Strafverfahren. Anklage. Gericht. Freiheitsstrafe... Bewährung?!

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Handelt es sich um schwerere und/oder gehäufte Straftaten, die dem Strafverfahren zu Grunde liegen, besteht immer auch das Risiko, dass eine Freiheitsstrafe verhängt wird.


Ein Paragraph, den ich hierzu vor Gericht immer wieder ins Gedächtnis rufe, ist § 47 Strafgesetzbuch (StGB).


Häufiger kann man drohende kurze Freiheitsstrafen noch mit dem Hinweis verhindern, dass eine Freiheitsstrafe unter 6 Monaten nur bei besonderen Umständen verhängt werden darf, die diese "unerlässlich" machen.


Dann geht die Geldstrafe vor.


Funktioniert das nicht, so kann die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe von bis zu 2 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden. Das bedeutet, man muss sich 2 – 5 (meistens 3) Jahre "bewähren", die Strafe wird danach erlassen und man muss nicht ins Gefängnis.


Hier gibt es vier wichtige Schwellen, die sich aus § 56 StGB ergeben:


1.

Freiheitsstrafe unter 6 Monaten:

Die Vollstreckung wird nur dann nicht zur Bewährung ausgesetzt, wenn davon auszugehen ist, dass die Verurteilung als "Warnschuss" nicht ausreicht, um weitere Straftaten zu verhindern.


2.

Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 1 Jahr:

Es "gibt Bewährung", wenn zu erwarten ist, dass die Verurteilung als Warnung für den Verurteilten ausreicht und die Verteidigung der Rechtsordnung die Vollstreckung nicht gebietet. Die Verteidigung der Rechtsordnung bedeutet, vereinfacht gesprochen, insbesondere eine Berücksichtigung der Frage, ob der Rechtsfriede nachhaltig gestört/gefährdet würde.


3.

Freiheitsstrafe über 1 Jahr bis maximal 2 Jahre:

Es müssen besondere Umstände hinzukommen, damit es Bewährung gibt. Der Gesetzgeber hat die Grundsatzentscheidung getroffen, dass eine Freiheitsstrafe über 1 Jahr so schwer wiegt, dass es nur in Ausnahmefällen Bewährung geben soll.

Hier wiegen die sog. Legal- und Sozialprognose besonders schwer. Wer keine tragfähigen sozialen Bindungen hat, mehrfach vorbestraft ist, keinen geregelten Tagesablauf und Auskommen hat (Schule, Job etc.) etc., für den stehen die Chancen zunächst schlecht (wenn auch nicht aussichtslos! Denn genau diese Umstände prüft ein Strafverteidiger idealerweise ab und versucht, positiv steuernd auf das Vorliegen von besonderen Umständen im Zeitpunkt der Entscheidung einzuwirken).


4.

Freiheitsstrafe von über 2 Jahren:

Diese ist nicht mehr bewährungsfähig. Wer also zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 1 Monat oder länger verurteilt wird, dem kann das Gericht wegen der Gesetzeslage keine Bewährungschance geben. Hier muss man dann versuchen, in 2. Instanz zunächst die Strafhöhe auf maximal 2 Jahre abzusenken, um eine Chance auf Bewährung zu haben.


Es ist daher, insbesondere bei einer Anklage, immer empfehlenswert, einen Strafverteidiger zu konsultieren, wenigstens zur Erstberatung.


Immer wieder führt man Erstgespräche, bei denen die Mandantschaft zunächst dachte "ich verteidige mich alleine" und es erfolgte dann - für die Mandantschaft überraschend - eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung.


Man muss dann mit großem Aufwand vor dem Landgericht in 2. Instanz, im Rahmen einer Berufung, versuchen, noch eine Bewährungschance zu erhalten.


Wenn es irgendwie möglich ist, sollte man diese ungünstige und belastende Situation verhindern und bereits in 1. Instanz einen kontrollierten Ablauf des Strafverfahrens anstreben - zusammen mit einem Strafverteidiger, dem man vertraut.












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