Das Boardinghouse - Wohnen oder Gewerbe?

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Ein Boardinghouse bezeichnet eine Beherbergungsform, in welcher Zimmer oder kleine Wohnungen angemietet werden können. Die Appartements werden meist von Firmen angeboten, die auf ihre Mitarbeiter längerfristig vor Ort angewiesen sind. Sie dienen Berufssparten, denen es nicht möglich ist zu pendeln. Beispielsweise Monteuren, (ausländischen) Fachkräften oder Bauarbeitern. Die Zimmer oder Appartements können für einige Wochen oder Monate angemietet werden. Boardinghäuser dienen regelmäßig der auswärtigen Unterkunft für berufliche Zwecke (König/Roeser/Stock § 4a BauNVO, Rn. 24).

Mischform zwischen Hotel und Wohnung

Das Boardinghouse stellt aufgrund seiner speziellen Merkmale eine Mischform dar. Die Grenzen zwischen Wohn- und Gewerbenutzung sind nicht immer klar abgrenzbar. Die Baunutzungsverordnung (BauNVO) normiert den Begriff des Boardinghouse nicht. In der Praxis kombinieren Boardinghäuser in unterschiedlicher Akzentuierung Elemente des Wohnens und der Beherbergung (vgl. VGH Mannheim Beschl. v. 17.1.2017 – 8 S 1641/16, NVwZ-RR 2017, 520 Rn. 17, OVG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 6.7.2006 – 2 S 2.06). Das konkrete Nutzungskonzept entscheidet über die Zuordnung zum Wohnen oder zur Beherbergung unter Berücksichtigung der baulichen Verhältnisse (allgM VGH München Beschl. v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417, BeckRS 2016, 110061 Rn. 14). Die Gebietsverträglichkeit muss für jeden Einzelfall geprüft werden.

Wohnnutzung 

Immer wieder stellt sich die Frage, ob ein Boardinghouse der Wohn- oder Gewerbenutzung in Form eines Beherbergungsbetriebes dient. Zu dem nach herrschender Meinung geltenden bauplanungsrechtlichen Wohnbegriffs gehören 1. eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, 2. die Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises, sowie 3. die Freiwilligkeit des Aufenthalts. Das Bundesverwaltungsgericht benennt ganz klar in seiner Entscheidung vom 18.10.2017 (4 C 5.16), dass es auf ein selbstbestimmt geführtes privates Leben ankommt, dass auf eine gewisse Kontinuität angelegt ist und keinem anderen in der Baunutzungsverordnung vorgesehenen Nutzungszweck verschrieben ist. Insbesondere keinem Erwerbs-, Übernachtungs- oder temporären Erholungszweck. Es kommt folglich darauf an, ob die Bewohner des Boardinghouse die Möglichkeit haben, ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten und vorhaben, dies auch längerfristig zu tun. Indizien dafür sind, dass die Bewohner einkaufen gehen müssen, sich selbstversorgen, das Zimmer/Appartement selbst reinigen und die Möglichkeit zur freien Dekoration besteht. Die Privatsphäre der Mieter muss mit dem in ihrer „eigenen“ Wohnung vergleichbar sein. Es muss möglich sein, unabhängig von Gemeinschaftsräumen im Boardinghouse leben zu können (Oberverwaltungsgericht Brandenburg vom 06.07.2006 – 2 S 2.06).

Gewerbenutzung

Ob ein Boardinghouse unter den Begriff eines Beherbergungsbetriebes fällt bleibt ebenfalls unklar. Dem Beherbergungsgewerbe sind diejenigen Betriebe zuzuordnen, die einem ständig wechselnden Kundenkreis gegen Entgelt vorübergehend Übernachtungsmöglichkeiten bieten, ohne dass die Gäste ihren häuslichen Wirkungskreis unabhängig gestalten können (BVerwG Urt. v. 29.4.1992 – 4 C 43.89).

Vorstehend können Indizien für die Zuordnung zu einem Beherbergungsbetrieb sein, dass die Bewohner auf Dienstleistungen des Boardinghouse angewiesen sind. Diese könnten in einem Reinigungsservice liegen oder einer regelmäßigen Essensausgabe. Grundsätzlich haben die Bewohner die Möglichkeit, Alltagsaufgaben an Personal abgeben zu können. Das Oberverwaltungsgericht Brandenburg (Urteil vom 06.07.2006 – 2 S 2.06) stellt auf die reine Übernachtungsmöglichkeit ab, da die Gäste auf weitere Dienstleistungen angewiesen sind. Die Möglichkeit einer eigenen Haushaltsführung bleibt aus. Auch die Unterbringung fremder Mitarbeiter in einem Zimmer oder Appartement spricht eher für einen Beherbergungsbetrieb. Kontrollfragen könnten lauten, gibt es Gemeinschaftsräume außerhalb des Appartements. Typischerweise rechnet man neben den Gemeinschaftsräumen und Gästezimmern auch mit Nebenräumen zum Beispiel für Reinigungsmittel, Bettwäsche usw. und für die Lagerung von Lebensmitteln (vgl. VGH Mannheim Beschl. v. 25.2.1991 – 5 S 41/91, BRS 52 Nr. 57).

Zulässigkeit der Baugebiete

Die 1962 erlassene und 1990 neugefasste Baunutzungsverordnung (BauNVO) enthält allgemeine Regelungen über die Festsetzungen von Baugebieten im Bebauungsplan. Diese werden nach den verschiedenen Nutzungsarten normiert. Genannt werden beispielsweise reine, allgemeine und dörfliche Wohngebiete, sowie Misch-, Kern- und Gewerbegebiete. Meist stellt sich die Frage, in welchen Baugebieten ein Boardinghouse zulässig ist. Dies richtet sich in erster Linie nach der Art des Betriebskonzeptes.

Fazit

Im Ergebnis beurteilt sich die Frage, ob ein Boardinghouse der Wohn- oder Gewerbenutzung dient nach den Umständen des Einzelfalls. Wichtig ist die Betriebsbeschreibung, die mit der Bauvoranfrage oder dem Baugenehmigungsantrag einzureichen ist. Der Nutzungszweck sollte klar benannt werden. Vorab gilt zu überprüfen, ob das Grundstück im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegt oder die nähere Umgebung der Eigenart eines Baugebiets entspricht.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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