Geblitzt - Bußgeldbescheid oder Anhörungsbogen, weil zu schnell gefahren

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Eine der häufigsten Sünden im Straßenverkehr ist zu schnelles Fahren. Man hat das Gefühl, dass nahezu jeder Autofahrer im Laufe seines Lebens irgendwann einmal geblitzt wird.

Doch welche Geschwindigkeitsbegrenzungen muss ich als PKW-Fahrer beachten, wie hoch ist das Bußgeld, wenn ich geblitzt wurde und kann ich meinen Führerschein verlieren „nur“, weil ich zu schnell gefahren bin?

Darf ich auf Autobahnen ohne ausdrückliche Geschwindigkeitsbegrenzung wirklich so schnell fahren, wie ich will?


Geblitzt – welche Strafe droht für Geschwindigkeitsüberschreitung mit PKW? 

Für zu schnelles Fahren droht PKW-Fahrern in der Regel ein Bußgeld, abhängig von der Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung auch Punkte in Flensburg und ein Fahrverbot. Schlimmstenfalls verliert man seine Fahrerlaubnis.

Hier mal ein paar Eckdaten, welche Bußgelder bei zu schnellem Fahren mit einem PKW drohen können:


Geschwindigkeitsüberschreitung

Bußgeld (Regelsatz)

Punkte in Flensburg?

Fahrverbot?

Innerorts

bis zu 16 km/h

30 - 70 Euro (gestaffelt)

Nein

Nein


ab 21 km/h

115 Euro

Ja

Nein


ab 26 km/h

180 Euro 

Ja

Nein


31 bis 70 km/h

260 bis 700 Euro (gestaffelt)

Ja

Ja (zwischen 1 bis 3 Monate)


ab 71 km/h

800 Euro Bußgeld

Ja

Ja (3 Monate)

Außerorts

bis 21 km/h

20 – 60 Euro (gestaffelt)

Nein

Nein


ab 21 km/h – 70 km/h

100 bis 600 Euro (gestaffelt)

Ja

Ja (zwischen 1 bis 2 Monate)


ab 71 km/h

700 Euro

Ja

Ja (3 Monate)

(Anmerkung: Die Tabelle ist nicht abschließend, sondern stellt nur einige wichtige Daten zu Geschwindigkeitsüberschreitungen mit PKW dar.)

Bis zu einem Bußgeld von 55 Euro kann die Behörde statt einem Bußgeld ein Verwarngeld anordnen. Der Vorteil für den Betroffenen daran ist unter anderem, dass keine zusätzlichen Gebühren und Auslagen für Erlass des Bußgeldbescheides anfallen. Sie müssen das Angebot auf ein Verwarngeld aber nicht annehmen, sondern können hiergegen Einwände erheben und später Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einlegen.


Höheres Bußgeld bei vorsätzlicher Geschwindigkeitsüberschreitung

Das angedrohte Bußgeld kann sich verdoppeln, wenn Ihnen nicht nur fahrlässiges, sondern vorsätzliches zu schnell Fahren angelastet wird.

Vorsatz meint, dass der Fahrer oder die Fahrerin wusste, dass er oder sie zu schnell fährt (zumindest die Möglichkeit der Geschwindigkeitsüberschreitung erkannte) und dies auch wollte (mindestens billigend in Kauf nahm).

Vorsätzliches zu schnell Fahren darf Ihnen nicht einfach so unterstellt werden. Es muss konkrete Anhaltspunkte dafür geben.

Ein Indiz für vorsätzliche Geschwindigkeitsüberschreitung und damit ein höheres Bußgeld ist vor allem die Höhe der überhöhten Geschwindigkeit. Die Rechtsprechung geht in der Regel ab einer Geschwindigkeitsüberschreitung um rund 40 Prozent von Vorsatz aus.
Aber auch eine geringere Geschwindigkeitsüberschreitung kann zur Bejahung von Vorsatz führen, gerade wenn über eine längere Strecke zu schnell gefahren wird.

Es wird übrigens nicht erwartet, dass Sie ständig oder auch nur regelmäßig auf den Tacho schauen. Vorsätzliches zu schnell fahren kann Ihnen auch vorgeworfen werden, wenn erwiesen ist, dass Sie gar nicht auf den Tacho geschaut haben. Die Gerichte gehen davon aus, dass man das Wissen des Fahrers, zu schnell zu fahren, unter Umständen auch daraus erkennen kann, dass die Motorengeräusche bei höherer Geschwindigkeit anders sind, sich die Umgebung schneller verändert und man bemerkt, dass man eine bestimmte Strecke besonders schnell hinter sich bringt. Vgl. OLG Brandenburg, Beschluss v. 27.09.2022 – 1 OLG 53 Ss-OWi 397/22 m.w.N.

Wichtig: Sie müssen nicht genau erkennen, wie schnell Sie fahren. Es genügt, dass Sie wissen, dass Sie zu schnell fahren. 


Verliere ich meinen Führerschein, weil ich geblitzt wurde?

Das ist möglich. Insbesondere abhängig davon, wie viel Sie zu schnell gefahren sind, droht neben einem saftigen Bußgeld und Punkten in Flensburg auch die Anordnung eines Fahrverbots.

Während der Dauer des Fahrverbots müssen Sie Ihren Führerschein in amtliche Verwahrung geben.


Verliere ich meine Fahrerlaubnis, weil ich mit überhöhter Geschwindigkeit erwischt wurde?

Auch der Verlust nicht nur vorübergehend des Führerscheins, sondern sogar der Fahrerlaubnis, kann drohen, wenn man wegen überhöhter Geschwindigkeit geblitzt oder anderweitig erwischt wurde.

Der Unterschied zwischen „Verlust“ des Führerscheins und Entziehung der Fahrerlaubnis liegt darin, dass Sie bei einem Fahrverbot, bei dem Sie Ihren Führerschein abgegeben müssen, diesen nach Ende des Fahrverbots wieder erhalten und wieder regulär fahren können.

Wird die Entziehung der Fahrerlaubnis angeordnet, so müssen Sie die Fahrerlaubnis – ggf. nach Ablauf der angeordneten Sperrfrist – neu beantragen, umgangssprachlich ausgedrückt also „den Führerschein noch einmal machen“.


An welche Geschwindigkeitsregeln muss man sich im Straßenverkehr als PKW-Fahrer halten?

Weit gefehlt ist die Annahme, als PKW-Fahrer müsse man sich nur an die durch Verkehrsschilder angeordnete Geschwindigkeit halten.

Zahlreiche Geschwindigkeitsvorschriften gelten für Teilnehmer am Straßenverkehr.

Hierzu zählen insbesondere allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzungen und Höchstgeschwindigkeiten wie sie durch Verkehrsschilder angeordnet sein können (z.B. 30er Zone) oder die grundsätzliche Geschwindigkeitsbegrenzung innerorts auf 50 km/h für PKW. Situative Gegebenheiten wie insbesondere besondere Witterungsverhältnisse (z.B. Nebel, Regen, Schnee), können außerdem zu situativen Geschwindigkeitsbegrenzungen führen.

Aber auch Grundsätze wie „Fahren auf Sicht“ und „Fahren auf halbe Sicht“ können die zulässige Höchstgeschwindigkeit für PKW-Fahrer begrenzen.


Was ist „Fahren auf Sicht“ und „Fahren auf halbe Sicht“?

Unabhängig von – insbesondere durch Verkehrsschilder – angeordneten Höchstgeschwindigkeiten, müssen sich PKW-Fahrer stets an die Grundsätze „Fahren auf Sicht“ und unter Umständen „Fahren auf halbe Sicht“ halten (bis auf wenige Ausnahmesituationen). 

„Fahren auf Sicht“ bedeutet, nicht schneller zu fahren, als mit einer Geschwindigkeit, die es ermöglicht innerhalb des Sichtfelds zum Stehen zu kommen.

„Fahren auf halbe Sicht“ bedeutet folgerichtig, nur so schnell zu fahren, dass man bis maximal der Hälfte der einsehbaren Strecke zum Halt kommen kann. „Fahren auf halbe Sicht“ gilt bei besonders schmalen Straßen, bei denen entgegenkommende Verkehrsteilnehmer gefährdet werden könnten.

„Fahren auf Sicht“ und „Fahren auf halbe Sicht“ schränken also die Geschwindigkeit.


Droht ein Bußgeld, wenn ich mich nicht an „Fahren auf Sicht“ oder „Fahren auf halbe Sicht“ halte?

Ja. „Fahren auf Sicht“ und „Fahren auf halbe Sicht“ sind Geschwindigkeitsbegrenzungen, sodass ein Verstoß dagegen eine verbotene Geschwindigkeitsüberschreitung darstellt.


Was ist der Unterschied zwischen Höchstgeschwindigkeit und Richtgeschwindigkeit?

Es gibt in Deutschland Situationen, in denen keine Höchstgeschwindigkeit angeordnet ist, so zum Beispiel, wenn es keine ausdrückliche Anordnung einer Höchstgeschwindigkeit (z.B. durch ein Verkehrsschild) auf der Autobahn gibt.

Gibt es keine Höchstgeschwindigkeit, gilt die sogenannte Richtgeschwindigkeit. 

Die Richtgeschwindigkeit für PKW liegt bei 130 km/h. 

Dabei handelt es sich im Gegensatz zur Höchstgeschwindigkeit nicht um eine Regel und ein Verbot, diese zu überschreiten, sondern nur um eine Empfehlung.


Ist es verboten, auf der Autobahn mit mehr als 130 km/h zu fahren?

Wurde keine Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn angeordnet, gilt die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h (für PKW).  Es ist dann aber nicht verboten, schneller als mit 130 km/h zu fahren.

Fährt man aber schneller als 130 km/h und kommt es z.B. zu einem Unfall, so ist unter Umständen das eigene Haftungsrisiko erhöht.


Wie hoch ist der Toleranzabzug bei Blitzern?

Je nach Messverfahren, sind Blitzer mal genauer, mal weniger genau. Aus diesem Grund wird ein Toleranzabzug bei der Geschwindigkeitsmessung mit einem Blitzer vorgenommen.

Grundsätzlich liegt dieser bei Messung durch Radarmessgeräten, Lichtschranken und Lasermessverfahren bei einer Geschwindigkeit bis zu 100 km/h bei 3 km/h; ab einer Geschwindigkeit von 100 km/h 3 Prozent.

Wird die Geschwindigkeit durch Nachfahren gemessen, ist der Toleranzabzug höher (weil die Messung ungenauer ist). Hier gilt bis zu einer Geschwindigkeit ein Toleranzabzug von 5 km/h; ab einer Geschwindigkeit von 100 km/h gilt ein Toleranzabzug von 5 Prozent.

Gerade die Geschwindigkeitsmessung kann ein erfolgsversprechender Ansatz in der Verteidigung gegen den Vorwurf zu schnellen Fahrens sein. Insbesondere auf die ordnungsgemäße Eichung der Geräte oder die ordnungsgemäße Messung durch Polizeibeamte (bei Lasermessung) ist hier zu achten.


Wird die 30er Zone mit einer Kreuzung aufgehoben?

Nein. Verkehrsschilder, die eine Höchstgeschwindigkeit anordnen, werden nicht durch eine Kreuzung oder Einmündung einer Straße aufgehoben. Auch danach gilt also weiter die Geschwindigkeitsbegrenzung und zwar bis diese ausdrücklich aufgehoben wurde. 

Bei Baustellen gelten Verkehrsschilder, die eine Höchstgeschwindigkeit anordnen, übrigens grundsätzlich so lange, bis die Baustelle erkennbar zu Ende ist.


Wie schnell darf man in einer Spielstraße fahren?

In Spielstraßen darf man generell nicht mit einem PKW fahren, sodass jede Geschwindigkeit „zu schnell“ ist. 

Umgangssprachlich werden Spielstraßen aber oftmals mit sogenannten verkehrsberuhigten Zonen gleichgesetzt. In verkehrsberuhigten Zonen gilt Schrittgeschwindigkeit. Wie viel km/h Schrittgeschwindigkeit ist, ist nicht eindeutig definiert. Man orientiert sich hier an der Schnelligkeit eines normal gehenden Fußgängers.


Verkehrsunfall – Schadensersatz wegen überhöhter Geschwindigkeit?

Zu schnelles Fahren kann sich auch negativ auf z.B. den zu zahlenden Schadensersatz bei einem Verkehrsunfall auswirken oder den eigenen Schadensersatzanspruch gegen den anderen Unfallbeteiligten mindern (schlimmstenfalls bis auf null).

Als Fachanwalt für Verkehrsrecht berate ich Sie gerne auch, wenn Sie nach einem Verkehrsunfall mit Schadensersatzforderungen konfrontiert sind oder von dem oder den anderen Unfallbeteiligten Schadensersatz verlangen wollen.


Wann darf ich ausnahmsweise schneller fahren als erlaubt?

In bestimmten Ausnahme(!)situationen dürfen Sie schneller als erlaubt fahren. Dies betrifft insbesondere Fälle des sogenannten Rechtfertigenden Notstands (§ 16 OWiG).

Zu schnelles Fahren kann danach ausnahmsweise unter Umständen erlaubt sein zum Beispiel, wenn man eine hochschwangere Frau in den Wehen im Auto hat und auf dem Weg ins Krankenhaus ist. Bejaht wurde ein rechtfertigender Notstand bei zu schnellem Fahren auch bereits bei nicht vorhersehbarem Durchfall des Fahrers (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 06.12.2007 – IV-5 Ss-OWi 218/07 – (OWi) 150/07 I in NZV 2008, 470 m.w.N.).

Abgelehnt hat das Oberlandesgericht Bamberg aber zum Beispiel eine Rechtfertigung des zu schnellen Fahrens eines Taxifahrers, der möglichst schnell die nächste Autobahnausfahrt erreichen wollte, weil er befürchtete, dass ein betrunkener Fahrgast sich im Taxi übergeben würde (vgl. OLG Bamberg, Beschluss v. 04.09.2013 – 3 Ss OWi 1130/13 in openJur 2014, 8743).

Beachten Sie aber: Eine Rechtfertigung zu schnellen Fahrens ist die absolute Ausnahme und wird nur in engen Grenzen bejaht. Die Sicherheit des Straßenverkehrs hat Priorität.

Wird eine Rechtfertigung der Geschwindigkeitsüberschreitung durch Notstand aber abgelehnt, handelt es sich aber um einen Grenzfall, so kommt in manchen Fällen dennoch zumindest eine Milderung des Bußgeldes in Betracht oder ein Absehen von einem Fahrverbot.

Seien Sie außerdem vorsichtig damit, sich vorschnell mit dem Argument, die Geschwindigkeitsüberschreitung sei gerechtfertigt gewesen, zu verteidigen. Wie gesagt, greift der rechtfertigende Notstand nur ausnahmsweise tatsächlich durch und schlimmstenfalls haben Sie die Behörden oder das Gericht mit diesem Einwand auf den Vorwurf nicht nur fahrlässigen, sondern vorsätzlichen Geschwindigkeitsverstoßes gebracht (wofür ein höheres Bußgeld droht).

Gerade vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich daher, sich an einen erfahrenen Fachanwalt für Verkehrsrecht zu wenden, sollten Sie einen Anhörungsbogen oder Bußgeldbescheid mit dem Vorwurf überhöhter Geschwindigkeit erhalten haben. Dieser kann auch Grenzfällt und komplexe Sachverhalte umfassend rechtlich erfassen und bedenkt die Auswirkung jeder Verteidigungsstrategie auf das mögliche Ergebnis des Verfahrens.


Droht ein Bußgeld, wenn ich zu langsam fahre?

Nicht nur für zu schnelles Fahren droht ein Bußgeld, Punkte und ein Fahrverbot; auch wer ohne erkennbaren Grund zu langsam fährt und dabei andere Verkehrsteilnehmer behindert, muss mit einem Bußgeld rechnen. Hier droht grundsätzlich ein Verwarngeld in Höhe von 20 Euro.


Sollten Sie einen Anhörungsbogen oder einen Bußgeldbescheid mit dem Vorwurf des Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit erhalten haben, sollten Sie sich bestenfalls so schnell wie möglich an einen erfahrenen Fachanwalt für Verkehrsrecht wenden. Dieser wird umfassende Akteneinsicht beantragen, Sie über die Möglichkeiten des weiteren Vorgehens und der Erfolgsaussichten beraten. Schnelles Handeln ist geboten, da hier recht enge Fristen gelten.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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