Fluggastrecht – zur Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher anwaltlicher Kosten

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Der nachfolgende Beitrag behandelt die Abwicklung eines Falles aus dem Bereich der Fluggastrechte (EG-Verordnung 261/2004).

Schwerpunkt

Zur Erstattungsfähigkeit von außergerichtlichen anwaltlichen Kosten der notwendigen Rechtsverfolgung.

Ausgangslage

Unsere Mandantschaft wollte von Leipzig/Halle (LEJ) nach Fuerteventura (FUE) fliegen. Leider hatte der Flug eine (große) Flugverspätung von mehr als 17 Stunden.

Bei Flügen innerhalb der EU steht dem Fluggast eine Ausgleichszahlung von € 400,00 pro Person zu, wenn der Flug mit mehr als drei Stunden Verspätung am letzten Zielort ankommt und die Entfernung mit 1.501 Km oder mehr zu bemessen ist. Die Entfernung lag hier bei 3.686 km und die Verspätung war mit über 17 Stunden auch „groß“.

Unsere Mandantschaft hat die Airline mit Schreiben vom 11.01.2016 unter Frist bis zum 01.02.2016 zur Zahlung aufgefordert. Passiert ist (zunächst) nichts.

Sodann hat unsere Mandantschaft uns am 03.02.2016 mit der – zunächst außergerichtlichen – Durchsetzung der Ausgleichsansprüche beauftragt. Daraufhin haben wir mit anwaltlichem Schreiben vom 03.02.2016 die Airline unter Darlegung der Tatsachen- und Rechtslage ebenfalls unter Frist bis zum 20.02.2016 zur Zahlung aufgefordert.

Mit Schreiben vom 05.02.2016 erklärte die Airline unserer Mandantschaft gegenüber, sie werde binnen der nächsten zwei bis drei Wochen die Zahlung veranlassen und hat dies Ende Februar 2016 auch getan.

Die entstandenen Rechtsanwaltskosten wollte die Airline allerdings nicht übernehmen. Unsere Mandantschaft hätte nämlich unproblematisch – so die Airline – noch ein wenig warten können. Man hätte sich nicht unmittelbar in anwaltliche Begleitung begeben müssen.

Zu Recht?

Das Urteil

Nein, urteilte das Gericht. Die Airline wurde zur Zahlung der außergerichtlichen anwaltlichen Kosten der Rechtsverfolgung verurteilt.

Das Gericht führte aus:

„Die Fristsetzung der Kläger in ihrem Erstschreiben vom 11.01.2016 zum 01.02.2016 ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Frist übersteigt 2 Wochen. Eine solche Frist ist regelmäßig ausreichend, von der Gegenseite Zahlung auf einen berechtigten Anspruch, zumindest aber eine Reaktion erwarten zu dürfen. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte in Deutschland eine Niederlassung unterhält. Zur Überzeugung des Gerichts war deswegen die der Beklagten gesetzte Frist nicht zu kurz. Dies gilt auch dann, wenn – wie behauptet wurde – die Zahlungen über den Sitz der Beklagten in der Türkei abgewickelt werden. Zum einen ist es ohne Weiteres nicht nachvollziehbar, weswegen allein die Überschreitung der Landesgrenze dazu führt, einen berechtigten Anspruch innerhalb von mehr als zwei Wochen nicht prüfen und ggf. zu befriedigen zu können. Zum anderen stehen auch die erforderlichen Banklaufzeiten dem nicht entgegen. Für diesen einfach gelagerten Fall reichte deswegen die Gewährung einer Prüfungsfrist von jedenfalls mehr als 2 Wochen zur Überzeugung des Gerichts aus.“

(AG Eilenburg, Urteil vom 18.10.2016, Az.: 4 C 304/16)

Das Urteil ist rechtskräftig.

Stellungnahme

Das Urteil macht in erfrischender Weise deutlich, dass Fluggäste sich nicht „hinhalten“ lassen müssen. Es reicht aus, wenn die Airline unter angemessener Frist zur Zahlung aufgefordert wird.

Mittlerweile hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die außergerichtlichen anwaltlichen Kosten selbst dann erstattungsfähig sind, wenn der Fluggast überhaupt kein Aufforderungsschreiben versendet hat. Voraussetzung aber ist, dass die Airline den Fluggast zuvor vor Ort – also am Flughafen – über seine Rechte bei einer Flugirritation nicht informiert hat.

Wir empfehlen dennoch immer, zumindest einmal selber zu schreiben. Nach Ablauf der Frist ist in jedem Fall Verzug eingetreten.

Praxistipp

Betroffene Fluggäste sollten sich eines der zahlreich im Internet vertretenen Muster bedienen und ihre Ansprüche nach der FluggastrechteVO zunächst mit einer Frist von 14 Tagen (zzgl. dreier weiterer Tage für den Postlauf ab Erstellung des Schreibens) anmelden. Die Frist sollte in Zahlen ausgedrückt werden.

Die Formulierung „binnen zweier Wochen nach Zugang dieses Schreibens“ ist uneindeutig. Die Frist „bis zum 11.11.2017“ hingegen lässt keine Möglichkeit für Auslegungsspielraum.

Wichtig ist, dass man die Aufforderung als „Einwurf/Rückschein“-Schreiben versendet und eine Kopie aufbewahrt, um die Aufforderung später im Zweifel auch beweisen zu können. Es gilt der Grundsatz „wer schreibt, der bleibt“.

Sollte die Frist dann fruchtlos verstrichen sein, befindet sich die Airline im Verzug und die Kosten der anwaltlichen Rechtsverfolgung sind erstattungsfähig.

Fluggäste mit einer Rechtsschutzversicherung können nach Ablauf der gesetzten Frist die Rechtsschutzversicherung um Deckung bitten. Wir machen dies im Wege der Serviceleistung kostenfrei für unsere Mandanten.

Kanzlei RAS

Wir helfen betroffenen Fluggästen bei der Realisierung ihrer Ansprüche.

Nutzen Sie unsere kostenfreie Ersteinschätzung.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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