Inanspruchnahme von Flüchtlingsbürgen: Klage gegen den Rückforderungsbescheid lohnt sich häufig

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Nachdem Flüchtlingsbürgen hauptsächlich in den Jahren 2014 und 2015 mittels einer Verpflichtungserklärung für syrische Bürgerkriegsflüchtlinge gebürgt haben, sehen sich diese Bürgen heute vielfach einer hohen Erstattungsforderung ausgesetzt.

Die Jobcenter in Niedersachen z. B. haben in den letzten Monaten fast 1.000 Rückforderungsbescheide verschickt, mit welchen die Flüchtlingsbürgen aufgefordert werden, teilweise fünfstellige Beträge zu zahlen.

Die Rechtlage ist jedoch alles andere als eindeutig: Immer wieder weisen die Gerichte darauf hin, dass Gerichtsurteile in diesen Fällen Einzelfallentscheidungen sind. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass ein Flüchtlingsbürge grundsätzlich auch für die Lebensunterhaltskosten auch nach Anerkennung der Asylberechtigung oder Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft haften könne. Dennoch ist es immer eine Entscheidung des Einzelfalls, ob die Behörde tatsächlich die Rückzahlung verlangen kann.

So hat das Verwaltungsgericht Osnabrück im Juni des Jahres 2018 zwei Rückforderungsbescheide des Landkreises Osnabrück aufgehoben, in welchen ein seit vielen Jahren in Deutschland lebender Syrer die an seine Mutter und die Familie seines Bruders gezahlten Sozialleistungen zurückzahlen sollte.

Das Verwaltungsgericht Osnabrück gab der Klage des Bürgen statt, weil es der Ansicht war, dass die Ausländerbehörde den Flüchtlingsbürgen nicht hinreichend über die unterschiedlichen Rechtsauffassungen zur Auslegung und Reichweite der Verpflichtungserklärung aufgeklärt hatte.

Das Verwaltungsgericht Köln gab im Oktober 2018 zwei klagenden Flüchtlingsbürgen Recht und hob den Rückforderungsbescheid der Stadt Bonn auf. In diesen Fällen begründete das Gericht seine Entscheidung damit, dass das Ausländeramt als zuständige Behörde die Zahlungsfähigkeit der Bürgen nur unzureichend geprüft habe.

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster entschied im Dezember 2017, dass der klagende Flüchtlingspate die von ihm geforderten Kosten zum großen Teil erstatten musste: Nur die Kosten für die ebenfalls von ihm verlangen Kosten für Kranken- und Pflegeversicherung musste der Bürgen nicht aufkommen.

In einer anderen Entscheidung aus dem gleichen Monat hob das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen einen Heranziehungsbescheid gegen einen Flüchtlingsbürgen in vollem Umfang auf, weil es der Ansicht war, dass das Jobcenter die in diesem Fall maßgebliche Aufnahmeanordnung des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen des Landes Rheinland-Pfalz vom 30. August 2013 nicht hinreichend berücksichtigt: Diese Verordnung habe die Haftung aus der Verpflichtungserklärung nicht auf Leistungen nach Anerkennung der Asylberechtigung und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erstreckt.

Solange eine bundeseinheitliche Regelung für die Frage nach der Rückzahlungsverpflichtung der Flüchtlingsbürgen noch aussteht, werden die Verwaltungsgerichte jeden Einzelfall auf seine Besonderheiten hin überprüfen müssen.

Die Behörden erklären derzeit vielfach, dass die Bescheide im Moment noch nicht vollstreckt werden sollen, also die Zahlungen noch nicht geleistet werden müssen. Wie lange diese Zurückhaltung noch andauert, lässt sich nicht vorhersehen.

Daher ist den betroffenen Flüchtlingsbürgen zu raten, einen Rückforderungsbescheid nicht ungeprüft rechtskräftig werden zu lassen, sondern sich rechtzeitig beraten zu lassen, um ggf. Widerspruch bzw. Klage (abhängig vom Bundesland) zu erheben. Ist die Rechtsmittelfrist gegen einen solchen Bescheid erst abgelaufen, kann der Bürge diesen nicht mehr durch ein Gericht überprüfen lassen und muss – sobald die Behörde die Vollstreckung vorantreibt – der darin festgelegten Zahlungspflicht nachkommen.



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