Widerruf Darlehen – fehlerhafte Belehrung in Verträgen ab Juni 2010 (bis heute)

  • 4 Minuten Lesezeit

Der nachfolgende Beitrag behandelt die Abwicklung eines Falles aus dem Bereich Bankrecht. Konkret geht es darum, den Darlehensvertrag ohne Zahlungen von Vorfälligkeitszinsentschädigungen durch einen Widerruf zu beenden. 

Schwerpunkt

Zu den Fehlern einer Widerrufsinformation für die Zeit ab dem 11.06.2010 (bis heute). Aktuell soll eine Entscheidung des Landgerichts Aurich vorgestellt werden. 

Ausgangslage

Man kann dieser Tage viel zum Thema Widerruf von Darlehensverträgen nachlesen. Und tatsächlich ermöglicht es der sogenannte „Widerrufsjoker“, Fehler auszunutzen, die Banken gemacht haben, weil sie zwingende verbraucherschützende Regeln nicht ordentlich umgesetzt haben. 

Der Vorteil eines Widerrufs liegt zunächst einmal darin, dass man aus dem Vertrag aussteigen kann, ohne eine (teure) Vorfälligkeitszinsentschädigung zahlen zu müssen. Dies ist in der gerade so langsam auslaufenden Niedrigzinsphase angenehm, weil man sich die aktuell noch günstigen Zinsen sichern kann. 

Weiter können Darlehensnehmer, deren Verträge zwischen dem 11.06.2010 und dem 12.06.2014 abgeschlossen wurden, noch für geleistete Zahlungen an die Bank Nutzungsentschädigung in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB heraus verlangen. Für Verträge ab dem 13.06.2014 gibt es keinen Nutzungsersatz mehr, weil der Gesetzgeber die Vorschriften zur Rückabwicklung geändert hat. 

Fehler in der Belehrung 

Ein Widerruf mit all seinen attraktiven Folgen setzt aber zunächst voraus, dass man auch einen Fehler in der Widerrufsinformation findet. Hierzu empfehlen wir, den Darlehensvertrag zur Hand zu nehmen und zu prüfen. Die Prüfung wird kaum länger als eine Minute dauern. 

Am Ende der Informationen zu den Widerrufsfolgen steht gelegentlich der nachfolgende Satz: 

„Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber auch die Aufwendungen zu ersetzen, die der Darlehensgeber gegenüber öffentlichen Stellen erbracht hat und nicht zurückverlangen kann.“

Auswirkungen dieses Fehlers 

Dieser Teil der Belehrung soll eigentlich nur klarstellen, dass die Bank bei einem Widerruf die Kosten zurückverlangen darf, die sie für Grundbuch und Notar bereits aufwendete. Macht auch Sinn. 

Allerdings ist es so, dass die Banken diese Kosten so gut wie immer auf den Darlehensnehmer abwälzen. Das ist ebenfalls in Ordnung. 

Wenn man das aber tut, dann muss man dem Verbraucher nicht vorgaukeln, dass dieser im Falle eines berechtigten Widerrufs dennoch irgendwelche Kosten zahlen muss. Insbesondere muss der Verbraucher nicht über Kosten belehrt werden, die er schon längst selber beglichen hat (!). 

Zusammenfassend entsteht hier der Eindruck, dass mit dem Widerruf noch irgendeine Kostenrechnung präsentiert wird. 

Kann die Vorspiegelung von (gar nicht vorhandenen) Kosten den Verbraucher von einem Widerrufsrecht zurückschrecken lassen und würde diese mögliche Sorge des Verbrauchers zur Fehlerhaftigkeit der Belehrung führen?

Das Urteil

Ja, urteilte das Gericht. Nur dasjenige, was auch einschlägig ist, gehört in die Widerrufsbelehrung. 

Das Gericht führte aus: 

„Aufgrund der Formulierung in der Widerrufsinformation der Beklagten muss der jeweilige Darlehensnehmer nämlich irrigerweise befürchten, dass im Falle eines Widerrufs neben der Rückzahlung der Darlehensvaluta und der Zahlung eines Nutzungsersatzes noch weitere Kosten auf ihn zukämen. 

Im letzten Satz der Ziffer 11 des Darlehensvertrages heißt es nämlich: ‚Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber auch die Aufwendungen zu ersetzen, die der Darlehensgeber gegenüber öffentlichen Stellen erbracht hat und nicht zurückverlangen kann.‘ 

Darlehensgeber können, wie sich aus§ 495 Abs. 2 S.1 Nr. 3 HS 1 BGB aF ergibt, in der Tat gegenüber öffentlichen Stellen getätigte Aufwendungen vom Darlehensnehmer erstattet verlangen. 

Dieser Aufwendungsersatzanspruch besteht allerdings selbstverständlich nur für den Fall, dass der Darlehensgeber tatsächlich derartige Aufwendungen getätigt hat. Dies ist vorliegend nicht der Fall, da die Beklagte im Rahmen des streitgegenständlichen Darlehensvertrages keinerlei Aufwendungen im Sinne von § 495 Abs. 2 S.1 Nr. 3 HS 1 BGB aF gegenüber öffentlichen Stellen erbracht hat. Für den Darlehensnehmer, der im Falle von Verbraucherdarlehensverträgen regelmäßig ein Laie im Hinblick auf Bank-und Kreditgeschäfte ist, ist o. g. Satz aber nur so zu verstehen, dass der Darlehensgeber Aufwendungen gegenüber öffentlichen Stellen tatsächlich erbracht hat und diese im Falle eines Widerrufs auch zurückverlangen wird.“ 

(LG Aurich, Urteil vom 27.04.2017, Az.: 1 O 806/16)

Das Urteil wurde nicht von uns erstritten. Die Stiftung Warentest hat hierüber berichtet. Auf deren Seite findet sich auch der Link zu den in dieser Sache federführenden Kollegen aus Hamburg, denen wir ausdrücklich zu diesem Erfolg gratulieren. 

Stellungnahme 

Das Urteil deckt sich in ganz überwiegenden Teilen mit der auch von uns bisher ins Felde geführten Argumentation. Ein wichtiger Etappensieg für Verbraucher. 

Praxistipp

Kontrollieren Sie Ihren Vertrag. Wenn Sie einen Fehler finden, holen Sie zuerst im Wege der kostenfreien Erstberatung anwaltlichen Rat ein. 

Machen Sie erst einmal nichts selber. Wir haben schon Fälle gehabt, in denen eine Klage nur deshalb verloren ging, weil der Darlehensnehmer bei seinem Widerruf keinen Vorbehalt erklärt hat. Andere Klagen gingen verloren, weil Darlehensnehmer zunächst den Widerruf lediglich angedroht haben und danach selber mit den Banken (erfolglos) verhandelten. 

Ein umfassendes Beratungsgespräch bei einem erfahrenen Anwalt wird kaum 10 Minuten dauern. Es geht bei einem Widerruf in der Regel um viele tausend Euro. Nehmen Sie sich die Zeit und lassen Sie sich kurz zum Fehler, dem Vorgehen und einem möglichen Kostenrisiko beraten. 

Kanzlei RAS 

Wir haben mit unseren Kooperationspartnern mittlerweile weit mehr als 600 Akten im Bereich Widerruf Darlehen seit 2014 bearbeitet. Nutzen Sie unseren kostenfreien Erstkontakt und profitieren Sie von unserer umfangreichen Erfahrung. 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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