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Gaffer - was Sie wissen und beachten müssen!

  • 3 Minuten Lesezeit
Gaffer - was Sie wissen und beachten müssen!

Stellen Sie sich vor, Sie fahren auf der Autobahn oder in der Stadt und plötzlich knallt es – ein Unfall direkt vor Ihnen. Doch anstatt weiterzufahren, werden Sie zunächst langsamer und halten letztendlich an, um zu prüfen, ob Ihre Hilfe benötigt wird. Nachdem Sie festgestellt haben, dass bereits Hilfe unterwegs ist, bleiben Sie trotzdem am Straßenrand stehen und beobachten das Geschehen aus Interesse und Neugier weiter.

 

Am nächsten Tag wird in der Zeitung von genau diesem Unfall berichtet, jedoch mit der Schlagzeile: „Gaffer behindern Einsatz von Rettungskräften“. Anschließend wird in dem Artikel festgestellt, dass „Gaffen“ eine Ordnungswidrigkeit ist und in manchen Fällen sogar strafbar. Haben Sie nun am Vortag gegafft und damit eine Ordnungswidrigkeit begangen oder sich sogar strafbar gemacht?

Was ist unter „Gaffen“ zu verstehen?

„Gaffer“ ist im Endeffekt ein abwertendes Wort für Zuschauer bzw. Schaulustige, die gern den ein oder anderen Unfall beobachten.

Diese Personen machen quasi nichts anderes, als ein für Sie spannendes Geschehen aus Neugier oder Interesse zu beobachten. Dies ist im Normalfall nichts Falsches, sollte man meinen. Trotzdem werden Gaffer häufig beschuldigt, Hilfeleistungen zu verweigern und sich somit strafbar zu machen. Auch den Vorwurf der Behinderung von Einsätzen der Rettungskräfte hört man oft im Zusammenhang mit Gaffern.

Wieso ist Gaffen so gefährlich?

Selbst wenn Gaffen etwas Menschliches und strafrechtlich Irrelevantes ist, kann es dennoch gefährlich werden. Bei Unfällen zählt oftmals jede Sekunde.

Wenn aufgrund vieler Zuschauer keine Rettungsgasse gebildet werden kann oder die Einsatzkräfte nicht zu den Opfern durchdringen können, wird das Gaffen für Unfallopfer lebensgefährlich. Doch nicht nur für Unfallopfer stellen Gaffer eine erhebliche Gefahr dar, sondern oftmals begeben sich die Schaulustigen auch selbst in Lebensgefahr, indem sie beispielsweise über die Autobahn laufen, um den Unfallort zu betrachten.

Ist Gaffen bei einem Unfall strafbar?

Das Zuschauen bzw. das Betrachten von Unfall- oder Einsatzstellen ist an und für sich in Deutschland nicht strafbar. Sonst müsste man ja auch an Unfallstellen sofort die Augen schließen oder dürfte bei Unfällen vor der Haustür nicht mehr aus dem Fenster schauen.

Kommt es jedoch zu einer Gefährdung einzelner Personen oder zur Behinderung der nahenden Rettungskräfte, sieht die Situation anders aus. Je nach Umstand stellt dies eine

Ordnungswidrigkeit nach der Straßenverkehrsordnung (StVO)
oder eine Straftat dar.

Gaffen als Ordnungswidrigkeit

Eine Ordnungswidrigkeit hat in der Regel ein einfaches Bußgeld zur Folge. Hieran kann ein Fahrverbot geknüpft sein oder es können Punkte in das Flensburger Register eingetragen werden. Im Zusammenhang mit dem Gaffen gibt es zum Beispiel folgende mögliche Ordnungswidrigkeiten:

  • Nichtbilden einer Rettungsgasse (§ 11 Absatz 2 StVO)
  • Befahren des Seitenstreifens (§ 2 Absatz 1 StVO)
  • Parken auf dem Seitenstreifen (§ 12 Absatz 4 StVO)
  • Behindern von Rettungskräften (§ 49 Absatz 3 Nr. 3 StVO)

Gaffen als Straftat

Liegt jedoch eine Straftat nach dem Strafgesetzbuch (StGB) vor, kann dies eine Gefängnisstrafe nach sich ziehen, so z. B. beim Straftatbestand der unterlassenen Hilfeleistung (§ 323c StGB).

Dieser kommt zum Tragen, wenn der Gaffer anstelle der geforderten Hilfe das Geschehen beobachtet und seiner Schaulust nachgibt. Jeder ist verpflichtet, bei einem Unglücksfall Hilfe zu leisten, insoweit es demjenigen zuzumuten ist und dieser sich nicht selbst in Gefahr begeben muss. Behindern Sie durch Ihr Gaffen die Arbeit der Rettungskräfte oder die anderer helfender Personen, weil Sie zum Beispiel die Straße blockieren, machen Sie sich strafbar (§ 323c StGB).

Ist das Fotografieren eines Unfalls strafbar?

Neben dem reinen Zuschauen werden häufig auch Fotos oder Videoaufnahmen von den Verletzten gemacht. Selbst wenn diese nicht ins Internet gestellt werden, handelt es sich bei dieser Handlung um eine Straftat.

§ 201a StGB stellt bereits das Aufnehmen des Opfers und seiner Hilflosigkeit unter Strafe. Durch die Androhung einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder einer hohen Geldstrafe soll verhindert werden, dass der Persönlichkeitsbereich des Opfers verletzt wird.

Zivilrechtlich stellt nicht nur die Aufnahme des Gesichts eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts dar, sondern auch die Aufnahme sämtlicher anderer Körperregionen des Opfers.

Ist also auf dem Bild zwar nicht das Gesicht abgebildet, aber andere Körperteile, und sind dazu noch Informationen beigefügt, wodurch andere das Opfer identifizieren könnten, macht man sich zivilrechtlich angreifbar.

Der Schutz des Persönlichkeitsrechts greift auch für sämtliche Personen, die sich am Unfallort befinden. Unter bestimmten Voraussetzungen steht diesen Personen bei fehlender Einwilligung ein Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch zu.

Foto(s): ©Pexels/Pixabay

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