Die gesetzliche Erbfolge im griechischen Recht

  • 3 Minuten Lesezeit

Für Sterbefälle ab dem 17. August 2015 gilt die Europäische Erbrechtsverordnung (EUErbVO). Die EuErbVO bestimmt in grenzüberschreitenden Fällen welches Recht anzuwenden ist. Kommt das griechische Recht zur Anwendung, stellt sich die Frage, was mit dem Vermögen des Erblassers geschieht.

Hinterlässt der Verstorbene kein Testament, ist dieses unwirksam oder sind die in dem Testament benannten Erben bereits schon verstorben, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Die gesetzliche Erbfolge bestimmt wer den Erblasser zu welcher Quote beerbt. Das griechische Gesetz teilt die möglichen Erben nach dem Grad der Verwandtschaft in sogenannte Ordnungen ein. An erster Stelle stehen die Kinder des Verstorbenen (Erben erster Ordnung). Diese erben zu gleichen Teilen. Überlebt keiner der Erben der ersten Ordnung den Erblasser, sieht das Gesetz die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Geschwister des Erblassers, Nichten, Neffen und deren Kinder) als Erben der zweiten Ordnung vor. Hinterlässt der Erblasser keine eigenen Kinder und sind seine Eltern bereits verstorben, so sind die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, also die Onkel und die Tanten des Erblassers und deren Abkömmlinge als Erben der dritten Ordnung berufen.

Des Weiteren findet sich im griechischen Recht auch das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten. Der hinterbliebene Ehepartner ist, neben Verwandten der ersten Ordnung, mit einem Anteil von 1/4 am gesamten Erbe beteiligt. Hat der Erblasser keine Kinder gehabt und erben Personen der zweiten oder der dritten Ordnung, so erhält der Ehepartner die Hälfte des Nachlassvermögens. Gibt es zum Zeitpunkt des Todes keine Verwandten, so wird der hinterbliebene Ehepartner als Alleinerbe des gesamten Erbes berufen.

Durch den Tod eines Ehegatten wird der gesetzliche Güterstand zwischen den Eheleuten beendet. Unterliegt die Eheschließung griechischem Recht, sieht das griechische Recht in diesem Fall vor, dass der verbliebene Ehegatte auf Grund einer gesetzlichen Vermutung mindestens 1/3 des Zugewinns, der dadurch entstanden ist, dass der verbliebene Ehegatte zur Vermehrung des Vermögens des Verstorbenen seit der Eheschließung beigetragen hat, verlangen kann. Maßgebend sind hier die Vermögensverhältnisse zum Zeitpunkt des Todes. Dem hinterbliebenen Ehegatten steht zudem, unabhängig von der Ordnung der Verwandten, das sogenannte Voraus, d.h. ein Erbteil bezüglich derjenigen Gegenstände, die zum Haushalt gehören, zu.

Zu beachten ist jedoch, dass der Ehegatte nur dann erbberechtigt ist, wenn die Ehe zwischen dem Verstorbenen und dem hinterbliebenen Ehegatten zum Zeitpunkt des Todes rechtsgültig bestanden hat. Nicht erbberechtigt ist der Ehegatte dann, wenn der Verstorbene noch vor seinem Tod eine Klage auf Scheidung erhoben hat.

Beispiel: 

M war deutscher Staatsbürger. Er lebte zum Todeszeitpunkt mit seiner Ehefrau und der gemeinsamen Tochter seit zehn Jahren ununterbrochen in Griechenland. M war Eigentümer eines Grundstückes in Griechenland und hatte in Deutschland ein Vermögen von 300.000 Euro. M hat kein Testament hinterlassen.

Die Erbschaftsfragen, die nach dem Tod des M auftreten, sind nach griechischem Recht zu beantworten, da der M in Griechenland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Damit stellt sich die Frage, wie die griechische Rechtsordnung das Erbrecht regelt.

Da M kein Testament hinterlassen hat, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Da die Tochter des M lebt, sind die möglichen Erben der zweiten und dritten Ordnung von der Erbschaft ausgeschlossen. 

Demzufolge erbt die Ehefrau von M nach der griechischen Rechtsordnung anteilig je 1/4 des Grundstücks in Griechenland und 1/4 des Vermögens in Deutschland. Hat sie zur Vermehrung des Vermögens des M in Höhe von 300.000 Euro beigetragen, erhält sie von den 300.000 Euro ein weiteres Drittel auf Grund der gesetzlichen Vermutung und damit insgesamt 175.000 Euro (1/4 x 300.000 Euro + 1/3 x 300.000 Euro). Da keine weitere Erben vorhanden sind, erbt die Tochter anteilig jeweils 3/4 des Grundstücks in Griechenland und die restlichen 125.000 Euro aus dem Vermögen in Deutschland.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Anastasios Savidis

Beiträge zum Thema