Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: fristlose Kündigung?!

  • 3 Minuten Lesezeit

Arbeitnehmer, die schon seit vielen Jahren beanstandungsfrei in einem Unternehmen arbeiten, fühlen sich relativ sicher und machen sich wenig Sorgen um ihren Arbeitsplatz. Aber ist diese Sorglosigkeit auch berechtigt, wenn der Vorwurf lautet, eine Kollegin sexuell belästigt zu haben? Dazu hat das Landesarbeitsgericht Köln sich geäußert (LAG Köln, Urteil v. 19.06.2020, Az.: 4 Sa 644/19).

Kollegin in den Schritt gefasst: Job weg

Im Fall, über den das LAG Köln zu entscheiden hatte, war der Arbeitnehmer seit 16 Jahren bei seinem Arbeitgeber beschäftigt. Während dieser Zeit ist er nicht negativ aufgefallen. Nun hatte er aber im November 2018 erst einer Kollegin und anschließend sich selbst zwischen die Beine gegriffen und sich dahingehend geäußert, dass sich in seinem Schritt „etwas tue“. Das jedenfalls berichtete die Kollegin drei Monate später dem gemeinsamen Arbeitgeber. Dieser hörte den Arbeitnehmer zu dem Vorfall an.

Obwohl der Arbeitnehmer den ihm gemachten Vorwurf bestritt, kündigte der Arbeitgeber ihm fristlos. Gegen diese Kündigung wehrte sich der Arbeitnehmer erfolglos mit einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Siegburg. Daraufhin legte er Berufung ein und wollte vom LAG Köln festgestellt wissen, dass diese fristlose Kündigung unwirksam war und das Arbeitsverhältnis fortbesteht.

Landesarbeitsgericht Köln: fristlose Kündigung rechtmäßig

Aber auch vor dem LAG blieb der Arbeitnehmer mit seiner Kündigungsschutzklage erfolglos. Die Kündigung sei rechtmäßig gewesen, so das Gericht.

Die von der Kollegin des Klägers geschilderte sexuelle Belästigung stelle einen „wichtigen Grund“ für eine fristlose Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) dar. Liegt ein solcher wichtiger Grund vor, ist weiter zu prüfen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zumutbar ist oder nicht. Auch hier war Urteil des Gerichts eindeutig:

Angesichts der Schwere der Pflichtverletzung des Arbeitnehmers habe der Arbeitgeber vor der Kündigung keine Abmahnung aussprechen müssen. Der Arbeitnehmer habe nicht davon ausgehen können, dass der Arbeitgeber ein solches Verhalten toleriert. Das würde insbesondere auch vor dem Hintergrund gelten, dass ein solches Verhalten strafbar ist - ein entsprechender Strafbefehl über 60 Tagessätze war zwischenzeitlich erlassen worden. Außerdem sei es nach § 12 Abs. 3 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) Pflicht des Arbeitgebers, seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vor sexuellen Belästigungen zu schützen. Unter Berücksichtigung dieser Punkte, war es dem Arbeitgeber also nicht zuzumuten, die – in diesem Fall – sechsmonatige Kündigungsfrist einzuhalten. Die fristlose Kündigung war demnach rechtmäßig. Die Tatsache, dass die Kollegin sich erst drei Monate nach dem Vorfall beim Arbeitgeber gemeldet hatte, änderte daran nichts.

Was folgt aus diesem Urteil für die Praxis?

Sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz sind keine Kleinigkeiten, die arbeitsrechtlich folgenlos bleiben. Gerade dieser Fall zeigt, dass selbst eine sehr lange Betriebszugehörigkeit ohne Beanstandungen Arbeitnehmer nicht davor schützt, wegen eines einmaligen sexuellen Übergriffs fristlos gekündigt zu werden. Das hat das LAG Köln in dieser Entscheidung eindeutig bestätigt. Arbeitnehmer sollten sich daher immer vor Augen führen, dass auch ein zu lockerer anzüglicher Spruch oder eine – vermeintlich – harmlose sexuelle Berührung schwerwiegende arbeitsrechtliche Folgen haben kann.

Ihr Arbeitgeber wirft Ihnen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz vor? Er droht Ihnen mit Kündigung oder hat bereits gekündigt? Sprechen Sie mich an! Ich prüfe die Rechtmäßigkeit eine Kündigung wegen sexueller Belästigung und vertrete Sie nötigenfalls im Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht. Telefonisch erreichen Sie mich in Augsburg unter 0821 508 526 60, schreiben Sie eine E-Mail an kanzlei@schleifer-arbeitsrecht.de oder nutzen Sie das anwalt.de-Kontaktformular! 


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Fachanwalt für Arbeitsrecht Markus Schleifer

Beiträge zum Thema