Keine dienstliche Beurteilung von Beamten ohne hinreichende Tatsachenbasis

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In der anwaltlichen Praxis häufen sich Widerspruchsverfahren von Beamten gegen dienstliche Beurteilungen, in denen beanstandet wird, dass der Erstberichterstatter oder Erstbeurteiler nach Auffassung des Beurteilten keine hinreichende Kenntnis von den Leistungen hat, die der Beamte während des Beurteilungszeitraumes erbracht hat.

Wenn diese Rüge durchgreift, leidet die dienstliche Beurteilung an einem materiellen Fehler, der zu ihrer Rechtswidrigkeit führt. Die Beurteilung beruht dann nämlich nicht auf Erkenntnisquellen des Erstbeurteilers, die eine ausreichende Tatsachenbasis für die Leistungsbewertung bilden. Dies hat das OVG Rheinland-Pfalz unter anderem mit Urteil vom 25.02.2005 (10 A 11656/04) entschieden.

Die Regelbeurteilung erfasst sämtliche Leistungen, Eignungs- und Befähigungsnachweise, die der Beurteilte während des gesamten Beurteilungszeitraums erbracht hat. Die Beurteilung gründet sich auf die dauernde Beobachtung der Arbeitsergebnisse und Verhaltensweisen des Beamten während des gesamten Beurteilungszeitraumes. Die Tatsachenbasis wird demnach geprägt von einer Fülle von Einzeleindrücken und -ereignissen, bei der die über längere Zeit bestehende Arbeitssituation die wesentliche Rolle spielen muss. Wünschenswert für ein solches umfassendes Bild ist daher der unmittelbare Kontakt des Beurteilers mit dem Beurteilten. Daneben, gegebenenfalls aber auch stattdessen, kann sich der Beurteiler auf zusätzliche Berichte von dritter Stelle, auf Auskünfte der Vorgesetzten oder auf schriftliche Arbeitsergebnisse des Beurteilten stützen. Aber auch in diesen Fällen muss sich die Beurteilung als eine von dem zuständigen Beurteiler in allen Teilen selbstverantwortete eigene wertende Aussage über den beurteilten Beamten darstellen.

In dem entschiedenen Fall hat das OVG Rheinland-Pfalz die dienstliche Beurteilung aufgehoben, weil der Erstbeurteiler keine hinreichende Erkenntnisgrundlage über die Leistung des Beamten während des Beurteilungszeitraumes hatte. Der Senat hat eine Beweisaufnahme durchgeführt, weil seitens des Dienstherrn geltend gemacht wurde, es habe ein Austausch über die Leistungen des Beamten unter anderem im Rahmen sogenannter Referatsbesprechungen ("Kaffeerunden") stattgefunden. Das Ergebnis dieser Beweisaufnahme bestand darin, dass diese Besprechungen einen eher geselligen Charakter hatten mit mehr privaten als dienstlichen Inhalten. In ihnen wurde etwa über Dienstreisen gesprochen, nicht aber über bestimmte Vorhaben im Detail. Ebenso wenig wurde im Rahmen der Beweisaufnahme geklärt, dass der Erstbeurteiler auch nicht mit einem bestimmten Zeugen über die Leistungen des zu Beurteilenden gesprochen hatte.

Vor allem beanstandet das OVG, dass der Erstbeurteiler erst kurz vor Ende des Beurteilungszeitraumes Referatsleiter wurde und dass in die sich anschließende Zeit bis zum Ende des Beurteilungszeitraumes zusätzlich der Jahresurlaub des Erstbeurteilers und mehrere Fortbildungsmaßnahmen fielen mit der Folge, dass als relevante Beobachtungszeit ein kaum größerer Zeitraum als der von drei Monaten verblieb. Nach den oben dargestellten Ergebnissen der Beweisaufnahme gelangte das OVG Rheinland-Pfalz daher in dem entschiedenen Fall zu dem Ergebnis, dass der Erstbeurteiler über keine hinreichenden Kenntnisgrundlagen verfügte, sodass die dienstliche Beurteilung aus diesem Grund aufgehoben wurde.

Wenn ein solcher Einwand gegen die dienstliche Beurteilung erhoben wird, ist es demnach stets notwendig, konkret zu überprüfen, ob und ggf. bei welcher Gelegenheit sich der Erstbeurteiler bzw. Erstberichterstatter Kenntnisse von den Leistungen des Beamten verschafft hat und wie lange eine unmittelbare Zusammenarbeit stattfand. Dies sollte bereits im Widerspruchsverfahren auf entsprechende Rüge des Widerspruchsführers geklärt werden.

Rechtsanwalt Dr. Thomas Schwarz, Koblenz

Fachanwalt für Verwaltungsrecht

www.eichele-ditgen.de


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