Nichtstörer – was bedeutet das?
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Die Polizei und das Ordnungsamt sind für die öffentliche Sicherheit zuständig. Doch nicht immer reichen die verfügbaren Mittel und Einsatzkräfte aus. Treten gewisse Gefahrensituationen auf, ist es daher nötig, unbeteiligte Bürger um Hilfe zu bitten. In diesem Ratgeber werden folgende Fragen erörtert: Was ist ein Nichtstörer? Wann darf dieser in Anspruch genommen werden? Und welche Entschädigungsansprüche entstehen?
Ein Nichtstörer: Was ist das?
Ein Nichtstörer ist ein Begriff aus der rechtwissenschaftlichen Dogmatik und bezeichnet eine „nicht verantwortliche Person“. Dabei handelt es sich um jemanden, der mit einer bestimmten Situation, beispielsweise einer Naturkatastrophe, einem Unfall oder einer Versammlung, nichts zu tun hat und im Gegensatz zu einem Verhaltensstörer oder Zustandsstörer insbesondere nicht selbst die Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung schafft oder darstellt.
Der Nichtstörer kann jedoch von der Polizei oder einem Ordnungsamt dazu verpflichtet werden, bei der Beendigung einer Gefahrensituation mit eigenen Mitteln, wie etwa seinem Eigentum und sogar seiner Arbeitskraft, mitzuwirken. Beispielsweise kann das Wasser aus einem privaten See genommen werden, um einen Brand zu löschen. Im Ausnahmefall kann auch ein Vermieter verpflichtet werden, einem Mieter seine Wohnung noch etwas länger zur Verfügung zu stellen, wenn es an einer geeigneten Unterkunft mangelt und dem Mieter sonst durch die ihm drohende Obdachlosigkeit Gefahr für Leib und Leben droht.
Gesetzliche Normierung im Polizei- und Ordnungsrecht
Wann ein Nichtstörer in Anspruch genommen werden kann, ist in den einzelnen polizeigesetzlichen Vorschriften und für die Bundespolizei in § 20 Bundespolizeigesetz (BPolG) geregelt. Da Polizeirecht Länderrecht ist, kann es je nach Bundesland geringfügige Abweichungen je Landespolizei geben, wobei hauptsächlich nur Unterschiede im Wortlaut existieren. Gelegentlich gibt es noch erweiternde Regelungen in Verwaltungsvorschriften.
Baden-Württemberg | § 9 PolG |
Bayern | § 10 PAG und § 9 Abs. 3 LStVG |
Berlin | § 16 ASOG Bln |
Brandenburg | § 7 BbgPolG und § 18 OBG |
Bremen | § 7 BremPol |
Hamburg | § 10 SOG |
Hessen | § 9 HSOG |
Mecklenburg-Vorpommern | § 71 SOG M-V |
Niedersachsen | § 8 NPOG |
Nordrhein-Westfalen | § 6 PolG NRW und § 19 Abs. 1 OBG |
Rheinland-Pfalz | § 7 POG |
Saarland | § 6 SPolG |
Sachsen | § 7 SächsPolG |
Sachsen-Anhalt | § 10 SOG |
Schleswig-Holstein | § 220 LVwG |
Thüringen | § 10 PAG, § 13 OBG |
Generell gilt, dass alle Voraussetzungen kumulativ, das bedeutet, gleichzeitig erfüllt sein müssen, damit eine nicht verantwortliche Person in Anspruch genommen werden darf. Folgende Aspekte gelten hierbei:
- Es handelt sich um eine aktuelle und erhebliche Gefahr, die abgewehrt, beendet oder verhindert werden muss. Erheblich ist eine Gefahr, die ungehindert zu einem Schaden für bedeutsame Rechtsgüter führt. Bedeutsam sind beispielsweise die Gesundheit, das Leben, die Freiheit eines oder mehrerer Menschen sowie wesentliche Vermögenswerte oder der Bestand des Staates. Gegenwärtig bedeutet, dass die Gefahrenlage bereits begonnen hat, kurz davor ist oder aktuell stattfindet.
- Maßnahmen, die eingesetzt werden sollen, um gegen Verhaltens- oder Zustandsstörer vorzugehen, versprechen entweder keinen Erfolg oder können nicht rechtzeitig umgesetzt werden. Ein Verhaltensstörer ist hierbei eine Person, die durch ihr Verhalten unmittelbar die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigt. Ein Zustandsstörer hat dagegen die tatsächliche Verfügungsgewalt über eine Sache, von der die Gefahr ausgeht. Wurde jemand versehentlich als Verhaltens- oder Zustandsstörer eingeordnet, gilt er als Scheinstörer und insofern als Nichtstörer.
- Für die Beseitigung der Gefahr reichen die eigenen Mittel der Polizei nicht aus oder sie stehen nicht rechtzeitig zur Verfügung.
- Der Nichtstörer darf weder selbst erheblicher Gefahr ausgesetzt werden, noch dürfen dessen höherwertige Pflichten verletzt werden. Um höherwertige Pflichten handelt es sich beispielsweise, wenn gerade eine verletzte Person versorgt werden muss, um deren Leben zu retten.
Neben der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen muss auch immer die Verhältnismäßigkeit geprüft werden. Das heißt, Polizei oder Ordnungsamt wägen in eigenem Ermessen die Interessen der Nichtverantwortlichkeit des Nichtstörers und die Notwendigkeit der Gefahrenabwehr ab. Des Weiteren gilt bei Versammlungen möglicherweise eine Sonderregelung, sofern im Versammlungsgesetz beispielsweise abweichende oder gesonderte Bestimmungen enthalten sind.
Wie lange ein Nichtstörer in Anspruch genommen werden darf, ist abhängig von der Situation. In der Regel gilt, die Maßnahmen dürfen nur so lange andauern, wie die Gefahrenabwehr nötig ist und keine anderen Möglichkeiten zur Beendigung verfügbar sind.
Anspruch auf Entschädigung
Wird ein Bürger als Nichtstörer von der Polizei in Anspruch genommen, stehen diesem Entschädigungsansprüche nach dem Polizeirecht zu. Näheres hierzu gibt u. a. § 87 Polizeiaufgabengesetz (PAG) vor. Handelte die Polizei rechtswidrig, kann zudem ein Amtshaftungsanspruch bestehen.
Wer die rechtswidrigen Folgen der Inanspruchnahme beseitigen und den ursprünglichen Zustand herstellen lassen will, kann auch einen Folgenbeseitigungsanspruch (FBA) geltend machen. Das gilt unabhängig davon, ob das zugrunde liegende Handeln rechtmäßig oder rechtswidrig war.
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(KGR)
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Rechtstipps zu "Nichtstörer"
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14.01.2021 Rechtsanwalt Dr. Walter Späth„… angeordnet hat. So könnte nach Ansicht von Dr. Späth & Partner zumindestens eine analoge Anwendung von § 65 IfSG in Betracht kommen aufgrund der Grundsätze zum sog. "Nichtstörer". Gleichzeitig könnten …“ Weiterlesen
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12.11.2020 Jochen Jüngst LL.M.„… zu erlassen. Allerdings fehle, so das VG Hamburg, in den §§ 28 bis 31 IfSG eine hinreichend konkrete Regelung, die es erlauben würde, unternehmerische Tätigkeiten von Nichtstörern zu verbieten …“ Weiterlesen
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06.11.2020 Rechtsanwältin Ellen Rohring„… Nichtstörer in Anspruch genommen werden, um die Überlastung von Intensivbetten zu verhindern , wobei kausal nicht festgestellt ist, dass die se Maßnahmen kausal dazu beitragen, dass mehr Intensivbetten frei …“ Weiterlesen
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02.08.2020 Rechtsanwalt Christian Steffgen„… eine Corona-Rechtsverordnung in einem obiter dictum festgehalten, dass für Nichtstörer ein Ausgleichsanspruch nach allgemeinen polizei- und ordnungsrechtlichen Grundsätzen in Betracht käme (OVG Lüneburg …“ Weiterlesen
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24.07.2020 Rechtsanwalt Jens Stiehler„… , wenn eine gesamte Bevölkerung durch eine solche Maßnahme über lange Zeit in Anspruch genommen wird, obwohl die weit überwiegende Anzahl der Bevölkerung als sogenannte Nichtstörer nicht für die Gefahr …“ Weiterlesen
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29.06.2020 Rechtsanwalt Dr. Alexander Böck„… der seuchenrechtlichen Vorgängervorschrift des (heutigen) § 65 IfSG hingewiesen, wonach zwischen entschädigungslos hinzunehmenden Maßnahmen gegen Störer und zu entschädigenden Maßnahmen gegen Nichtstörer …“ Weiterlesen
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28.05.2020 Rechtsanwalt Dr. Walter Späth„… . "Nichtstörer" zu denken, also Personen und Unternehmen, von denen keine Gefahr ausgeht. Dies ist bei zahlreichen betroffenen Betrieben, die schließen mussten, wie Restaurants, Cafes, Fitnessstudios …“ Weiterlesen
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26.05.2020 Rechtsanwalt Christian Steffgen„… oder gar durch vollkommen symptomlose Überträger stattfinden. Folglich ermächtige § 28 Abs.1 IfSG auch zu Maßnahmen gegenüber sog. Nichtstörern. Zwar würden die davon Betroffenen nach dem Beschluss …“ Weiterlesen
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05.05.2020 Rechtsanwalt Aleksandar Mitrovski„… von Kontaktmöglichkeiten ohne einer vorherige positiven Feststellung einer Ansteckung. B. Entschädigung nach dem Polizeirecht als sog. Nichtstörer Die einzelnen Polizeigesetze der Bundesländer …“ Weiterlesen
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19.08.2020 Rechtsanwalt Jan Reimer„… könnte die Vorschrift entsprechend anwendbar sein, wenn diese als sog. Zustandsstörer einzustufen sind, von denen eine Gefahr ausgeht, oder wenn § 56 IfSG auf Nichtstörer und auch auf juristische …“ Weiterlesen
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05.05.2020 Rechtsanwalt Siegfried Reulein„… sein. Das Infektionsschutzgesetz unterscheidet zwischen Entschädigungen für Störer und Nichtstörer. Unternehmen, die nun aufgrund behördlicher Anordnung präventiv schließen mussten, um zu gewährleisten …“ Weiterlesen
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28.04.2020 Rechtsanwalt Olaf Möhring„… in anderen Bundesländern). Die betroffenen Geschäftsinhaber sind (seuchenrechtliche) „Nichtstörer“ im Sinne des Polizei- und Ordnungsrechts, hier im Sinne des IFSG. Insoweit reicht als Tatbestand …“ Weiterlesen
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28.04.2020 Rechtsanwältin Daniela Wagner-Schneider LL.M.„… in seinem Beschluss vom 9. April 2020 im Eilverfahren 1 S 925/20 präventive Maßnahmen nach § 28 Abs. 1 IfSG auch gegenüber sog. Nichtstörern für zulässig und bestätigt damit …“ Weiterlesen
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27.04.2020 Rechtsanwalt Dr. Christoph Sieprath„… von Spielhallen Maßnahmen der Infektionsprophylaxe gemäß § 16 I IfSG darstellten. Weitere Voraussetzung ist, dass die Maßnahme gegen einen sog. „ Nichtstörer “ angeordnet wurde. Auch diese Voraussetzung …“ Weiterlesen
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09.04.2020 Rechtsanwalt Olaf Möhring„… aus IFSG ergeben. Nicht in Betracht kommt -für „Nichtstörer“ (Unternehmer, die nicht „Ausscheider“, „Ansteckungsverdächtige“, „Krankheitsverdächtige“ oder „sonstige Träger von Krankheitserregern …“ Weiterlesen
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08.04.2020 Rechtsanwalt Christian Reckling„… . Denn diese sehen für Nichtstörer, d. h. den Unternehmern, Entschädigungsansprüche vor, wenn die Maßnahme rechtmäßig war, sprich die angeordnete Betriebsschließung. Die Entschädigungsansprüche aus Sicht …“ Weiterlesen
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31.03.2020 Rechtsanwalt Tobias Hahn„… eine Entschädigung für staatliche Maßnahmen vor. Zunächst beinhalten die meisten Polizeigesetze der Länder Entschädigungsansprüche für sogenannte Nichtstörer. Ein Nichtstörer ist eine Person, die zwar …“ Weiterlesen
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Eigentumswohnung kurz vermieten? Darf die WEG nicht einfach verbieten! Doch darüber hinaus gilt mehr15.04.2019 Christian Günther, anwalt.de-Redaktion„… in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Eine daraufhin im Mai 2017 geänderte Baunutzungsverordnung lockerte die Einschränkungen. Ferienwohnungen sind danach als nichtstörende …“ Weiterlesen
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