Reden ist Silber, Schweigen ist Gold - die Schweigerechte im Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitsverfahren

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Einer der obersten Grundsätze im Strafrecht ist, dass niemand verpflichtet ist, sich selbst zu belasten. Leider erlebe ich es als Strafverteidigerin regelmäßig, dass sich Beschuldigte im Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren aus Unwissenheit und/oder aus dem Gefühl heraus, sich verteidigen zu müssen, buchstäblich um Kopf und Kragen reden. Nachfolgend möchte ich daher etwas zur Aufklärung beitragen und die Grundprinzipien der Schweigerechte im Strafverfahren kurz darstellen. Diese gelten selbstverständlich auch im Bereich des Ordnungswidrigkeitenrechts.

Entscheidend ist zunächst Ihre Rolle im Strafverfahren. Hier sind 2 verschiedene Varianten denkbar: Beschuldigter oder Zeuge. Beschuldigter ist dabei derjenige, gegen den ermittelt wird und demgegenüber dies auch bekannt gegeben wird (so fordert es das Gesetz). Zeuge ist dagegen jeder, wer nicht Beschuldigter ist.

Des Weiteren ist zwischen den Angaben zur Person und Angaben zur Sache zu unterscheiden. Die Angaben zur Person müssen sowohl Beschuldigte, als auch Zeugen machen. Dabei handelt es sich konkret um: Name, Geburtsdatum und -ort, Staatsangehörigkeit, Familienstand, Wohnanschrift und Beruf.

Bei der Angabe zum Beruf ist eine allgemeine Bezeichnung ausreichend. Eine darüber hinausgehende Benennung einer konkreten Funktion im Unternehmen ist bereits eine Angabe zur Sache, da hier – je nach dem in Rede stehenden Delikt – möglicherweise bereits Rückschlüsse auf die jeweilige Verantwortung und damit die Schuldfrage möglich sein können.

Der Beschuldigte muss in keiner Phase des Verfahrens Angaben zur Sache machen. Darüber ist er durch die Ermittlungsbehörden und das Gericht zu belehren. Ein Schweigen darf nicht zu seinem Nachteil gewertet werden.

Anders verhält es sich allerdings beim Zeugen. Dieser muss bei Vernehmungen durch den Staatsanwalt oder Richter Angaben zur Sache machen, sofern ihm nicht unter bestimmten Umständen ein Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht, z.B. weil er mit der beschuldigten Person verwandt oder verschwägert ist oder er sich bei einer Aussage selbst belasten würde, zur Seite steht. Zudem hat er die Pflicht, auf entsprechende Ladung vor dem Richter oder Staatsanwalt erscheinen.

Folglich besteht weder für den Beschuldigten noch für den Zeugen die Pflicht, auf Vorladung bei der Polizei zu erscheinen bzw. gegenüber der Polizei Angaben zur Sache zu machen. Auch dürfen weder dem Beschuldigten, noch dem Zeugen Nachteile daraus entstehen, wenn sie einer polizeilichen Ladung nicht Folge leisten bzw. sich auf ihr Schweigerecht berufen.

Sollte der Zeuge durch die Staatsanwaltschaft oder den Richter zu einer Vernehmung vorgeladen werden, so steht es ihm frei, sich zuvor anwaltlich beraten zu lassen und gegebenenfalls einen Anwalt zu seinem Zeugenbeistand zu bestellen.

Es ist allzu menschlich, sich gegen einen (falschen) Vorwurf verteidigen zu wollen. Aber versuchen Sie dennoch, einen kühlen Kopf zu bewahren und sich nicht buchstäblich um Kopf und Kragen zu reden. Lassen Sie sich nicht drängen oder unter Druck setzen. Es ist Ihr gutes Recht, zunächst einen Anwalt zu Rate zu ziehen, der Einsicht in die Ermittlungsakten nimmt und mit Ihnen anhand des Akteninhaltes das weitere Vorgehen bespricht. Eine wirksame Verteidigung setzt unbedingte Aktenkenntnis voraus. Die Angaben zur Sache können nötigenfalls, wenn es die konkrete Verteidigungsstrategie erforderlich macht, jederzeit nachgeholt werden. Sie werden es sich selbst danken.


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