Legalisierung von Cannabis durch CanG - die große Freiheit oder Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Juristen?

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Nun also doch: Meilenstein der deutschen Rechtsgeschichte. Der Bundesrat hat am 22. März 2024 das vom Bundestag beschlossene Gesetz zur teilweisen Legalisierung von Cannabis abgesegnet. Damit werden Besitz und Anbau der Droge zum 1. April 2024 für Volljährige in bestimmtem Rahmen legal.

Was zunächst in einer aufgeklärten freiheitlichen Gesellschaft begrüßenswert erscheint, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als voraussichtliches juristisches Debakel , da es dem Gesetz an Vollzugsklarheit fehlt mit der Folge gerade NICHT der -beabsichtigten- ENT-Lastung, sondern einer weiteren massiven BE-Lastung der Justiz-, Polizei- und Gesundheitsbehörden.

Insbesondere die Regularien zu den -sozialistisch-planwirtschaftlich anmutenden- sog. "Anbauvereinen" erscheinen verkopft, undurchsichtig und praktisch kaum umsetzbar (s.unten).

Die zentrale Öffnungsregelung ist zunächst § 3 Cannasbisgesetz (CanG). Danach ist

(1) Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, der Besitz von bis zu 25
Gramm Cannabis zum Eigenkonsum erlaubt,
(2) Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, über den erlaubten Besitz
von Cannabis nach Absatz 1 hinaus im Geltungsbereich dieses Gesetzes an ihrem Wohn-
sitz oder an ihrem gewöhnlichen Aufenthalt der Besitz von bis zu drei lebenden Cannabis-
pflanzen erlaubt,
(3) Unbeschadet von Absatz 2 Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben,
ein über Absatz 1 hinausgehender Besitz von Cannabis nur erlaubt innerhalb des befriede-
ten Besitztums einer Anbauvereinigung mit einer Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 oder zum
Zweck des Transports nach § 22 Absatz 3.

Problematisch -und prozessträchtig- erscheinen indes die Regelungen zur Grundkonzeption, Ausgestaltung und Verfahrensweisen hinsichtlich der sog. "Anbauvereinigungen".

Die -kooperativ-genossenschaftlich geprägten- "Anbauvereinigungen" werden einer behördlichen Erlaubnispflicht unterstellt, die vor allem gewerberechtlichen Charakter hat.  

Das gestelzt anmutende schwer durchschaubare Vorschriftengestrüpp zur Erteilung der Erlaubnis (§ 11 CanG), Versagung der Erlaubnis (§12 CanG) und zum Inhalt der Erlaubnis (§13 CanG) erinnert in zahlreichen Passagen an die unpraktikablen und vielfach lebensfremden Regelungen des -ebenso angeblich einer Suchtbekämpfung bzw. Suchtkanalisierung dienenden- Glücksspielstaatsvertrags 2021 mit seinen Regelungen zur Glückspielrechtliche Erlaubnis für Spielhallen, wo bspw. das grundsätzliche Verbund-Spielhallenverbot für sog. Altfälle durch gemeinsame Erlaubnis-Anträge (für Übergangsjahre) ausgenommen wird. Insbesondere die Abstandregelungen zu Kinder- und Jugendeinrichtungen erscheinen dort recht ähnlich.

Neben den "baulichen" Vorschriften wird vor allem die Prüfung der Zuverlässigkeit gemäß § 12 Absatz 1 Nr. 1 CanG von Vorstandsmitgliedern/sonstigen vertretungsberechtigten Personen der Anbauvereinigungen (bei Unzuverlässigkeit zwingende Rechtsfolge: Erlaubnis "ist zu versagen") die zuständigen Behörden voraussichtlich in Dauerbeschäftigung, besser: -Überlastung führen.

Wann aber sind Vertretungspersonen "unzuverlässig"? Das regelt § 12 Abs. 2 CanG, wonach die Zuverlässigkeit "insbesondere" unter den dort zahlreichen Bedingungen nicht gegeben ist. 

Hinzu kommen die Unzuverlässigkeitsgründe nach allgemeinem Gewerberecht, die zumindest teilweise einschlägig sein dürften (zB Steuerschulden, Nichtabführung von Sozialabgaben etc).

Dadurch, dass gemäß § 14 CanG die Erlaubnis auf sieben Jahre zu befristen ist und nur auf Antrag verlängert werden kann, wiederholt bzw. addiert sich der Prüfungsaufwand regelmäßig.

Hinzu kommt, dass die Erlaubnis gemäß §15 CanG nach dessen Sonderregelungen in Absatz 1 bw. gemäß Absatz nach allgemeinen Regelungen (§§ 48, 49 Verwaltungsverfahrensgesetz) widerrufen oder zurückgenommen werden kann mit zusätzlichem Prüfungsaufwand.

Von den in § 27 CanG umfangreich geregelten Maßnahmen der behördlichen Überwachung war dabei hier noch nicht einmal die Rede, ebenso nicht von den weitgehend ungelösten Fragen "rund um den Führerschein", insbesondere der Fahreignung im Recht der Fahrerlaubnis (FeV).

Bereits dieser kurze "Helikopterflug" über das CanG offenbart, dass es sich um ein weiteres "Bürokratiemonster" handelt. Den Juristen bei Gerichten, Behörden und in der Anwaltschaft jedenfalls wird der "Gabentisch" an Neuer Arbeit auf unabsehbare Zeit reich gedeckt sein. 

Olaf Möhring, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Mönchengladbach (NRW)


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