Vorgehen gegen Verkürzung des Covid-19 Genesenenstatus

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Der Nachweis des Genesenentatus eröffnet nach derzeitiger Rechtslage (Erstellungsdatum des Beitrages: 18.02.2022) - neben dem Nachweis einer Impfung gegen das Corona-Virus - den Zugang zu bestimmten Betrieben, Einrichtungen und Veranstaltungen. Er ist für eine große Personengruppe für die uneingeschränkte Teilnahme am gesellschaftlichen Leben wesentlich.

Für die Gültigkeit des Nachweises des Genesenenstatus war ursprünglich eine Dauer von sechs Monaten nach Feststellung der Corona-Infektion festgelegt. 

Die Bundesregierung änderte die entsprechende Vorschrift durch die "Verordnung zur Änderung der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung und der Corona-Einreiseverordnung" vom 14.01.2022 (in Kraft getreten am 15.01.2022) dahingehend, dass für den Genesenenstatus auf die veröffentlichten Vorgaben des Robert Koch-Instituts (RKI) verwiesen wurde (sog. "dynamischer" Verweis). Am 17.01.2022 änderte das RKI die im Internet veröffentlichten Informationen zum Genesenenstatus in der Weise, dass die Gültigkeitsdauer des Nachweises von sechs Monaten auf höchstens 90 Tage verkürzt wurde. Die Änderung erfolgte unabhängig vom Impfstatus des Genesenen.

Die Verkürzung des Genesenenstatus war Gegenstand umfangreicher Berichterstattung in den Medien.

Bundesweit haben mehrere Verwaltungsgerichte jeweils in gerichtlichen Eilverfahren - zu Recht - die Rechtswidrigkeit der in dieser Weise vorgenommenen Verkürzung des Genesenenstatus festgestellt. Dazu gehören das Verwaltungsgericht Halle, das Verwaltungsgericht Osnabrück, das Verwaltungsgericht Ansbach und jüngst auch das Verwaltungsgericht Berlin. Die Entscheidungen der genannten Gerichte waren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrages noch nicht rechtskräftig.

Begrüßenswerter Weise hat das Verwaltungsgericht Hamburg in einer Eilentscheidung vom 14.02.2022 die Verkürzung der Gültigkeitsdauer des Genesenennachweises auf 90 Tage ebenfalls als voraussichtlich rechtswidrig bewertet. Es handelt sich dabei um eine vorläufige Entscheidung. Eine endgültige Entscheidung wird erst in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren getroffen werden. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Beitrages ist gegen die getroffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg die Einlegung der Beschwerde zum Hamburgischen Oberverwaltungsgericht noch möglich.

Hamburg als Bundesland sieht (anders als z.B. Schleswig-Holstein) das Rechtsinstrument eines Normenkontrollverfahrens, in dessen Rahmen die Aufhebung einer Vorschrift mit landesweiter Wirkung beantragt werden kann, nicht vor. Die vom Verwaltungsgericht Hamburg im Rahmen des gerichtlichen Eilverfahrens getroffene Entscheidung begünstigt daher nur die Antragstellerin in dem individuellen Verfahren. Die Entscheidung entfaltet keine unmittelbaren Rechtswirkungen für sämtliche Bürgerinnen und Bürger der Freien und Hansestadt Hamburg.

Gleichwohl kommt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund ihrer Präzedenzwirkung erhebliche Bedeutung zu. Die überzeugende Entscheidungsbegründung des Gerichts ist auf andere Fälle der Verkürzung des Genesenenstatus grundsätzlich übertragbar.

Die Vorgaben des RKI betreffend die Dauer der Gültigkeit des Genesenenstatus sind auf der Internetseite des RKI am 03.02.2022 geändert worden. Abweichend von den zuvor am 17.01.2022 veröffentlichten Vorgaben des RKI sollen die Vorgaben für den Genesenenstatus und die Festlegung der Gültigkeitsdauer auf 90 Tage nur noch Geltung für Personen beanspruchen, die vor und nach der durchgemachten COVID-19-Infektion nicht geimpft waren bzw. sind.

Das RKI trifft demzufolge keine Vorgaben mehr hinsichtlich der Gültigkeit des Genesenenstatus für geimpfte Personen. Ausweislich der Ausführungen des RKI auf der Internetseite wird für den Genesenenstatus geimpfter Personen auf die EU-weiten Vorgaben verwiesen, die in der EU-Verordnung 2021/953 vorgesehen sind. Diese EU-Verordnung soll einen europaweiten einheitlichen Rahmen schaffen für die Anerkennung von Zertifikaten über die COVID-Impfung und den Genesenenstatus. In der Verordnung wird in Art. 7 das EU-"Genesungszertifikat" geregelt, auf dessen Ausstellung für einen EU-Bürger ein Anspruch besteht. Ab dem 01.02.2022 ist für ein EU-Impfzertifikat eine EU-weit einheitliche Gültigkeitsdauer von 9 Monaten vorgesehen. Für das EU-Genesungszertifikat ist eine Gültigkeitsdauer von 6 Monaten festgelegt. Die EU-Regeln zielen in erster Linie auf die Schaffung eines einheitlichen Regelungsregimes für die Inanspruchnahme des Rechts auf Freizügigkeit in der EU und damit auf das Reisen innerhalb der EU.

Die deutschen Behörden stellen indes weiterhin auch nationale Genesenennachweise aus, nicht nur (auf besonderen Antrag) das COVID-Genesungszertifikat der EU. Für geimpfte Personen, die nach einer COVID-19-Infektion genesen sind, dürfte es derzeit an einer verbindlichen Vorgabe für die Gültigkeitsdauer eines solchen (nationalen) Genesenennachweises fehlen. Denn das RKI trifft dazu für die Personengruppe der geimpften Genesenen auf seiner Internetseite keine Regelung und die Regelungen der EU beziehen sich ausschließlich auf das EU-Genesungszertifikat, welches auf Grundlage der EU-Verordnung 2021/953 ausgestellt werden kann.

Sollten Sie geimpft und genesen sein, empfiehlt es sich, den Antrag auf Ausstellung eines EU-Impfzertifikats zu stellen, wenn Sie beabsichtigen, ins EU-Ausland zu reisen. Dieses EU-Impfzertifikat ist für 9 Monate gültig und muss für diesen Zeitraum von anderen Mitgliedstaaten (z.B. bei EU-Auslandsreisen) anerkannt werden. Zur Vorlage in Deutschland kann und sollte die Ausstellung eines EU-Genesungszertifikats beantragt werden. Dieses ist für 6 Monate gültig - die Verkürzung des Genesenenstatus auf 90 Tage greift also nicht.

Sollten Sie ungeimpft, von der Verkürzung des Genesenenstatus auf 90 Tage betroffen und in Hamburg wohnhaft sein, können Sie unter Berufung auf die Präzedenzentscheidung des Hamburger Verwaltungsgerichts gegen die Verkürzung der Gültigkeitsdauer Ihres Genesenennachweises vorgehen. Ob ein solches Vorgehen erforderlich und sinnvoll erscheint, sollte unter Berücksichtigung der von der Bundesregierung beschlossenen schrittweisen Rücknahme der Infektionsschutzmaßnahmen beurteilt werden.



Foto(s): pixabay

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