Entschädigung bei Betriebsschließungen in Zeiten der Corona-Krise

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Betriebsschließungen aufgrund der Corona-Krise

Mit den bundesweiten Allgemeinverfügungen einhergehend ist die wirtschaftliche Existenz vieler (Klein)Unternehmer bedroht. Etliche Gastronomiebetriebe mussten schließen, aber auch der Großteil des Einzelhandels, ist – bis auf wenige Ausnahmen – von den Regelungen der Allgemeinverfügungen betroffen. Zudem ist auch der Betrieb von Gewerben, die Dienstleistungen im Bereich der Körperpflege anbieten (Friseure, Kosmetikstudios, Massagesalons, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe) untersagt.

Für die betroffenen Unternehmerinnen und Unternehmer stellt sich nunmehr die Frage, ob neben den staatlichen Rettungspaketen weitere Möglichkeiten bestehen, Entschädigung bzw. Schadensersatz für die Betriebsschließungen zu verlangen, die aufgrund der behördlichen Anordnungen erfolgten.

1. Entschädigung nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (IfSG)

Grundsätzlich trägt der Arbeitgeber als Inhaber eines Unternehmens das Betriebsrisiko. Eine allgemeine Entschädigungsklausel für durch rechtmäßige Maßnahmen verursachte Vermögensschäden existiert dabei im IfSG nach der derzeitigen Rechtslage nicht. Anders als für die Entschädigungen bei Tätigkeitsverboten gem. § 56 Abs. IfSG gibt es für betroffene Unternehmerinnen und Unternehmer bei Betriebsschließungen also keine direkte Regelung im IfSG. Juristisch betrachtet stellt sich die Frage, ob Betriebsschließungen gleichzusetzen mit den Tätigkeitsverboten aufgrund des IfSG sind, wenn man insbesondere den Sinn und Zweck des § 56 IfSG näher betrachtet, denn so kämen dann auch betroffene Unternehmerinnen und Unternehmer in den Kreis der Anspruchsberechtigten nach dem IfSG.

Heranzuziehen wäre der Rechtsgedanke des Sonderopfers, da die Betriebsschließungen einen enteignenden Eingriff darstellen, der letztlich über § 28 IfSG gerechtfertigt wird. Die Frage der analogen Anwendung des IfSG im Falle von Entschädigungsansprüche kann nicht abschließend beantwortet werden, da die Rechtsprechung hierzu noch nicht gefestigt ist. Rechtsanwalt Christian Reckling berät betroffene Unternehmer umfassend über ihre Rechte bei Betriebsschließungen. Dazu gehört auch, dass er gemeinsam mit seinen Partnern der Kanzlei SCHLÖMER & SPERL Rechtsanwälte juristisch denkbare Wege in einer für die Rechtsprechung neuen Rechtslage einschlagen müssen, um mögliche Entschädigungsansprüche aus allen rechtlichen Blickwinkeln zu betrachten.

2. Weitere Anspruchsgrundlagen bei Betriebsschließungen

Nicht außer Acht gelassen werden sollten die Entschädigungsgrundlagen aus dem allgemeinen Gefahrenabwehrrecht. Aber auch das Gewohnheitsrecht kommt bei bei rechtmäßigen Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zur Anwendung, da sowohl das allgemeine Gefahrenabwehrrecht als auch das Gewohnheitsrecht durch die Regelungen im IfSG nicht ausgeschlossen sind.

Zu denken ist also jeweils an die landesgesetzlichen Regelungen des Gefahrenabwehr- und Ordnungsrechts. Denn diese sehen für Nichtstörer, d. h. den Unternehmern, Entschädigungsansprüche vor, wenn die Maßnahme rechtmäßig war, sprich die angeordnete Betriebsschließung. Die Entschädigungsansprüche aus Sicht eines sog. Nichtstörers haben dabei den Vorteil, dass diese verschuldensunabhängig sind.

Hierbei ist der Einzelfall genauestens zu betrachten und zu prüfen, ob und inwieweit ein konkreter Schaden durch die behördliche Maßnahme entstanden ist. Die Ansprüche sollten dann schnellstmöglich bei der jeweils zuständigen Behörde angemeldet werden.

3. Ansprüche bei behördlichen rechtswidrigen Maßnahmen

Die vorgenannten rechtlichen Ausführungen zu den Entschädigungsregelungen gelten natürlich auch in dem Fall, in dem die behördliche Maßnahme rechtswidrig ist. Neben dem Entschädigungsanspruch aus § 56 Abs. 1 IfSG kommen dann auch die Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche aus dem allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht in Betracht. Ebenso Ansprüche aus Amtshaftung sind denkbar, die auch verschuldensunabhängig gelten.

4. Aktuelle Rechtsprechung

Das OVG Münster hatte in einem aktuellen Fall zu entscheiden, ob die Betriebsschließung aufgrund der Allgemeinverfügung in Nordrhein-Westfalen rechtmäßig war (Beschl. v. 06.04.2020 – 13 B 398/20.NE). Das Oberverwaltungsgericht stellte dabei u. a. fest, dass das durch die Betriebsuntersagung in erster Linie betroffene Berufsfreiheit gegenüber dem Schutz von Leben und Gesundheit zurücktrete. Zudem sei die angegriffene Regelung voraussichtlich rechtmäßig. Sie habe im Infektionsschutzgesetz des Bundes auch eine hinreichende gesetzliche Grundlage. Die im konkreten Einzelfall zu prüfende Betriebsuntersagung belaste die betroffenen Unternehmen nicht unangemessen. 

Nicht entschieden wurde jedoch über mögliche Entschädigungsansprüche aufgrund der Betriebsschließung, da diese Ansprüche zunächst grundsätzlich außergerichtlich form- und fristgerecht bei der zuständigen Behörde einzureichen sind. Dies sollten betroffene Unternehmen rechtlich prüfen lassen, ob und inwieweit ihnen Entschädigungs- oder auch Schadensersatzansprüche zustehen. 



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