Erneute Stärkung der Stellung des Pflichtteilsberechtigten gegenüber Erben

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Wird eine Immobilie vom Erblasser selbst kurz vor seinem Tod veräußert, so steht einem Pflichtteilsberechtigten nach dessen Tod das Recht auf Vorlage des Kaufvertrages nebst Einsichtsrecht in das Grundbuch zu.

1.

Die Rechte von Pflichtteilsberechtigten sind schon in den einschlägigen erbrechtlichen Gesetzestexten vom (historischen) Gesetzgeber tendenziell zugunsten des Pflichtteilsberechtigten und insoweit konträr zu Lasten der Testierfreiheit des Erblassers gestaltet. Ein Erblasser kann insoweit noch lange nicht alles mit seinem Vermögen machen, sofern durch seine Handlungen die Rechte von potenziell Pflichtteilsberechtigten eingeschränkt werden.

2.

Erst jüngst hat die obergerichtliche Rechtsprechung ein umfassendes Recht des Pflichtteilsberechtigten auf Grundbucheinsicht bestätigt (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 5.9.2013 - 11 Wx 57/13). Der Fall: Ein Mann war von seiner Mutter testamentarisch auf den Pflichtteil gesetzt worden war. Diese hatte etwa ein Jahr vor ihrem Ableben ihre Eigentumswohnung an einen Dritten veräußert.

Dem Antrag des pflichtteilsberechtigten Sohnes beim Grundbuchamt auf Überlassung einer Abschrift des Kaufvertrages sowie eines Grundbuchauszuges wollte das Grundbuchamt nicht nachkommen, da es am berechtigten Interesse des pflichtteilberechtigten Sohnes fehle.

Richtigerweise hat das angerufene Grundbuchamt eine Abwägung zwischen dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Erwerbers und neuen Eigentümers der Immobilie bei seiner Ermessensentscheidung berücksichtigt, jedoch bei seiner Entscheidung die Rechte des Pflichtteilsberechtigten nach Ansicht der Karlsruher Richter rechtswidrig verkürzt.

Nach Ansicht des Gerichts werde der Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten schon durch ein aufgrund der Sachlage gerechtfertigtes Interesse begründet, welches lediglich tatsächlicher Natur, insbesondere wirtschaftlich geprägt sein könne. Allein schon aus der Gläubigerstellung des Pflichtteilsberechtigten gegenüber Erben stehe ihm ein solches berechtigtes Interesse zu. Dies auch dann, wenn der Erblasser selbst das Grundstück zu seinen Lebzeiten verkauft habe.

Es liegt auf der Hand, dass ein Pflichtteilsberechtigter den Umfang des Nachlasses nur zur Kenntnis nehmen kann, wenn ihm u. a. bekannte Übertragungs-/Veräußerungsverträge des Erblassers bekannt sind, da er nur dann eine möglich Teilunentgeltlichkeit oder völlige Unentgeltlichkeit eines Kaufvertrages (z. B. Schenkung der Immobilie an einzelne Kinder etc.) prüfen kann. Ohne in den Kaufvertrag Einsicht nehmen zu können, würden die Rechte des Pflichtteilsberechtigten verkürzt.

3.

Die jüngste Entscheidung stärkt besonders die Auskunfts- und Einsichtnahmerechte von Pflichtteilsberechtigten. Denn nicht selten werden künftige Erblasser z. B. von Familienangehörigen „dazu bewegt" ihre Immobilie weit unter Wert - nicht selten an spätere Erben - „formell", also offiziell zu verkaufen, um künftigen Pflichtteilsansprüchen die Grundlage zu entziehen.

4.

Darüber hinaus soll ein Pflichtteilsberechtigter in die Lage versetzt werden, überprüfen zu können, ob der in einem notariellen Kaufvertrag niedergelegte Kaufpreis tatsächlich vollständig dem Verkäufer/Erblasser zugeflossen ist und wo dieser ggf. verblieben (!) ist.


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