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Arbeitsschutz: So muss Ihr Arbeitgeber Sie schützen

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Experten-Autor dieses Themas

Unfallgefahren können fast überall auf der Arbeit lauern. Dabei ist nicht nur die Rede von Handwerksbetrieben, vom Bergbau oder vom Baugewerbe, wo oft bei Wind und Wetter gearbeitet wird. Natürlich ist in diesen Branchen das Unfallrisiko erheblich höher als beispielsweise bei einer Tätigkeit im Büro. Doch selbst dort passiert es regelmäßig, dass Arbeitnehmer ausrutschen oder über herumliegende Gegenstände oder Kabel stolpern, dass sich jemand an Scheren oder Heftgeräten verletzt oder dass mangelnde oder defekte Beleuchtung an Treppenstufen für Blessuren sorgt.  

Zum Glück sind die Verletzungen in vielen Fällen harmlos. Aber leider können solche Unachtsamkeiten auch ganz anders ausgehen. Um arbeitsbedingte Unfälle einzuschränken und bestenfalls zu vermeiden, hat der Gesetzgeber unter anderem das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) –vollständig: „Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit“ – geschaffen. Eines der obersten Ziele ist es, die Maßnahmen für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz ständig so zu optimieren, dass Unfälle und Gesundheitsrisiken auf der Arbeit ausgeschlossen, zumindest jedoch minimiert werden. 

Arbeitnehmerschutz durch Gefahrenbeurteilung

Zum Arbeitnehmerschutz gehören alle Handlungen und Mittel, die die Beschäftigten bezüglich der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz vor den Risiken und Gefahren an der physischen und psychischen Gesundheit bewahren. Um seine Arbeitnehmer also bestmöglich schützen zu können, muss der Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen einschätzen und beurteilen. Dabei nimmt der Arbeitgeber eine sogenannte Gefahrenbeurteilung oder Gefährdungsbeurteilung vor. § 5 ArbSchG sagt dazu: 

„(1) Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. 

(2) Der Arbeitgeber hat die Beurteilung je nach Art der Tätigkeiten vorzunehmen. Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend.“ 

Eine Gefährdung des Arbeitsplatzes kann von vielen verschiedenen Faktoren abhängen und ausgehen. Einfluss darauf haben können zum Beispiel: 

  • die Qualifikation für und der Umgang mit den Arbeitsgeräten, Arbeitsmitteln und mit Maschinen 

  • die Gestaltung des Arbeitsplatzes – wie beispielsweise ergonomisches Sitzen, ausreichend Platz oder genug Tageslicht, um physische und psychische Belastungen zu vermeiden 

  • das Optimieren und Strukturieren der Arbeitsabläufe, um Gefahren, die durch unangemessenen Zeitdruck entstehen können, zu vermeiden 

Nachdem die Situation beurteilt und etwaige Gefährdungsaspekte festgestellt wurden, müssen gemäß § 6 ArbSchG – abhängig von der Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten – zumindest das Resultat der Überprüfung sowie die für notwendig erachteten Maßnahmen dokumentiert werden. Eine regelmäßige Überprüfung der Maßnahmen muss eingehalten werden. 

Arbeitsschutz durch Unterweisungen

Arbeitgeber sind durch § 12 ArbSchG dazu verpflichtet, ihre Beschäftigten entsprechend ihrer Tätigkeiten und des Arbeitsplatzes „über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit während ihrer Arbeitszeit ausreichend und angemessen zu unterweisen“. Diese Schulungen müssen zwingend vor der Arbeitsaufnahme bei Neueinstellungen, nach Unfällen, bei jeder Veränderung der Tätigkeit oder beim Verwenden anderer Arbeitsmittel erfolgen.  

Es besteht ebenfalls eine Dokumentationspflicht. Anders als bei der Gefahrenbeurteilung ist hier die Unterschrift von Arbeitgeber und Arbeitnehmer vorgeschrieben. 

Persönliche Schutzausrüstungen (PSA) im Arbeitsschutz

In einigen Berufsfeldern wie Handwerk, Industrie oder Medizin kann die Sicherheit der Beschäftigten nur durch eine ganz bestimmte Schutzkleidung gewährleistet werden. Diese soll ohne Eigengefährdung vor Gefahren schützen.  

Die Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen bei der Arbeit (Verordnung 2016/425 des Europäischen Parlaments, kurz PSA-Benutzungsverordnung) stellt zusammen mit dem Arbeitsschutzgesetz die Mindestanforderungen für die Herstellung, die Bereitstellung durch den Arbeitgeber und die Benutzung persönlicher Schutzausrüstung dar. Die Einteilung der Schutzausrüstung oder Schutzkleidung erfolgt je nach Schwere der möglichen Gefährdung in die Schutzstufen der Kategorie 3, 2 oder 1. 

Gemäß der PSA-Benutzungsverordnung hat die Bereitstellung persönlicher Schutzkleidung durch den Arbeitgeber zu erfolgen. Der Arbeitgeber ist auch für die Funktionstüchtigkeit, die Einhaltung der Hygiene sowie für die sachgerechte Wartung und Lagerung der Schutzkleidung zuständig. Ähnlich wie bei der Gefahrenbeurteilung und der Unterweisung ist auch bei der Schutzkleidung zwingend eine Einweisung in verständlicher Form und Sprache notwendig. Diese kann sowohl durch den Arbeitgeber als auch in Form einer gesonderten Schulung erfolgen. 

Der Arbeitnehmer wiederum muss sich hinsichtlich der Arbeitsmittel und Schutzausrüstungen an die Unterweisungen und Weisungen des Arbeitgebers halten und mit größtmöglicher Sorgfalt auf die eigene Sicherheit und die von anderen Beschäftigten achten (§ 15 ArbSchG). Der Arbeitnehmer hat außerdem die Pflicht, seine Schutzkleidung zu tragen.  

Dabei gibt es eine Vielzahl verschiedener Schutzkleidungen. Das können beispielsweise Gehörschutz, Sicherheitsschuhwerk, Atemschutz, Sicherheitshandschuhe, Kopfschutz oder Augenschutz sein. Nicht als persönliche Schutzkleidung im Sinne der PSA-Benutzungsverordnung (§ 1 Absatz 3) gelten: 

1. „Arbeitskleidung und Uniformen, die nicht speziell der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten dienen, 

2. Ausrüstungen für Not- und Rettungsdienste, 

3. persönliche Schutzausrüstungen für die Bundeswehr, den Zivil- und Katastrophenschutz, die Polizeien des Bundes und der Länder sowie sonstige Einrichtungen, die der öffentlichen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung dienen, 

4. persönliche Schutzausrüstungen für den Straßenverkehr, soweit sie verkehrsrechtlichen Vorschriften unterliegen, 

5. Sportausrüstungen, 

6. Selbstverteidigungs- und Abschreckungsmittel, 

7. tragbare Geräte zur Feststellung und Signalisierung von Gefahren und Gefahrstoffen.“

Für diese Ausrüstungen gelten andere Richtlinien. Deshalb werden sie nicht in dieser Verordnung aufgeführt. 

Die bisher aufgeführten Punkte bezüglich der Arbeitsstätte, Arbeitsmittel, Gefährdungsbeurteilung und Schutzausrüstungen stehen im Zusammenhang mit der Sicherheit der Beschäftigten. Deshalb gehören sie zum technischen beziehungsweise organisatorischen Arbeitsschutz. 

Was bedeutet sozialer Arbeitsschutz?

Der soziale Arbeitsschutz hingegen umfasst Bereiche wie: 

  • Arbeitszeit 

  • Kündigung 

  • Urlaub 

  • Lohnfortzahlung im Krankheitsfall 

  • Arbeit an Feiertagen 

  • die Lenkzeiten und Ruhezeiten von Kraftfahrern 

Einen ganz besonderen sozialen Schutz genießen schutzbedürftige Arbeitnehmer. Zu ihnen zählen vor allem: 

  • Frauen während der Schwangerschaft und nach der Geburt 

  • Kinder und Jugendliche 

  • Behinderte und von Behinderung bedrohte Personen 

Die für die besonders schutzbedürftigen Arbeitnehmer entsprechenden Verordnungen und Gesetze finden sich beispielsweise hier wieder: 

Welche Rolle spielt die Berufsgenossenschaft im Arbeitsschutz?

Die Berufsgenossenschaft ist Träger der Unfallversicherung und erfüllt verschiedene Aufgabenbereiche. Dazu zählen auch die in den §§ 14, 15, 17 Siebtes Buch (VII) SGB festgeschriebenen Aufgaben wie beispielsweise: 

  • Erlassen von Vorschriften zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie deren Kontrolle 

  • Teilnahme an der Entwicklung und Umsetzung der Arbeitsschutzstrategie 

  • Beratung der Arbeitgeber zur Prävention im Arbeits- und Gesundheitsschutz 

  • Beratung und Aufklärung der Arbeitnehmer zu Gesundheitsgefahren, Arbeitsunfällen oder auch Berufskrankheiten 

Hitzefrei am Arbeitsplatz?

Gerade in Zeiten des Klimawandels sind die Sommer auch bei uns besonders warm. Und während die einen ihren wohlverdienten Urlaub am Meer genießen, schwitzen die anderen in der Arbeit. Ein immer wiederkehrendes Thema, sobald die 30°-C-Marke geknackt wurde, ist die Frage, welches Recht Arbeitnehmer bei großer Hitze haben. Gibt es an besonders heißen Tagen einen Anspruch auf hitzefrei? Die Antwort lautet: leider nein. Zwar schränkt große Hitze nachweislich die Produktivität und das allgemeine Wohlbefinden ein, doch einen gesetzlichen Anspruch darauf, die Arbeitsstätte verlassen zu dürfen, gibt es nicht. Aber der Arbeitgeber muss Maßnahmen treffen, um die Arbeitsbedingungen erträglicher zu gestalten. 

Gemäß der Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnung, ArbStättV) müssen Arbeitnehmer vor übermäßiger Hitzebelastung geschützt werden. In der ASR (Technische Regel für Arbeitsstätten) wird in Abschnitt 3.5 auch auf die Raumtemperatur eingegangen. Dort gibt es Temperatur-Abstufungen und die dementsprechend zu treffenden Maßnahmen. So heißt es darin beispielsweise: 

„Bei Überschreitung der Lufttemperatur im Raum von + 30° C müssen wirksame Maßnahmen gemäß Gefährdungsbeurteilung ergriffen werden, welche die Beanspruchung der Beschäftigten reduzieren. Dabei gehen technische und organisatorische gegenüber personenbezogenen Maßnahmen vor.“ 

Sonnenschutzvorrichtungen wie Jalousien oder Markisen, Lüftungsmaßnahmen, Ventilatoren oder Arbeitszeitverlagerungen während der Hitze können oft schon für Abhilfe sorgen. Aber auch das Zurverfügungstellen kühler Getränke oder eine Lockerung strenger Kleiderordnungen schaffen hier und da Erleichterung und dankbare Arbeitnehmer

Was unterscheidet Arbeitsschutz von Arbeitssicherheit?

Man liest im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz auch immer wieder von Arbeitssicherheit. Worin liegt der Unterschied?  

Zu diesen Begrifflichkeiten kann im Sinne des ArbSchG gesagt werden, dass Arbeitssicherheit das übergeordnete Ziel im Bereich Arbeitsschutz ist. Der Arbeitsschutz selbst beinhaltet alle Maßnahmen, um dieses übergeordnete Ziel zu erreichen.

Foto(s): ©Adobe Stock/kelvn

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