Haftungsrecht für Radfahrer: Beim Überholen von Pferden besondere Vorsicht!

  • 2 Minuten Lesezeit

Wer im Straßenverkehr unterwegs ist muss beim Überholen einen Sicherheitsabstand einhalten. Das gilt für jeden der Verkehrsteilnehmer. Autofahrer müssen mehr als 1,50 m Abstand von Fahrradfahrern halten. Die Fahrradfahrer selbst müssen jedoch auch einen Sicherheitsabstand einhalten, wenn Sie einen anderen Verkehrsteilnehmer überholen. Der Abstand ist dabei davon abhängig, wie groß die Gefahr im konkreten Fall ist.

Konkret ging es in einem Gerichtsverfahren vor dem Landgericht (LG) Frankenthal um das Überholen von Pferden.

Ein Radfahrer wollte mit seinem Liegerad auf einem Radweg zwei Pferde überholen. Erhielt sich dabei jedoch nicht an den erforderlichen Mindestabstand. Nach Ansicht der Richter hätten dies in dem verhandelten Fall mindestens eineinhalb bis zwei Meter sein müssen. Der Radfahrer hatte beim Überholen jedoch nur einen Abstand von ca. 40 cm. Eines der Pferde erschrak sich und schlug mit den Hufen aus während der Radfahrer vorbeifuhr. Der Radfahrer stürzte und erlitt dabei Prellungen, Schürfwunden und eine Verletzung an der Hand.

Die beiden Reiterinnen hatten den Radweg trotz eines Verbots benutzt. Trotzdem trifft den Radfahrer nach dem Urteil  [LG Frankenthal, Urteil vom 5.6.2020, 4 O 10/19] die halbe Schuld an seinen Verletzungen. Ihm wurde u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 EUR zugesprochen.

Für die Halter von Pferden besteht grundsätzlich eine sogenannte Tierhalterhaftung. Dies bedeutet, dass der Tierhalter grundsätzlich für sämtliche Schäden einzustehen hat, die das Tier verursacht. Der Reiterin war bei dem konkreten Fall bewusst gewesen, dass das Pferd auf dem nur für Radfahrer zugelassenen Radweg geritten wird.

Jedoch hatte sich auch der Radfahrer falsch verhalten: er hätte sich an die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung zum Überholen halten müssen. Diese Vorschriften gelten auch dann, wenn sich unerlaubt Pferde auf dem Radweg befinden. Da bei einem Pferd immer damit zu rechnen ist, dass es sich auf unvorhersehbare Weise bewegt, reiche ein Sicherheitsabstand von 1 m nicht aus. So jedenfalls entschied das Gericht. Der Radfahrer hätte hier einen Abstand von wenigstens eineinhalb bis zwei Metern einhalten müssen. Auch hatte sich der Radfahrer nicht mit den Reiterinnen über das Überholen verständigt. Dies wäre ihm zwar möglich gewesen, er war aber einfach mit kleinem Abstand an den Tieren vorbeigefahren.

  • Es reicht also grundsätzlich nicht, wenn man ein Vorrecht hat und zu der Überzeugung gelangt, dass der andere Verkehrsteilnehmer sich grundsätzlich falsch verhält. Jeder ist im öffentlichen Verkehr dazu verpflichtet, die anderen (und natürlich auch sich selbst) zu schützen und stets Vorsicht walten zu lassen
  • Die Abstandsregeln gelten auch beim Überholen von  Kindern, Fußgängern, Kraftfahrzeugen, Hunden, Schafen, Kühen usw. - auch wenn diese Verkehrsteilnehmer eigentlich nicht dahin gehören, wo sie gerade unterwegs sind...


Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Thomas Melletat

Beiträge zum Thema