Verwirkung von Lohnansprüchen – Ehegattenarbeitsverhältnis

  • 3 Minuten Lesezeit

Nicht selten sind Eheleute auch arbeitsrechtlich miteinander verbunden. Dabei ist es häufig so, dass die arbeitsrechtlichen Rollen zufällig verteilt sind. Mal fungiert der Ehemann als Arbeitgeber und die Ehefrau ist im Betrieb entweder geringfügig oder als leitende Kraft beschäftigt, mal ist es umgekehrt. Solange die Ehe funktioniert, spielt die arbeitsrechtliche Bezeichnung der Ehegatten meist keine Rolle, da „Hand in Hand“ und „in einen Topf“ gewirtschaftet wird.

Dies ändert sich oft und meistens schlagartig mit der Trennung der Ehegatten. Der eine Ehepartner geriert sich plötzlich wieder als Arbeitgeber, spricht Mahnungen und gegebenenfalls auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus aufgrund von Verhaltensweisen, die vor der Trennung noch geduldet wurden, der Arbeitnehmerehegatte beansprucht auf einmal nicht ausgezahlte Nettolöhne aus nicht verjährter Zeit, wobei vorher die Nichtzahlung aufgrund des gemeinsamen Wirtschaftens nie beanstandet wurde. In solchen Fällen kollidiert das Familienrecht mit dem Arbeitsrecht. Die reine arbeitsrechtliche Lösung der Fälle führt oft nicht zu befriedigenden Ergebnissen.

So hatte das Arbeitsgericht Krefeld einen Fall zu entscheiden, in dem der Arbeitnehmer-Ehemann aus nicht verjährter Zeit erstmals nach der Trennung Nettolohnansprüche geltend machte in Höhe von rund 48.000,00 € gegenüber seiner Arbeitgeberin-Ehefrau.

Der arbeitsrechtliche Anspruch war grundsätzlich unstreitig, da in der Tat in dieser Höhe Nettolöhne nicht gezahlt worden waren. Die Nichtzahlung war dem Ehemann aber bekannt und wurde auch stets geduldet. Die Rollenverteilung zwischen den Ehegatten war unstreitig die, dass sich die Ehefrau um sämtliche finanziellen Dinge kümmerte, die Lohnzahlungen aus unterschiedlichen Gründen teilweise nicht vornahm, entweder weil es die Liquidität des Betriebes nicht hergab oder hohe private Ausgaben (auch) für den Arbeitnehmer-Ehemann getätigt wurden. Juristische Hilfe versprach nur der Einwand der Verwirkung als Ausformung der unzulässigen Rechtsausübung. Voraussetzung der Verwirkung ist neben dem Vorliegen des Zeitmomentes bekanntlich auch das Umstandsmoment, welches wiederum vorliegt, wenn bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnommen werden durfte, dass dieser Recht nicht mehr geltend machen werde.

Diese Voraussetzung eröffnete dem Gericht nunmehr die Möglichkeit, die familienrechtliche Betrachtung mit einfließen zu lassen.

Danach verbietet sich grundsätzlich eine Rückabwicklung der Ehe bspw. mit dem Argument, man habe während der Ehe mehr geleistet als der andere Ehegatte, insbesondere mehr verdient und für die Abtragung der Immobilie und die Lebenshaltungskosten gesorgt etc. Ausgleichsansprüche gibt es selbst bei unstreitig sehr „einseitig“ gelebten Ehen deshalb nicht.

Diesen familienrechtlichen „Umstand“ hat das Arbeitsgericht leider nicht als Umstandsmoment im Rahmen der Verwirkungsprüfung ausreichen lassen. Vielmehr wurde eine rein arbeitsrechtliche Betrachtung bevorzugt mit der Folge, dass erhebliche Nettolohnansprüche nachgezahlt werden mussten.

Auch die Möglichkeit der Aufrechnung bestand nicht, weil insoweit wiederum der familienrechtlichen Betrachtung Vorzug gegeben wurde. Abgeschnitten war die Arbeitgeber-Ehegattin somit mit Gesamtschuldnerausgleichsansprüchen für Zahlungen vor der Trennung, die sie beispielsweise allein auf gemeinsame Kreditverbindlichkeiten geleistet hatte etc. Die rechtliche Schieflage ist offensichtlich.

In der Sache kann sicherlich ebenso der Gegenmeinung gefolgt werden, wonach die Ehe, so wie sie – unter Vermengung von familienrechtlichen und arbeitsrechtlichen Komponenten – gelebt wurde, als Umstandsmoment im Sinne des Verwirkungstatbestandes angenommen werden muss und sich demnach auch arbeitsrechtliche Ansprüche aus dem Zeitraum bis zur Trennung verbieten.

Unabhängig davon ist jedoch Eheleuten mit arbeitsrechtlichen „Doppelrollen“, dringend zu raten, Arbeits- und Familienrecht strikt voneinander zu trennen, da allein mit dem Verwirkungseinwand als absolutem Ausnahmetatbestand familienrechtliche Grundsätze im Arbeitsrecht Berücksichtigung finden können.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Michael Küsgens

Beiträge zum Thema