FFP2-Maskenpflicht im Zug ab 1. Oktober 2022

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Nach dem geänderten Infektionsschutzgesetz, dem der Bundesrat zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Beitrages noch wird zustimmen müssen, wird ab dem 01.10.2022 im Fernverkehr in Bahnen und Bussen für Personen ab dem Alter von 14 Jahren bundesweit eine Maskenpflicht bestehen. Es handelt sich um eine qualifizierte Maskenpflicht, die das Tragen einer FFP2-Maske obligatorisch macht. Das Tragen einer medizinischen OP-Maske reicht nicht aus, um der qualifizierten Maskenpflicht zu genügen. Für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren reicht eine medizinische OP-Maske aus.

Es sei hier dahingestellt, ob das Corona-Virus in seiner derzeit vorherrschenden Omikron-Variante noch eine hinreichend gewichtige Gesundheitsgefahr darstellt, um mit Blick auf das Gebot der Verhältnismäßigkeit eine solche weitreichende undifferenzierte Schutzmaßnahme zu rechtfertigen. Dies erscheint schon deshalb zweifelhaft, weil der derzeitige Forschungsstand in Bezug auf die Omikron-Variante den Übergang in eine endemische Entwicklung nahelegt, die aufgrund der regelmäßig milden Krankheitsverläufe, die in ihrer Symptomatik anderen grippalen Infekten ähneln, besondere flächendeckende und undifferenzierte Schutzmaßnahmen wie eine Maskenpflicht nicht mehr erfordert. Besonders gefährdete Personengruppen haben die Möglichkeit, sich durch freiwilliges Tragen einer Maske besonders zu schützen.

Der Veränderung der Intensität der von dem Corona-Virus ausgehenden Gesundheitsgefahr im Zeitablauf haben nahezu sämtliche europäischen Länder durch weitgehende Abschaffung von Corona-Maßnahmen – einschließlich der Maskenpflicht – Rechnung getragen. Deutschland ist derzeit in Europa das einzige Land, welches einen Sonderweg beschreitet und im Herbst 2022 an einer Corona-Maskenpflicht im Fernverkehr festhält - nach Aufhebung der Maskenpflicht im Luftverkehr.

Bedenklich ist, dass das Robert-Koch-Institut (RKI) als dem Bundesgesundheitsministerium unterstellte Bundesoberbehörde auf seiner Internetseite vor den Gefahren eines zu langen pausenlosen Tragens von FFP2-Masken ausdrücklich warnt. Die Experten des RKI gehen davon aus, dass aufgrund des von diesen Masken ausgelösten erhöhten Atemwiderstands ein mehrstündiges ununterbrochenes Tragen einer FFP2-Maske Gesundheitsgefahren auslösen kann. Das RKI weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Studien zu den genauen gesundheitlichen Wirkungen eines mehrstündigen ununterbrochenen Tragens von FFP2-Masken derzeit nicht vorliegen.

Das Verwaltungsgericht Hamburg hat in einer Entscheidung die Einschätzung des RKI, dass mit einem mehrstündigen ununterbrochenen Tragen von FFP2-Masken Gesundheitsgefahren einhergehen, bestätigt. In seinem Beschluss vom 30.03.2022 (Az. 21 E 1211/22) hat es ausgeführt (aaO., S. 12):

Die faktische Beschränkung ergibt sich daraus, dass FFP2-Masken – bei vorauszusetzender ordnungsgemäßer Handhabung – zumutbar nicht durchgehend getragen werden können, sondern regelmäßige Pausen und damit ständige Unterbrechungen (…) erforderlich sein dürften. So heißt es in der Stellungnahme des Ausschusses für Arbeitsmedizin (AfAMed) zu Tragezeitbegrenzungen für FFP2-Masken vom 6. Dezember 2021: „Im Sinne eines präventiven Gesundheitsschutzes sollten Tätigkeiten abwechslungsreich (mit Tragezeitpausen) gestaltet werden, um mögliches Schwitzen sowie weitere Beeinträchtigungen unter der Maske zu unterbrechen und auch eine neue ungewohnte Arbeitssituation mit ungewohntem Maskentragen (psychische Belastung) zu berücksichtigen“ (https://www.baua.de/DE/Aufgaben/Geschaeftsfuehrung-von-Ausschuessen/AfAMed/pdf/Stellungnahme-Tragezeit-FFP2-Masken.pdf?__blob=publicationFile&v=4, zuletzt abgerufen am 29.3.2022).

(Hervorhebung nicht im Original.)

Vor dem Hintergrund der Anordnung einer bundesweiten qualifizierten Maskenpflicht in Fernzügen ist davon auszugehen, dass sich Personen bei mehrstündigen Bahnfahrten und einem erzwungenen ununterbrochenen Tragen einer FFP2-Maske während dieser Zeit Gesundheitsgefahren aussetzen werden, deren Schwere aufgrund fehlender medizinischer Studien derzeit nicht sicher einschätzbar ist.

Personen, die darauf angewiesen sind oder zumindest vorhaben, längere, mehrstündige Fahrten mit der Deutschen Bahn zu unternehmen, können die Rechtmäßigkeit der angeordneten qualifizierten Maskenpflicht gerichtlich überprüfen lassen. Da die qualifizierte Maskenpflicht mit Inkrafttreten des geänderten Infektionsschutzgesetzes unmittelbar in einem Bundesgesetz angeordnet sein wird, und ein Eingriff in Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz möglich erscheint, ist die Erhebung einer Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe möglich.

Über die Erfolgsaussichten einer solchen gerichtlichen Überprüfung der Maskenpflicht lassen sich derzeit keine belastbaren Aussagen treffen. Die Rechtsprechung hat nach hiesiger Einschätzung bislang weit überwiegend nicht ausreichend strenge Maßstäbe an die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Corona-Maßnahmen angelegt, insbesondere auf ausreichende Belege von Seiten der Behörden für die Erforderlichkeit grundrechtseinschränkender Maßnahmen und für das tatsächliche Bestehen der Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems verzichtet. In der Folge sind Corona-Maßnahmen in der Vergangenheit in viel zu geringem Ausmaß als unverhältnismäßig und rechtswidrig erachtet worden. Dies gilt auch für die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Ob diese Tendenz in der Rechtsprechung bei der Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen die Maskenpflicht in der Fernbahn würde durchbrochen werden können, ist offen.


Foto(s): Freepik


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