Corona und künstliche Beatmung – nutzt oder schadet die Patientenverfügung?

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Patientenverfügungen sind individuell. Trotzdem entscheidet sich fast jeder, der eine Patientenverfügung macht, für irgendeinen der gängigen Vordrucke und die dort meist angebotenen Wahlmöglichkeiten.

Wenn Sie eine Patientenverfügung haben, schauen Sie sich jetzt an, denn:

Viele Vordrucke und Textbausteine, so auch die (durchaus empfehlenswerte) Broschüre des Ministeriums für Justiz, beschreiben als exemplarische Behandlungssituation, in der die Patientenverfügung wirken soll:

„Wenn

  • ich mich aller Wahrscheinlichkeit nach unabwendbar im unmittelbaren Sterbeprozess befinde
  • ich mich im Endstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden Krankheit befinde, selbst wenn der Todeszeitpunkt noch nicht absehbar ist“

Für diese Situationen kann man – was der Sinn der Patientenverfügung ist – nun bestimmte ärztliche Maßnahmen wünschen oder ablehnen, so auch die künstliche Beatmung:

„In den oben beschriebenen Situationen wünsche ich

  • eine künstliche Beatmung, falls dies mein Leben verlängern kann.

oder

  • dass keine künstliche Beatmung durchgeführt bzw. eine schon eingeleitete Beatmung eingestellt wird, unter der Voraussetzung, dass ich Medikamente zur Linderung der Luftnot erhalte. Die Möglichkeit einer Bewusstseinsdämpfung oder einer ungewollten Verkürzung meiner Lebenszeit durch diese Medikamente nehme ich in Kauf.“

Ergebnis: Haben Sie diese Textbausteine in Ihrer Patientenverfügung, verzichten Sie bei entsprechender Auswahl im Falle einer Corona-Infizierung mit schweren Verlauf auf künstliche Beatmung.

Jetzt können Sie einwenden: Ja, aber für so einen Fall wie die akute Corona-Pandemie war das nicht gemeint. Und ich würde Ihnen zustimmen, denn die meisten Patientenverfügungen werden mit der Wunschvorstellung errichtet, das man nach einem langen (möglichst sehr langen), erfüllten Leben nicht die letzten drei Monate an Schläuchen hängen will. Allerdings gilt eine Patientenverfügung grundsätzlich unabhängig von der Art und dem Stadium einer Erkrankung, also auch im Falle einer Corona-Erkrankung. Wenn Sie tatsächlich für die aktuelle Situation etwas anders wollten, als Sie in Ihrer Patientenverfügung niedergelegt haben, wäre Ihr wirklicher Wille zwar rechtlich immer beachtlich – aber soll das Ihr Partner, oder wen Sie auch immer mit der Durchsetzung Ihrer Patientenverfügung bevollmächtigt haben, das ernsthaft mit hochbelasteten Ärzten vor der Intensivstation diskutieren müssen?

Wenn Sie im Falle einer Corona-Infizierung nach allen Regeln der ärztlichen Kunst behandelt werden wollen, gibt es nur eins: Schreiben Sie auf Ihre Patientenverfügung, dass die Verfügung nicht für den Fall einer Corona-Erkrankung gilt. Und am besten schreiben Sie es noch heute dazu.


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