Was ist der Unterschied zwischen Erbe und Vermächtnis?

  • 2 Minuten Lesezeit

Beide Begriffe werden umgangssprachlich oftmals verwendet, um eine Erbschaft zu bezeichnen, haben rechtlich aber eine völlig unterschiedliche Bedeutung:

1.

Wer Erbe ist, erhält den Nachlass komplett, wenn der Erblasser verstirbt. Gibt es mehrere Erben, erhalten sie den gesamten Nachlass zu Erbquoten, also z.B. je zur Hälfte. Wichtig ist eben, dass der komplette Nachlass dem Alleinerben oder den mehreren Erben anfällt, also inklusive aller Nachlassgegenstände und auch möglicherweise noch vorhandener Schulden.

Hat der Erblasser kein Testament gemacht, gilt die gesetzliche Erbfolge – Erben gibt es also immer.

Beispiel: Der Erblasser verstirbt ohne Testament und hinterlässt einen Sohn und eine Tochter. Beide sind Erben ihres Vaters mit einer Erbquote von je ½.

2.

Dagegen wird durch ein Vermächtnis regelmäßig nur ein bestimmter Vermögensgegenstand einer Person zugewiesen. Wer mit einem Vermächtnis bedacht ist, erhält den vermachten Gegenstand auch nicht automatisch mit dem Tod des Erblassers - der Vermächtnisnehmer erhält lediglich einen Anspruch gegen den Erben, dass der Erbe ihm den vermachten Gegenstand aus dem Nachlass übergibt.

Vermächtnisse gibt es praktisch immer nur dann, wenn der Erblasser sie ausdrücklich anordnet, sie setzen also ein entsprechendes Testament voraus.

Beispiel: Der Erblasser verstirbt hinterlässt einen Sohn und einen Tochter. In einem Testament hat er sein Auto seinem besten Freund F vermacht.

An der Erbfolge ändert sich im Vergleich zum ersten Beispiel nichts. Nur die beiden Kinder sind Erben. Der F kann aber von den beiden Kindern das Auto des Erblassers verlangen, weil es ihm vermacht ist. Ansonsten hat er mit der Abwicklung des Nachlasses nichts zu tun.

3.

Der Unterschied zwischen Erbe und Vermächtnis ist also gravierend: Den Erbe(n) fällt automatisch der gesamte Nachlass zu, ein Vermächtnisnehmer bekommt nur einen Anspruch auf einen bestimmten Gegenstand, den er von der Erben verlangen kann. Deswegen sind in einem Testament die Begriffe Erbe und Vermächtnisnehmer strikt zu trennen, um Missverständnisse und Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden.  Bleibt in einem Testament offen, ob jemand bestimmte Gegenstände nun als Erbe oder als Vermächtnisnehmer erhalten soll, ist nach dem Gesetz im Zweifel anzunehmen, dass er eben nicht Erbe ist, sondern es sich nur um Vermächtnisse handelt. Bei einer unbedachten Verwendung der Begriffe besteht daher die Gefahr, dass jemand als Erbe eingesetzt werden soll, letztlich aber nur ein Vermächtnis erhält. Deswegen sollte ein Testament in dieser Hinsicht besonders sorgfältig formuliert werden.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Fachanwalt für Erbrecht Christian Räuchle

Beiträge zum Thema