Wann verjährt mein Pflichtteilsanspruch?

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Verjährung bedeutet, dass ab einen bestimmten Zeitpunkt ein Pflichtteilsanspruch nicht mehr gegen die Erben durchgesetzt werden kann. Die Erben können dann die Zahlung eines Pflichtteils verweigern, weil der Pflichtteilsberechtige zu lange gewartet hat.

 

Beispiel: Ein Erblasser verstirbt im Jahr 2017 und hinterlässt seine Ehefrau und einen Sohn. Seine Tochter, die aus einer früheren Beziehung stammt, hat er enterbt. Dies weiß die Tochter seit der Testamentseröffnung im Jahr 2017. Die Tochter hat einen Pflichtteilsanspruch. Wie lange hat sie Zeit, um ihren Pflichtteilsanspruch geltend zu machen?

 

Bis zum 31.12.2020. Denn im Kern gilt:

  • Ein Pflichtteilsanspruch verjährt in drei Jahren

 

  • Diese drei Jahre beginnen mit dem Ende des Jahres, in dem der Erblasser gestorben ist und die Tochter hier von ihrer Enterbung erfahren hat – also begann die dreijährige Verjährungsfrist hier mit Ende des Jahres 2017, so das Verjährung Ende 2020 eintritt.

 

Was ist, wenn ich vom Tod meines Vaters oder meiner Mutter erst später erfahre?

 

Dann fängt die dreijährige Verjährungsfrist auch später an zu laufen. Denn das Gesetz stellt eben nicht nur auf den Todestag ab, sondern ausdrücklich auch auf die Kenntnis des Pflichtteilsberechtigen vom Todesfall und seiner Enterbung.

 

Beispiel: Die Tochter weiß zwar, dass ihr Vater im Jahr 2017 verstorben ist, das Testament des Vaters wird aber erst 2018 eröffnet. Die Tochter hat also erst 2018 von ihrer Enterbung erfahren, so dass ihr Pflichtteilsanspruch erst zum 31.12.2021 verjährt.

 

Und wenn ich erst Jahre später vom Tod bzw. von der Enterbung erfahre?

 

Gilt das gleiche – bis zu einer Maximalfrist von 30 Jahren, die dann aber ab dem konkreten Todestag berechnet wird. Denn nach dem Gesetz verjähren solche Ansprüche jedenfalls in 30 Jahren nach ihrer Entstehung, auch wenn der Pflichtteilsberechtigte innerhalb dieser Zeitspanne nichts vom Erbfall und einer Enterbung mitbekommen haben sollte.

 

Was ist, wenn ich mich lange nicht um meinen Pflichtteilsanspruch gekümmert habe?

 

Dann läuft die Verjährungsfrist trotzdem.

Das Gesetz verlangt auch nicht, dass man über einen Todesfall und eine Enterbung genau Bescheid weiß. Vielmehr ist es für den Start der Verjährungsfrist bereits ausreichend, wenn man hätte Bescheid wissen können, vor den Fakten aber mehr oder minder bewusst die Augen verschlossen hat –  wenn man also, wie im Gesetz ausgedrückt, ohne grobe Fahrlässigkeit die notwenigen Kenntnisse hätte erlangen müssen.

 

Wie kann ich die Verjährung stoppen?

 

Im Ausgangsbeispiel hätte die Tochter im wesentlichen drei Möglichkeiten, die Verjährung zum 31.12.2020 noch zu verhindern:

 

  • Sie müsste, falls noch nicht geschehen, den Erben zunächst schlicht mitteilen, dass sie den Pflichtteil verlangt. Wenn die Erben diesen Pflichtteilsanspruch akzeptieren und damit anerkennen, beginnt durch dieses Anerkenntnis die dreijährige Verjährung erneut. Damit besteht genug Zeit für alle Beteiligten, die Höhe des Pflichtteilsanspruchs zu ermitteln und schlussendlich zu zahlen.

 

  • Akzeptieren die Erben den Anspruch nicht, kann die Tochter die Verjährung regelmäßig nur durch eine Klageerhebung vor Jahresende verhindern. Denn mit einer rechtzeitigen Klageerhebung übergibt sie die Lösung des Problems dem Gericht. Mehr kann sie nicht tun. Ob die Gerichte dann mehr oder weniger Zeit für die Lösung benötigen, darf nicht das Risiko der Klägerin sein, weswegen die Klage die Verjährung hemmt.

 

 

  • Die dritte Möglichkeit ist oft die Lösung in der Praxis: Gerade wenn kurz vor Ablauf der Verjährung Ansprüche erstmals geltend gemacht werden, sind Einzelheiten oftmals noch unklar. Die Pflichtteilsberechtigte scheut sich dann, gleich eine Klage einzureichen, um die Verjährung zu stoppen.

 

Umgekehrt besteht die Unsicherheit auch auf Seiten der Erben: Anerkennen und zahlen oder es doch lieber auf ein möglicherweise langwieriges und teures Gerichtsverfahren ankommen lassen? Hier hilft es, wenn sich beide Seiten zunächst darauf einigen, dass die Erben sich für eine bestimmte Zeit, etwa sechs oder zwölf Monate,  nicht auf die Verjährung berufen. Auch ein solcher zeitlicher befristeter Verzicht der Erben auf die Verjährung stoppt die Verjährung für die vereinbarte Zeit, so dass alle Beteiligten eben diese Zeit gewinnen, um den Pflichtteil noch einverständlich zu regeln.

 

 

 

 


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