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Die Sicherheitsunterweisung in deutschen Unternehmen

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Die Sicherheitsunterweisung in deutschen Unternehmen

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Eine Sicherheitsunterweisung kann Arbeitsunfälle verhindern

Im Jahr 2020 wurden den gesetzlichen Unfallversicherungen knapp 800.000 Arbeitsunfälle gemeldet. Vor der Pandemie lag die Zahl um fast 100.000 höher. Auf 100.000 Beschäftigte ist im Durschnitt ein tödlicher Unfall zu verzeichnen. Ereignet sich der Unfall nicht in der Arbeit, sondern auf dem Weg dahin, wird von einem Wegeunfall gesprochen. 

Arbeitsunfälle durch Stolpern, Rutschen und Stürzen (SRS) sind am häufigsten. Diese werden auch als SRS-Unfälle bezeichnet. Etwa 1000 Beschäftigte stürzen in Deutschland täglich bei der Arbeit und erleiden infolge des Sturzes eine Verletzung. Danach folgen Unfälle durch falsche Bedienung von Werkzeugen und Maschinen. Falsches Tragen, Heben und Lagern folgt als Unfallursache an dritter Stelle.* 

Der Staat hat daher gesetzliche Regelungen zum Schutz der Beschäftigten geschaffen. Jeder Arbeitgeber ist nach § 12 Abs. 1 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) verpflichtet, seine Beschäftigten über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit während ihrer Arbeitszeit ausreichend und angemessen zu unterweisen. Die Unterweisung soll einzelfallbezogen auf die Arbeits- und Tätigkeitssituation angepasste Informationen, Erläuterungen und Anweisungen beinhalten. Die Unterweisung muss nach § 12 Abs. 1 S. 2 ArbSchG bei  

  • Einstellung,  

  • Veränderungen im Aufgabenbereich und  

  • Einführung neuer Arbeitsmittel oder einer neuen Technologie 

vor Aufnahme der Tätigkeit der Beschäftigten erfolgen. Sie muss an die Gefährdungsentwicklung angepasst sein, und falls erforderlich, regelmäßig wiederholt werden. 

*Quelle: von Kühn, Anna: Ursachen für Arbeitsunfälle. SoloProtect. 05.01.2022. 

Unterweisung im Arbeitsschutz: Was gehört dazu?

Die Unterweisungen im Arbeitsschutz umfassen grundsätzlich die Arbeitssicherheit, den Brandschutz und die Erste Hilfe. Unterweisen dürfen nur Führungskräfte, die bereits über ein disziplinares Weisungsrecht in Fachfragen verfügen. Der Arbeitgeber kann seine Verpflichtung zur Unterweisung aber auf andere Personen schriftlich delegieren (§ 13 Abs. 2 ArbSchG, § 13 der Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung DGUV). Dies können auch externe Dienstleister sein. 

Eine Grundunterweisung ohne eine zeitnahe, aufgabenbezogene Unterweisung ist nach der Rechtsprechung nicht sinnvoll. Beide Formen bauen vielmehr aufeinander auf und stehen damit in einem inneren Zusammenhang (vgl. Bundesarbeitsgericht (BAG), Beschluss vom 11.01. 2011 – 1 ABR 104/09). 

Gibt es eine Pflicht zur Führung von Unterweisungsnachweisen?

Eine allgemeine Pflicht zur Führung von Unterweisungsnachweisen in Form einer Dokumentationspflicht besteht gemäß § 12 ArbSchG zwar nicht. Wenn sich Unfälle oder Fehler bei der Arbeit ereignen, sind Nachweise zur Entlastung des Arbeitgebers für diesen aber stets sehr wichtig und anzuraten. Eine lückenlose Dokumentation der Sicherheitsunterweisung gilt als solcher Nachweis. 

Demgegenüber besteht nach folgenden Vorschriften eine Dokumentationspflicht: nach der DGUV Vorschrift 1 (Prävention) § 4, nach § 14 Gefahrstoffverordnung (GefStoffV), nach § 14 Biostoffverordnung (BioStoffV) und nach § 63 Strahlenschutzverordnung (StrlSchV). 

Wie wird eine Sicherheitsunterweisung durchgeführt?

Inhalte einer Sicherheitsunterweisung

Die Inhalte hängen von den Gefahren des Betriebs ab. Neben Informationen zum allgemeinen Arbeitsschutz ist beispielsweise eine Unterweisung zur Schutzausrüstung, zum Umgang mit Maschinen, zum Verhalten bei Unfällen oder im Brandfall, bei Lärm oder Vibrationen, zum Umgang mit Suchtmitteln am Arbeitsplatz oder zum Jugendschutz oder Mutterschutz Gegenstand der Schulung.

Verwendung einer Vorlage für die Sicherheitsunterweisung 

Vorlagen von Sicherheitsunterweisungen sind online verfügbar. Die verwendete Vorlage sollte zunächst die Vorschrift, in die eingewiesen wurde, z. B. § 14 GefStoffV, enthalten. Arbeitsbereiche, durchführende Personen und die Inhalte der Unterweisung sollten detailliert bezeichnet werden. Jeder Teilnehmer sollte mit seiner Unterschrift bestätigen, dass er den Inhalt verstanden hat. 

Wann muss eine Sicherheitsunterweisung stattfinden? 

Anlass für eine Unterweisung besteht bei Aufnahme einer neuen Tätigkeit oder Zuweisung einer anderen Tätigkeit durch den Arbeitgeber. Wenn sich bei Aufgaben oder Abläufen Änderungen ergeben, ist auch eine Sicherheitsunterweisung vorzunehmen. Ebenfalls besteht Anlass bei neuen Erkenntnissen, beispielsweise nach einer Betriebsbesichtigung, Unfällen oder sonstigen Schäden. 

Muss die Sicherheitsunterweisung wiederholt werden? 

Die Sicherheitsunterweisung ist zu wiederholen. Wie oft die Sicherheitsunterweisung erfolgen muss, ist eine Frage des Einzelfalls und der Anforderungen an den Arbeitsplatz. Die Unterweisung ist nach § 4 DGUV Vorschrift 1 mindestens einmal im Jahr zu wiederholen. 

Kann die Sicherheitsunterweisung online durchgeführt werden? 

Gemäß der DGUV Regel 100-001 sind die Unterweisungen grundsätzlich persönlich durchzuführen; als Hilfsmittel sind elektronische Medien einsetzbar. Ein ausschließliches Online-Selbststudium ist nach Auffassung mancher Berufsgenossenschaften nicht zulässig. Ein Beispiel ist das Anlegen von Schutzbekleidung. Nur in einer Präsenzveranstaltung kann sichergestellt werden, dass die Ausrüstung richtig angelegt wird. 

Bei Unterweisungen mit Hilfe elektronischer Medien ist das Verständnis durch eine Verständnisprüfung sicherzustellen. Zudem muss ein Gespräch zwischen Versicherten und Unterweisenden jederzeit möglich sein. 

Dokumentation der Sicherheitsunterweisung: Das muss rein

Konkrete Anforderungen werden durch § 12 ArbSchG nicht gestellt. Allerdings bestehen Konkretisierungen in themenspezifischen Gesetzen oder Verordnungen. Diese finden sich etwa in § 14 Abs. 2 GefStoffV, § 63 Abs. 6 StrlSchV. Soweit Unterweisungen mit elektronischen Hilfsmitteln durchgeführt werden, ist eine rechtssichere Dokumentationsmöglichkeit als Anforderungskriterium genannt. 

Eine gesetzliche Regelung besteht in DGUV Vorschrift 1 Paragraf 4 Nr. 1. Zu dokumentierender Mindestinhalt der Sicherheitsunterweisung ist der Betriebsteil, das Datum, der Inhalt der Unterweisung, der Name und die Unterschrift der Unterwiesenen, der Name und Unterschrift des Unterweisenden und eine Bestätigung der Unterwiesenen, dass sie die Inhalte verstanden haben. 

Arbeitgeber muss Gefährdungsbeurteilung vornehmen 

Der Arbeitgeber hat gemäß § 5 Abs. 1 ArbSchG durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Immer wenn Betriebsparteien sich nicht über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zu Fragen des Arbeitsschutzes einigen können, kann durch Arbeitsgerichte eine Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Umsetzung der Anforderungen des Arbeitsschutzes“ eingesetzt werden. 

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 11.01.2011 zur Gefährdungsbeurteilung durch die Einigungsstelle Stellung bezogen. Beschließt die Einigungsstelle Regelungen über Art und Inhalt der Unterweisung nach § 12 ArbSchG, hat sie demnach die Erkenntnisse einer Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG zu berücksichtigen und die konkrete arbeitsplatz- oder aufgabenbezogene Unterweisung daran auszurichten (BAG, Beschluss vom 11.1.2011 – 1 ABR 104/09). Je genauer und wirklichkeitsnäher die Gefährdungen im Betrieb ermittelt und beurteilt werden, umso zielsicherer können nach dem Bundesarbeitsgericht konkrete Maßnahmen zur Vermeidung von Gefahren getroffen werden (BAG 8. Juni 2004 – 1 ABR 13/03). 

Foto(s): ©Adobe Stock/witsarut

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