Die Eltern bevollmächtigen ein Kind: Haben Geschwister als (Mit-)erben einen Anspruch auf Auskunft?

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Oft bestehen innerhalb einer Familie zwischen Eltern und ihren Kindern unterschiedlich stark ausgeprägte Beziehungen. Vor allem bei Bestehen von regelmäßigem Kontakt und einer engen Bindung werden einzelne Kinder von ihren Eltern mit Vollmachten in Form von umfassenden Vorsorgevollmachten, bis hin zu einzelnen Bankvollmachten ausgestattet, damit diese Angelegenheiten im Namen der Eltern rechtsgeschäftlich regeln können.

Geschwister möchten häufig über Bankgeschäfte aufgeklärt werden

Nicht selten kommt es vor, dass die bevollmächtigten Kinder über einen langen Zeitraum Bankgeschäfte für die Eltern tätigen und etliche Geldabhebungen vornehmen.

Wenn die Eltern versterben, besteht in vielen Fällen daher das Bedürfnis der Geschwister als Miterben aufzuklären, was auf Grundlage der Vollmacht geschehen ist. Insbesondere wollen die Geschwister wissen, welche Bankgeschäfte getätigt wurden und wofür Geldabhebungen verwendet worden sind.

Ansprüche können wegen Gesamtrechtsnachfolge bestehen

Grundsätzlich bestehen derartige Ansprüche der Erben auf Erteilung von Auskünften bis hin zur Rechnungslegung gegen den Bevollmächtigten aufgrund des der Vollmacht zugrundeliegenden Auftragsverhältnisses. Diese Ansprüche sind nach Ableben der Eltern im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben übergegangen.

Im Normalfall kann ein nicht bevollmächtigtes Kind folglich von seinen mit einer Vollmacht ausgestatteten Geschwistern nach Eintritt des Erbfalls über § 666 BGB Auskunft verlangen.

Besonderes Vertrauensverhältnis steht Anspruch auf Auskunft entgegen

Allerdings haben die Gerichte in den letzten Jahren vermehrt entschieden, dass die (Mit-)erben einen Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung dann nicht geltend machen können, wenn zwischen dem Bevollmächtigten und dem Erblasser ein besonderes Vertrauensverhältnis bestand. Sofern der Vollmachtgeber seinem Bevollmächtigten ein besonderes Vertrauen entgegenbrachte und teilweise über Jahre keinerlei Auskünfte über dessen Tätigkeit einforderte, sei kein rechtsverbindliches Auftragsverhältnis entstanden. Das bevollmächtigte Kind solle dann grundsätzlich nicht im Nachhinein dem einseitigen Risiko ausgesetzt werden, „Ausgaben genauer angeben und belegen zu müssen“ (so OLG Köln 19.09.2012, LG Bonn 08.12.2014).

Gerichte entscheiden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles

Derartige Ausnahmefälle wurden überdies im Verhältnis von Ehegatten und Lebensgefährten untereinander, aber auch im Verhältnis von Großeltern zu ihren Enkeln angenommen (so OLG Düsseldorf 28.03.2016, OLG Schleswig 18.03.2014, OLG Naumburg 06.07.2007).

Auch wurde vermehrt bei Bestehen von einzelnen Bankvollmachten das Auftragsverhältnis verneint. Bei Vorhandensein umfassender Vorsorge- oder Generalvollmachten gingen die Gerichte lediglich in absoluten Ausnahmefällen von einem Gefälligkeitsverhältnis aus. Zu beachten ist zudem, dass die Gerichte ihre Entscheidungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles treffen.

Soweit also das Verhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem zu Lebzeiten des Vollmachtgebers besonders eng war, ist im Einzelfall daher zu prüfen, ob der Auskunftsanspruch der (Mit-)erben entfällt.

Auf die Gerichte und deren Wertung der Umstände des Einzelfalles zu hoffen, ist nicht die sicherste Variante, das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Besser ist es, sich im Vorhinein individuell und intensiv von einem Fachanwalt für Erbrecht beraten zu lassen. Wir haben die Fachkenntnis und die Erfahrung, wie Sie in Ihrem Fall ein Ergebnis erreichen, das den Familienfrieden wahrt und alle Seiten berücksichtigt. Vereinbaren Sie unter der nebenstehenden Telefonnummer einen Termin mit einem unserer Fachanwälte für Erbrecht.


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