Dienstunfähigkeit von Beamten: Weiterverwendung vor Versorgung

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Gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 Bundesbeamtengesetz (BBG) ist ein Beamter auf Lebenszeit dienstunfähig, wenn er wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist.

Richtiger Prüfungsmaßstab für Dienstunfähigkeit

Für die Annahme der Dienstunfähigkeit genügt es jedoch nicht, dass der Beamte die Aufgaben des von ihm wahrgenommenen Amtes im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten) nicht mehr erfüllen kann. Vielmehr ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit das dem Beamten zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinn. Es umfasst alle bei der Beschäftigungsbehörde dauerhaft eingerichteten Dienstposten, auf denen der Beamte amtsangemessen beschäftigt werden kann. Daher setzt Dienstunfähigkeit voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist (u. a. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 23. September 2004, Az.: 2 C 27.03).

Reicht die Leistungsfähigkeit des Beamten für einen Teil der amtsangemessenen Dienstposten aus, sind diese aber besetzt, so hängt die Dienstunfähigkeit von den personellen und organisatorischen Gegebenheiten bei der Beschäftigungsbehörde ab. Der Beamte ist weiterhin dienstfähig, wenn ein geeigneter Dienstposten entweder für ihn freigemacht oder durch organisatorische Änderungen eingerichtet werden kann. Daran fehlt es, wenn derartige Maßnahmen die sachgemäße und reibungslose Erfüllung der dienstlichen Aufgaben beeinträchtigen würden

Weiterverwendung vor Versorgung bei Dienstunfähigkeit

Ist der Beamte unter Zugrundelegung der vorgenannten Kriterien dienstunfähig, gilt jedoch der Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“. Dies folgt aus § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG, wonach nicht in den Ruhestand versetzt wird, wer anderweitig verwendbar ist. Eine anderweitige Verwendung ist gem. § 44 Abs. 2 BBG möglich, wenn ein anderes Amt, auch einer anderen Laufbahn, übertragen werden kann. Die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung ist zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und zu erwarten ist, dass die Beamtin oder der Beamte den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes genügt.

Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann einer Beamtin oder einem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch gem. § 44 Abs. 3 BBG eine geringerwertige Tätigkeit übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist.

Verpflichtung des Dienstherrn zur Suche

Der Dienstherr ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verpflichtet, nach einer anderweitigen Verwendung des Beamten zu suchen (Urteil vom 26.03.2009, Az.: 2 C 73.08, Rn. 25). Die Suche ist regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken. Dabei muss sich die Suche auch auf Dienstposten erstrecken, die in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sind.

Kann in einem Klageverfahren gegen die Zurruhesetzung des Beamten wegen Dienstunfähigkeit nicht aufgeklärt werden, ob der Dienstherr seiner Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung genügt hat, geht dies zu seinen Lasten. Eine Versetzung des Beamten in den Ruhestand ist dann unzulässig.

Rechtsanwalt Dr. Thomas Schwarz, Koblenz
Fachanwalt für Verwaltungsrecht


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