Landessozialgericht: Leistungen für Asylbewerber zu niedrig – gerichtliche Erhöhung rechtmäßig

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Das SG Stade hatte die unterbliebenen Anpassungen an die Erhöhung der Leistungen für Asylbewerber nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) angeordnet. Diese Entscheidung wurde nun vom Landessozialgericht Niedersachsen – Az. L 8 AY 49/18 – bestätigt.

Wie im Rechtstipp vom 27.05.2019 bereits darauf hingewiesen wurde, ist die vorgeschriebene und notwendige Anpassung der Leistungshöhe bei den Leistungen für Asylbewerber nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) seit 2017 nicht mehr vorgenommen worden. Insbesondere das Gesetz selbst schrieb diese Anpassung jedoch vor, in § 3 AsylbLG. Danach hätte das zuständige Ministerium (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) die Regelsätze jedes Jahr zum 01.01. anhand der alle 5 Jahre erhobenen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) anpassen müssen. 2017 sollten aber die Regelsätze im AsylbLG durch eine gesetzliche Regelung erhöht werden. Dieses Gesetz scheiterte jedoch im Bundesrat und wurde auch nicht weiterverfolgt.

Bewegung durch SG Stade

Gegen diese unterlassene Erhöhung der Leistungssätze klagte ein Anwalt vor dem Sozialgericht in Stade. Er wollte für seinen Mandanten durchsetzen, dass das Gericht den Landkreis Cuxhaven, als Träger der Asylbewerberleistungen, dazu verpflichtet, ihm höhere Leistungen zu gewähren. Das SG Stade entschied dann zugunsten des Klägers und verpflichtete den Landkreis die Grundleistungen nach § 3 AsylbLG um 6 Euro/monatlich zu erhöhen. Mit einem zweiten Urteil des SG Stade im März 2019 wurde der Landkreis verpflichtet, dem Kläger monatlich um 18 Euro höhere Leistungen zu gewähren, was der Höhe der nicht angepassten Grundleistungen zwischen der letzten Anpassung 2016 und 2019 entspricht.

Dem Kläger wurden monatlich 372 € (statt nur 354 €) zugesprochen.

Zum Vergleich: Das Jobcenter gewährt monatlich Leistungen i. H. v. 424 €.

Landkreis legte Berufung ein

Der beklagte Landkreis gab sich mit diesem Urteil jedoch nicht zufrieden und legte beim Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Berufung ein, bewilligte dem Kläger aber mit Bescheid vom 09.04.2019 höhere Leistungen. Dies machte die Berufung des Landkreises jedoch unzulässig. Es hätte vor dem Ende des Beschwerdeverfahrens keinen endgültigen Leistungsbescheid erlassen dürfen.

LSG gibt Ausblick auf zukünftige Entscheidung

Das Gericht musste aufgrund dessen in dieser Angelegenheit nicht mehr darüber entscheiden, ob die Beschwerde inhaltlich Erfolg gehabt hätte. Dennoch hat das LSG hierzu Stellung genommen und mitgeteilt, wie es in solchen Fällen entscheiden wird.

Das LSG schließt sich in der Sache dem Urteil des SG Stade (und inzwischen auch des SG Bremen) an. Die unterbliebene Erhöhung der Leistungen kann durch eine gerichtliche Überprüfung und Anordnung auf den Stand der gesetzlichen Anpassungen erhöht werden. Dadurch, dass das Gesetz die Anpassung der Leistungen vorsieht, diese jedoch lediglich durch das zuständige Bundesarbeitsministerium unterblieben ist, können die Sozialgericht diese Anpassung selbst vornehmen, wenn es schon nicht die zuständigen Sozialämter tun. Die notwendige Veröffentlichung der Leistungshöhen durch das Ministerium habe lediglich für die ausführenden Behörden einen informativen Charakter.

Die Behörden könnten – und müssen! – selbst aus den parallelen Anpassungen bzw. der Veränderungsrate nach § 28a SGB XII i. V. m. der Verordnung nach § 40 Satz 1 Nr. 1 SGB XII die Anpassungen durchführen.

Ausblick und Empfehlung

Es ist davon auszugehen, dass im Grunde jeder Leistungsbescheid, in dem nach § 3 oder § 1a AsylbLG Leistungen gewährt werden, nicht richtig ist. Jeder Betroffene kann selbst ein Überprüfungsantrag für den Zeitraum ab 1.1.2018 stellen, um eine Nachzahlung zu erhalten.

Das kann man schriftlich oder mündlich direkt bei der Behörde erledigen. Wichtig ist nur, dass man einen Nachweis über diese Antragstellung hat, z. B. ein Faxbericht oder eine Begleitperson für den Behördengang, die die Antragstellung bezeugen kann.

Die Behörde muss innerhalb von sechs Monaten über den Antrag entscheiden.

Sollte die Behörde den Überprüfungsantrag ablehnen, kann man hiergegen innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen.

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Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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