sah seine Kassenführung aus. Nachdem der Arbeitgeber nach sieben Jahren der Tätigkeit im Jahr 2018 die Kasse erstmals intensiv prüfte, stellte er gravierende Mängel fest. Diese Mängel waren nach einer Beanstandung gegenüber dem Arbeitnehmer auch bei einer weiteren Prüfung einige Monate später nicht behoben worden.

Deshalb kündigte der Arbeitgeber diesem Arbeitnehmer. Dagegen wehrte der sich mit einer Kündigungsschutzklage. Dieser Klage gab das Arbeitsgericht und auch das LAG Köln statt und gab dem Arbeitnehmer damit Recht.  

Was sagt das LAG Köln?

Die Kündigung des Arbeitgebers ist nach Ansicht des Gerichts unwirksam, weil sie unverhältnismäßig war. Es habe viele mildere Mittel gegeben, auf die der Arbeitgeber vor der Kündigung hätte zurückgreifen müssen. Das LAG nennt beispielhaft eine kaufmännische Fortbildung oder ein externes Coaching, aber auch schlicht den Entzug der Kassenführung.

Der Arbeitnehmer sei lediglich zu einem Dreißigstel seiner Arbeitszeit hiermit befasst gewesen, hätte also ausreichend andere Tätigkeiten zu erledigen gehabt. Wäre die korrekte Kassenführung dem Arbeitgeber so wichtig gewesen, hätte er nach Ansicht des Gerichts bereits bei der ersten Prüfung dem Arbeitnehmer diese Aufgabe entziehen müssen.

Es sei bereits zu diesem Zeitpunkt erkennbar gewesen, dass das Wissen des Arbeitnehmers für eine ordnungsgemäße Kassenführung nicht ausgereicht habe. Ein Entzug der Kassenführung hätte entsprechende Schlechtleistungen für die Zukunft verhindert. Eine Kündigung aus diesem Grund wäre so nicht erforderlich gewesen.

Fazit: Kündigung kann unverhältnismäßig sein

Mancher Arbeitgeber ist mit einer Kündigung schnell bei der Hand. Häufig hat vielleicht auch wirklich ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers vorgelegen. Dennoch ist eine Kündigung wegen eines Fehlverhaltens nicht immer wirksam, wie man an diesem Fall sehen kann. Gibt es andere Möglichkeiten, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen (ggf. auch zu schlechteren Arbeitsbedingungen) oder ihn für seine Tätigkeit entsprechend fortzubilden, kann eine Kündigung unverhältnismäßig und damit unwirksam sein.

Sie haben von Ihrem Arbeitgeber die Kündigung bekommen, weil Sie Aufgaben nicht in seinem Sinne erfüllen? Sie wären aber bereit, eine Weiterbildung o.ä. zu besuchen, um Ihre Defizite zu beheben?

Sprechen Sie mich an! Ich prüfe gerne für Sie, ob die Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen unwirksam ist. Telefonisch erreichen Sie mich in Augsburg unter 0821 508 526 60 oder schreiben Sie eine E-Mail an kanzlei@schleifer-arbeitsrecht.de.


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