Gesundheitliche Eignung eines Polizeibewerbers - die Polizeidiensttauglichkeit

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Rechtsanwalt Christian Reckling erzielte vor dem Verwaltungsgericht Hamburg einen Erfolg für seinen Mandanten, indem er die vorläufige Zulassung zum Studium des Laufbahnabschnittes II bei der Polizei Hamburg erreichte (VG Hamburg, Beschl. v. 11.05.2021 - 20 E 1540/21). Zuletzt auch in einem vergleichbaren Fall vor dem Verwaltungsgericht Berlin (ebenso wegen Migräne mit Aura). Trotz erfolgreicher Absolvierung aller Auswahlverfahrensteile stellte die Diagnose einer Kindheits-Migräne zunächst ein Hindernis dar, da die Polizeidienstvorschrift Migräne als absolutes Ausschlusskriterium definiert. Der Personalärztliche Dienst verweigerte die Zulassung aufgrund dieser Diagnose, ignorierte jedoch mehrere Atteste, die belegen, dass der Mandant aktuell keine Migräne hat. Das Verwaltungsgericht folgte der Argumentation von Rechtanwalt Reckling, dass der Mandant aufgrund der aktuellen medizinischen Lage und aufgrund des Mangels an spezifischem neurologischem Fachwissen seitens des Personalärztlichen Dienstes als polizeidiensttauglich anzusehen ist. Diese Entscheidung bestätigt die Fortentwicklung der beamtenrechtlichen Rechtsprechung und das Recht auf eine faire und fachkundige Beurteilung der gesundheitlichen Eignung für den Polizeidienst. Abgelehnten Bewerberinnen und Bewerbern wird empfohlen, entsprechende Entscheidungen des Personalärztlichen Dienstes nicht ungefragt zu akzeptieren und gegebenenfalls juristischen Beistand hinzuzuziehen.

Vorläufige Zulassung  zum Studium des Laufbahnabschnittes II bei der Polizei Hamburg

Rechtsanwalt Christian Reckling konnte im Wege der einstweiligen Anordnung vor dem Verwaltungsgericht Hamburg erreichen, dass sein Mandant die Zulassung zum Studium des Laufbahnabschnittes II bei der Polizei Hamburg erhält (VG Hamburg, Beschl. v. 11.05.2021 - 20 E 1540/21). Zuletzt auch vor dem Verwaltungsgericht Berlin, in dem es ebenfalls um die Frage der Polizeidiensttauglichkeit der Bewerberin ging (Migräne mit Aura). 

Der von Rechtsanwalt Christian Reckling vertretene Mandant bewarb sich bei der Polizei Hamburg für den Laufbahnabschnitt II und absolvierte erfolgreich den schriftlichen Teil, das Vorstellungsgespräch/Rollenspiel sowie den Test zur Feststellung der körperlichen Eignung (Sporttest). 

Bei diesen Tests tauchen mitunter Verfahrens- und/oder auch Beurteilungsfehler auf, die angreifbar sind. 

Komplizierter wurde es in diesem Fall bei der rechtlichen Frage der gesundheitlichen Tauglichkeit, da der Mandant in seiner Kindheit an Migräne gelitten hat. Migräne stellt nach der Merkmalsnummer 11.3.1 der Polizeidienstvorschrift 300 (PDV 300) ein absolutes Untauglichkeitskriterium dar. Trotz der Einreichung mehrerer fachärztlicher Atteste, die belegen, dass der Mandant gegenwärtig nicht an Migräne leidet,  blieb der Personalärztliche Dienst bei seiner Einschätzung, dass eine (Dauer-)Diagnose einer Migräne mit Aura vorliege, die eine Polizeidiensttauglichkeit ausschließen würde.

Prüfungsmaßstab der Gerichte

Grundsätzliche steht dem Dienstherr ein weiter Einschätzungsspielraum für die Anforderungen an den Bewerberinnen und Bewerbern zu, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der jeweiligen Dienstposten zu orientieren hat. Hinsichtlich der Frage, ob die einzelne Bewerberin bzw. der einzelne Bewerber den laufbahnbezogenen festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt, ist dem Dienstherrn hingegen kein Beurteilungsspielraum eröffnet. Darüber haben letztverantwortlich die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, ohne an tatsächlich oder rechtliche Bewertungen des Dienstherrn gebunden zu sein (BVerwG, Urt. v. 30.10.2013 - 2 C 16.12). Die gesundheitliche Eignung ist nur dann zu verneinen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (mehr als 50%) vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit eintreten wird oder wenn der Bewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen wird (BVerwG, Urt. v. 25.07.2013 - 2 C 12/11). Für die damit zu treffende Prognose muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und der Verfassung des Bewerbers erstellen.

Einzelfallentscheidung anhand fundierter medizinischer Kenntnisse

Gemessen an diesen Grundsätzen sah das Verwaltungsgericht den Mandanten von Herrn Rechtsanwalt Christian Reckling nach dem derzeitigen Kenntnisstand als polizeidiensttauglich an. Durch umfangreiche anwaltliche Stellungnahme und der Einholung ärztlicher Atteste, mit denen sich der Personalärztliche Dienst nicht hinreichend auseinandergesetzt hat, folgte das Verwaltungsgericht den Argumenten von Rechtsanwalt Christian Reckling. Zudem sah das Verwaltungsgericht es als problematisch an, dass die Ärztin vom Personalärztlichen Dienst Fachärztin für Anästhesiologie und Allgemeinmedizin ist, nicht jedoch entsprechende medizinische Sachkenntnis eines Facharztes für Neurologie aufweise. Der Personalärztliche Dienst habe sich mit den entgegenstehenden Erwägungen des privaten Arztes nicht auseinandergesetzt und nachvollziehbar dargelegt, warum er diesen nicht folgt (BVerwG, Urt. v. 12.10.2006 - 1 D 2/05; Beschl. v. 08.03.2001 - 1 DB 8/01; OVG Lüneburg, Beschl. v. 27.02.2007 - 5 LA 58/07). Das Verwaltungsgericht geht insoweit davon aus, dass beim Mandanten von Herrn Rechtsanwalt Christian Reckling im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht angenommen werden kann, dass die (Dauer-)Diagnose einer Migräne mit Aura aktuell gegeben ist.

Kommentar

Der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg und das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Berlin zeigen, dass das Verfahren zur Klärung der Polizeidiensttauglichkeit oftmals fehlerhaft  durchgeführt wird. Den Gründen des Verwaltungsgerichts Hamburg ist uneingeschränkt beizupflichten. Die Entscheidung zeigt auf, dass die Fortentwicklung der beamtenrechtlichen Rechtsprechung durch das Bundesverwaltungsgericht bei der Prognoseentscheidung im Hinblick auf die Dienstunfähigkeit der Bewerberin bzw. des Bewerbers berücksichtigt wird. Abgelehnte Bewerberinnen und Bewerber sollten daher nicht vorschnell das Ergebnis des Personalärztlichen Dienstes hinnehmen, sondern dies umfangreich überprüfen lassen und im Falle des Widerspruchs anwaltlichen Rat beiziehen.

Herr Rechtsanwalt Christian Reckling vertritt bundesweit betroffene Bewerberinnen und Bewerber. Vertrauen Sie seiner über dreizehnjährigen Expertise im Beamtenrecht. Im Beamtenrecht ist Rechtsanwalt Reckling bundesweit tätig und führte u.a. ein Eil- und Hauptsacheverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zur Frage der Dienstpostenbündelung (BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats v. 16.12.2015 - 2 BvR 1958/13 -, Rn. 1-65) .

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