Rechtmäßigkeit von Maskenpflicht und Verweilverbot

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Mit Beschluss vom 26.02.2021 hat das Verwaltungsgericht (VerwG) Düsseldorf, Az.: 7 L 376/21 (Pressemeldung vom 26.02.2021)die von der Stadt Düsseldorf am 24.02.2021 erlassene Allgemeinverfügung (Az.: 07-30 Corona 04) zum Verweilverbot in bestimmten Bereichen (siehe Anlage zur Allgemeinverfügung 07-30 Corona 04) des Stadtgebiets (insbesondere Altstadt und Rheinuferpromenade) in summarischer Prüfung für rechtmäßig erklärt. Der Beschluss ist noch nicht veröffentlicht, doch der o.g. Pressemeldung ist zu entnehmen, dass das Gericht im Wege einer Abwägung der widerstreitenden Interessen entschieden hat, dass die Belange des Antragsstellers zurücktreten müssen. Die Bedeutung der zu schützenden Rechtgüter der Gesundheit der Bevölkerung während der noch andauernden Pandemie überwiege gegenüber den privaten Interessen des Antragstellers, dessen Rechte vergleichsweise geringfügig eingeschränkt würden. Gegen die Entscheidung kann Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster erhoben werden.

Meines Erachtens bestehen gut Chancen, dass das OVG die Entscheidung kippt. Denn das VerwG Düsseldorf hat es offenbar unterlassen, vor Abwägung der widerstreitenden Interessen die Geeignetheit der Maßnahmen zu prüfen. Es ist unter Wissenschaftlern inzwischen anerkannt (sofern das überhaupt einmal streitig war), dass eine Ansteckung im Freien als ausgeschlossen angesehen werden kann (z.B. Prof. Alexander Kekulé (Münchener Abendblatt vom 26.11.2020)  oder Aerosol-Experte Dr. Gerhard Scheuch (Badische Zeitung vom 27.02.2021). Wenn aber im Freien keine Weitergabe des Virus möglich ist, können Maskenpflicht und Verweilverbot auch keinen Gesundheitsschutz entfalten. Auf eine Abwägung von Widerstreitenden Interessen kommt es dann nicht mehr an.

Politisch ist es mehr als unglücklich, dass die Kommunen in blinden Aktionismus verfallen und so auch im Hinblick auf die sinnvollen Maßnahmen an Kompetenz einbüßen. Bei den infolge des Lockdowns mehr und mehr gefrusteten Bürgern stellt sich dann nicht nur Unmut, sondern auch ein gewisser Trotz ein, der dazu führt, dass die als unsinnig empfundenen Maßnahmen erst recht nicht beachtet werden. Die Staatsmacht wiederum legt eine erstaunliche Motivation bei der Sanktionierung auch nur kleinster Verstöße  an den Tag, die man sich bei der Bekämpfung von schweren Straftaten mehr als wünschen würde.

Wer also am Wochenende ein Bußgeld kassiert hat, hat gute Aussichten, dass ein Einspruch gegen den ins Haus flatternden Bußgeldbescheid zur Aufhebung desselben führt, zumal das VerwG Düsseldorf bislang auch nur in einer summarischen Prüfung, d.h. ohne Beweisaufnahme über die Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung entschieden hat. In einem Ordnungswidrigkeitenverfahren wird das angerufene Gericht aber umfassend prüfen müssen, ob ein Verweilverbot überhaupt Einfluss auf das Infektionsgeschehen haben kann.

Offen ist zudem die Frage, ob die Ermächtigungsgrundlage für derartige Verfügungen überhaupt Bestand hat. Hier hatte das Amtsgericht Weimar mit einem vielbeachteten Urteil (AG Weimar, Urteil v. 11.01.2021 - OWi - 523 Js 202518/20) die Auffassung vertreten, dass Bußgelder per se rechtswidrig sind, weil die erlassenen Allgemeinverfügungen auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhen.

Zwar ist dieses Urteil noch zur alten Rechtslage ergangen, doch Zweifel bestehen auch im Hinblick auf die aktuellen Ermächtigungsgrundlagen. So wurde im Dezember 2020 bereits eine 190-seitige Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht erhoben, in der auch die im November 2020 modifizierten Ermächtigungsgrundlagen im Infektionsschutzgesetz umfassend angegriffen werden. 

Schließlich zeichnet sich jetzt auch im Hinblick auf die vom Robert-Koch-Institut (RKI) anhand der gemeldeten positiven PCR-Tests ermittelte sog. Inzidenz eine Entwicklung ab, die auch auf die Rechtmäßigkeit der gesetzlichen Regelung durchschlagen dürfte. Die WHO bestätigt in ihrer Information Notice for IVD Users 2020/05 vom 20.01.2021 nämlich die schon lange vermutete Fehleranfälligkeit des PCR-Tests. Um sicher festzustellen, dass einem positiven PCR-Test auch eine Infektion zu Grunde liegt, empfiehlt die WHO aktuell eine weitergehende umfassende Diagnostik, die derzeit noch gar nicht vorgenommen wird.  Wenn aber die vom RKI gezählten positiven PCR-Tests nicht das tatsächliche Infektionsgeschehen widerspiegeln, ist auch die daraus ermittelte Inzidenzzahl von vornherein als falsch anzusehen und kann folglich auch nicht mehr für die Begründung von Grundrechtseinschränkungen herhalten. Die entsprechenden Ermächtigungsgrundlagen im Infektionsschutzgesetz haben damit von vornherein eine falsche Anknüpfung, was zur Folge hat, dass alle auf dieser Grundlage erlassenen Corona-Verordnungen rechtswidrig sind und damit auch nicht Grundlage eines Bußgeldbescheids sein können.

Nachtrag, 23.03.2021

Inzwischen hat das VerwG Aachen mit Beschluss vom 11.03.2021 - 7 L 147/21 einem Eilantrag gegen die Anordnung einer generelle Maskenpflicht und eines Verweilverbots in der Innenstadt von Düren stattgegeben; ebenso mit Beschluss vom 22.03.2021 - 7 L 180/21. Die von der Stadt Düren angeordneten Regelungen seien voraussichtlich rechtswidrig, weil nicht konkret dargelegt worden sei, dass in der Dürener Innenstadt gemessen an der verfügbaren Fläche mit dem Zusammentreffen einer so großen Anzahl von Menschen zu rechnen ist, dass Mindestabstände nicht eingehalten werden können. Mit Blick auf das Verweilverbot sei noch nicht einmal dargelegt, dass dieses überhaupt geeignet sei, zu einer Reduzierung des Infektionsrisikos beizutragen. 

Auch die Landeshaupt Düsseldorf hat inzwischen reagiert und das Verweilverbot zum 14.03.2021 auslaufen lassen. Einer juristischen Niederlage ist sie hierdurch zwar zuvor gekommen, der Glaubwürdigkeitsschaden bleibt indessen angerichtet.  

Falls Sie weitere Informationen benötigen oder gegen ein verhängtes Bußgeld vorgehen möchten, berate ich Sie gerne.


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