Reiseveranstalter Thomas Cook in der Insolvenz – Teil 2

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Nachdem die Reiseveranstalter Thomas Cook, Thomas Cook Signature, Thomas Cook Signature Finest Selection, Neckermann Reisen, Bucher Reise, Öger Tours und Air Marien Insolvenzantrag eingereicht haben, steht fest, dass sämtliche Reisen bis zum 31.10.2019 nicht durchgeführt werden. Eine konkrete Stellungnahme für die Reisen nach diesem Termin steht aus. Hintergrund nach Medienberichten ist, dass Thomas Cook im Rahmen des Insolvenzeröffnungsverfahrens gegenüber der Bundesregierung einen staatlichen Überbrückungskredit über 375 Millionen Euro beantragt hat. Mit Hilfe des Kredits könnte der Geschäftsbetrieb des Reiseveranstalters wieder aufgenommen werden und die gebuchten Reisen nach dem 01.11.2019 durchgeführt werden. Der Fluglinie Condor wurde ein entsprechender Kredit über 380 Millionen Euro bewilligt, um den Flugbetrieb aufrecht zu erhalten und um die „gestrandeten“ Fluggäste nach Hause befördern zu können. Ob die Bundesregierung bei dem Reiseveranstalter eine entsprechende Handlungsnotwendigkeit sieht, ist sehr fraglich.

Für die geprellten Reisenden, die Ihre Reise bis zum 31.10.2019 nicht mehr antreten können, ergeben sich jedoch weitere Ungewissheiten. Laut Medienberichten sollen die zu erwartenden Schäden die gesetzlich vorgesehene Haftungssumme von 110 Millionen Euro um das Drei- bis Vierfache übersteigen. Die gesetzliche Regelung (§ 651r BGB) und der Sicherungsschein sehen für diesen Fall vor, dass die Haftungssumme unter den Geschädigten gleichmäßig verteilt wird. Das bedeutet für die Geschädigten, sie erhalten lediglich den Betrag aus der Haftungssumme von 110 Millionen Euro, der Ihnen im Verhältnis zur Gesamtschadenssumme quotal zusteht. Deckt die Haftungssumme beispielsweise nur ein Drittel der Gesamtschäden, erhält der Reisende nur ein Drittel seines Reisepreises bzw. der ihm entstandenen Schäden zurück.

Was passiert mit den weitergehenden Erstattungs- und Schadensersatzansprüchen? Wie auch die Verbraucherschutzzentralen berichten, kommen bei dieser besonderen Sachlage Haftungsansprüche gegen Staat im Wege der Amtshaftungsklage in Betracht. Hintergrund ist, dass die gesetzliche Regelung des § 651r BGB augenscheinlich nicht den Anforderungen der EU-Richtlinien entspricht. Die Richtlinie (EU) 2015/2302 des Europäischen Parlaments sieht hierzu vor:

„Die Mitgliedstaaten sollten gewährleisten, dass Reisende, die eine Pauschalreise erwerben, vor der Insolvenz des Reiseveranstalters in vollem Umfang geschützt sind.“

Mit Blick auf die zu erwartende Unterdeckung von bis zu 300 Millionen Euro kann nicht davon ausgegangen werden, dass der deutsche Gesetzgeber die EU-Richtlinie hinreichend umgesetzt hat. Es ist den Reisenden deshalb zu empfehlen, nicht nur die Ansprüche gegenüber dem Insolvenzversicherer des Reiseveranstalters geltend zu machen, sondern auch weitergehende Schadensersatzansprüche gegenüber dem Staat einer fachkundigen juristischen Prüfung zu unterziehen. 

Zum Verfasser

Ralph-Leonhard Fugger ist Rechtsanwalt in Osnabrück und auf die Rechtsgebiete des Insolvenzrechts und Verkehrsrechts spezialisiert. Für weitere Informationen besuchen Sie unsere Internetseite: 

www.insolvenz-thomascook.de


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