Syrien - Embargo 2011

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2011 beantragte eine Mandantin die Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung für diverse Komponenten für ein Bauprojekt im Gesamtwert von mehreren Millionen Euro nach Syrien. Sie erarbeitete über viele Monate einen Durchführungsplan und hatte sehr viel Geld in das Projekt investiert. Als Empfänger des Bauprojektes wurde das Bauministerium in Damaskus genannt. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle lehnte nach mehrmonatiger Prüfung eine Ausfuhrgenehmigung ab. Gemäß Art. 4 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang II der Verordnung des Rates (EU) Nr.442/2011 sei die Lieferung verboten. Inzwischen war die Verordnung (EU) Nr. 442/2011 des Rates vom 9.5.2011 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien in Kraft getreten. Zum Zeitpunkt der Antragstellung existierte die Verordnung noch nicht.

Die genannte Verordnung enthält Verbote und Genehmigungspflichten. U. a. ist es verboten, bestimmten natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen, welche für das gewaltsame Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung in Syrien verantwortlich sind oder mit diesen in Verbindung stehen, unmittelbar wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen oder mittelbar zugutekommen zu lassen. Diese natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen sind im Anhang II aufgeführt, während im Anhang I eine Liste der zu internen Repression verwendbaren Ausrüstungsgegenständen genannt wird. Zum Beispiel bestimmte Fahrzeuge, die mit Wasserwerfern ausgerüstet sind oder Fahrzeuge, die besonders dafür konstruiert sind, Gefangene zu transportieren.

Sinn und Zweck dieser Maßnahme ist es, die fortwährende Menschenrechtsverletzung wirtschaftlich zu sanktionieren. Man spricht auch im angelsächsischen Rechtsraum von „targeted sanctions". Im Anhang II, der fortwährend aktualisiert wird, sind Personen oder Organisationen aufgeführt, die für die Niederschlagung des Aufstandes mutmaßlich verantwortlich sind.

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle schoss jedoch mit dem Ablehnungsbescheid weit über das Ziel des Embargos hinaus. Es begründete seine Ablehnung damit, dass neben dem Bauministerium ein auf der Liste im Anhang II nicht aufgeführtes Unternehmen existiere und Endverwender des Auftrages sei. Dieses Unternehmen stehe in Verbindung mit einer Organisation, die gelistet sei. Damit komme, so das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, die gelistete Organisation mittelbar in den Genuss der wirtschaftlichen Ressourcen.

Gegen den Ablehnungsbescheid sollte der Antragsteller binnen eines Monats nach Zugang des Bescheids Widerspruch einlegen. Notfalls zur Fristwahrung ohne Begründung. Die Begründung sollte von einem Rechtsanwalt geschrieben werden, der die Akte anfordert und überprüfen kann, ob das Verfahren rechtsstaatlich durchgeführt wird. Denn meist wird mit heißer Nadel gestrickt. Übrigens ist die Zurverfügungstellung von Verfahrensakten in diesem sensiblen Bereich besonders aufwändig. Aus Geheimschutzgründen muss ein sogenannter Geheimschutzbeauftragter beteiligt werden. Er muss entscheiden, was als Aktenmaterial überhaupt herausgegeben werden kann. Genau da beginnt das Problem: Wie soll der Antragsteller, die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes überprüfen, wenn bestimmte Informationen aus Geheimschutzgründen zurückgehalten werden.

Es erstellt sich außerdem die Frage, ob die Ermächtigungsgrundlage aufgrund dessen das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle seinen Ablehnungsbescheid erlassen hat, nicht gegen EU-Recht verstößt.

Derzeit ist ein Klageverfahren vor dem EU-Gericht anhängig. Aktenzeichen: T-359/11. Die Klage wurde am 7.7.2011 eingereicht. Kläger ist Eyad Makhlouf gegen den Rat der EU. Er beantragt u. a., die genannte Verordnung für nichtig zu erklären, soweit es ihn als Kläger betrifft.

Rechtsanwalt Dr. Ebrahim-Nesbat


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