Nun ist es amtlich: Mietminderung o. Vertragsanpassung bei coronabedingter Geschäftsschließung

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Im Ergebnis der Telefonkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 13.12.2020 haben diese unter Ziff. 15 vereinbart, dass "für Gewerbemiet- und Pachtverhältnisse, die von staatlichen Covid-19 Maßnahmen betroffen sind, gesetzlich vermutet wird, dass erhebliche (Nutzungs-) Beschränkungen infolge der Covid-19-Pandemie eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) darstellen" können, um damit Verhandlungen zwischen Gewerbemietern bzw. Pächtern und Eigentümern zu vereinfachen (siehe: https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/telefonkonferenz-der-bundeskanzlerin-mit-den-regierungschefinnen-und-regierungschefs-der-laender-am-13-dezember-2020-1827392)

Damit hat die Politik nun das bestätigt, was zum einen seit der Frühzeit der Anwendung des Bürgerlichen Gesetzbuches anerkannt ist, nämlich dass aufgrund Verbots der Öffnung von Verkaufsstellen für den Einzelhandel oder des Gastgewerbes ein Mangel im Sinne von 536 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegen kann, weil die Tauglichkeit der Mieträume für den vertragsgemäßen Gebrauch aufgehoben oder gemindert ist (vgl. bspw. Biber, Grundeigentum 2020, 657-658), und zum anderen ohnehin anerkannt war, nämlich das öffentlich-rechtliche Beschränkungen als rechtliche Verhältnisse einen Mangel darstellen können, wenn sie sich auf Beschaffenheit, Benutzbarkeit oder Lage der Sache beziehen, wobei es auf den vereinbarten Geschäftszweck ankommt und die Beschränkung grundsätzlich bestehen muss (siehe Palandt, BGB, 2020, § 536 Rn. 18).

Bereits vor dieser „offiziellen Bestätigung durch die Politik" hat das Landgericht München I in zwei Endurteilen vom 22.09.2020 (Az.: 3 O 4495/20) und vom 05.10.2020 (Az.: 34 O 6013/20) behördliche Beschränkungen infolge der Corona-Pandemie als Mietmangel nach § 536 BGB bzw. als Anwendungsfall einer Vertragsanpassung gemäß § 313 BGB angenommen, wobei das Landgericht München I im Urteil vom 22.09.202 dabei "quasi rechtshistorisch" auf vier Entscheidungen des Reichsgerichts hingewiesen hat, die die Schließung oder Einschränkung von Verkaufsstellen des Einzelhandels oder des Gastgewerbes als Mietmangel "stabil bestätigt" hätten.

im Ergebnis der politischen Entscheidung vom 13.12.2020 können Gewerberaummieter aufgrund von behördlichen Einschränkungen und Schließungen nun wesentlich rechtssicherer entweder eine Mietminderung nach § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB durchführen oder zumindest Verhandlungen mit dem Vermieter führen und eine Vertragsanpassung (Mietreduzierung) nach § 313 Abs. 1 BGB fordern, wobei es hier selbstverständlich auf den Einzelfall ankommt, nämlich inwieweit die öffentlich-rechtliche Beschränkung den vereinbarten Geschäftszweck beschränkt, wobei ohne weitere Anhaltspunkte wohl von einer Mietreduzierung bzw. einem Mietmangel von 50 % auszugehen ist, da es, so das LG München I in der Entscheidung vom 05.10.2020 "gerechtfertigt ist, dass Vermieter und Mieter gleichermaßen in solidarischer Weise dieses Risiko tragen sollen", wobei es im Übrigen nicht darauf ankommt, ob einem mietenden Unternehmen (oder auch dem vermietenden Unternehmen?) infolge der Schließung (oder Mietanpassung und Reduzierung?) die Insolvenz droht oder nicht (so auch LG Mönchengladbach, Urteil vom 02.11.2020, Az.: 12 O 154/20).

Ob eine Mietminderung oder Vertragsanpassung nicht nur für den aktuellen bundesweiten Lockdown ab dem 16.12.2020, sondern auch für die Einschränkungen und Schließungen ab März 2020 rückwirkend geltend gemacht werden kann, dürfte dabei ebenfalls eine Frage des Einzelfalls sein, nämlich davon abhängen, ob seinerzeit bereits entsprechende Forderungen gestellt oder Gespräche geführt worden sind.

Leipzig, den 16.12.2020

Michael Stamm

Rechtsanwalt




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